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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Liebschaften, den keineswegs geschwisterlichen Beziehungen zu ihrem Bruder. Das snobistische, verschnörkelte Gehabe dieser östlichen Dame ist ihm zuwider. Aber es wäre Unsinn, sie sich ohne Not zur Feindin zu machen. Sie hat zahlreiche Beziehungen zu Rom, sie gilt als sehr schön, sie ist ungeheuer reich. Selbst ihre wilde Bauwut, sie und ihr Bruder haben den ganzen Osten mit Palästen übersät, hat ihren Reichtum nicht merklich angeknabbert.
      Berenike hat sich zu seinem Empfang ernsthaft und zeremoniös angezogen. Ihr großer, edler Kopf, verbrannt noch von der Sonne, kommt königlich aus dem vielfaltigen Gewand, das kurze, widerspenstige Haar ist ohne Schmuck, brokatne Ärmel fallen über die schönen, langen, noch von der Wüste zerschrundeten Hände. Schon nach wenigen einleitenden Worten steuert sie auf ihr Ziel los: »Ich danke Ihnen, Konsul Vespasian, daß Sie die Stadt Jerusalem so lange verschont haben.« Ihre Stimme ist tief, voll, dunkel, aber immer ist ein kleines, nervöses Zittern darin, auch klingt sie ein wenig gebrochen, belegt von einer leisen, erregenden Heiserkeit. Kühl, aus seinen harten, hellen Augen schaut Vespasian die Frau auf und ab, dann sagt er, schnaufend, reserviert: »Ich habe offen gestanden nicht Ihr Jerusalem, ich habe meine Soldaten geschont. Wenn Ihre Landsleute so weitermachen, dann, hoffe ich, werde ich die Stadt ohne große Opfer nehmen können.« Berenike erwidert höflich: »Bitte, sprechen Sie weiter, Konsul Vespasian. Ihr sabinischer Dialekt ist angenehm zu hören.« Sie selber spricht ein leichtes, völlig akzentfreies Latein. »Ja«, sagt Vespasian gemütlich, »ich bin ein alter Bauer. Das hat seine Vorteile, aber auch seine Nachteile. Für Sie, meine ich.«
      Die Prinzessin Berenike erhob sich; leise federnd, mit ihrem berühmten Schritt, ging sie ganz nahe an den Feldmarschall heran: »Warum sind Sie eigentlich so kratzbürstig? Wahrscheinlich hat man Ihnen tolle Dinge über mich erzählt. Sie sollten sie nicht glauben. Ich bin eine Jüdin, eine Enkelin des Herodes und der Hasmonäer. Das ist eine etwas schwierige Situation, während Ihre Legionen im Lande stehen.« – »Ich kann es begreifen, Prinzessin Berenike«, erwiderte Vespasian, »daß Sie sich in allerlei reizvolle Verwicklungen hineinträumen, solange ein sehr alter Kaiser in Rom ist, der keinen Nachfolger designiert hat. Ich würde es bedauern, wenn ich genötigt sein sollte, Sie als Feindin zu betrachten.« – »Mein Bruder Agrippa ist in Rom, um Kaiser Galba zu huldigen.« – »Mein Sohn Titus ist zum gleichen Zweck nach Rom gefahren.« – »Ich weiß es«, sagte gelassen Berenike. »Ihr Sohn huldigt dem Kaiser Galba, trotzdem Sie aus aufgefangenen Briefen zuverlässig erfahren haben, daß dieser Kaiser Sie durch gedungene Leute erledigen lassen wollte.« – »Wenn ein sehr alter Herr«, erwiderte noch gelassener Vespasian, »auf einem sehr wackeligen Thron sitzt, dann schlägt er ein wenig um sich, um das Gleichgewicht zu halten. Das ist natürlich. Wenn wir beide einmal so alt sind, werden wir es vermutlich genauso machen. Wohinaus wollen Sie eigentlich, Prinzessin Berenike?« – »Wohinaus wollen Sie, Konsul Vespasian?« – »Ihr Leute aus dem Osten wollt immer erst den Preis des andern herauslocken.« Das belebte, veränderliche Gesicht der Prinzessin strahlte plötzlich in einer großen, kühnen Zuversicht. »Ich will«, sagte sie mit ihrer tiefen, erregenden Stimme, »daß dieser uralte, heilige Osten seinen gemessenen Anteil nimmt an der Herrschaft der Welt.« – »Das ist etwas zu allgemein ausgedrückt für meinen sabinischen Bauernschädel. Aber ich fürchte, wir wollen jeder so ziemlich das Gegenteil. Ich will nämlich, daß die großzügige Schlamperei aufhört, die vom Osten her in das Reich eingedrungen ist. Ich sehe, daß die Orientpläne des Kaisers Nero und seine östlich betonte Sinnesart dem Reich mehrere Milliarden Schulden gebracht hat. Damit finde ich die uralte Heiligkeit etwas überbezahlt.« – »Wenn der Kaiser Galba stirbt«, fragte Berenike geradezu, »wird dann die Ostarmee nicht versuchen, auf die Ernennung des neuen Kaisers einzuwirken?« – »Ich bin für Gesetz und Recht«, erklärte Vespasian. »Das sind wir alle«, erwiderte Berenike, »aber die Meinungen, was Gesetz und Recht ist, gehen manchmal auseinander.« – »Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, meine Dame, wenn Sie mir klar sagten, was Sie eigentlich wollen.«
      Berenike sammelte sich; ihr

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