- Der Jünger des Teufels
und lief zu einem dunklen
Wagen, der im Schatten parkte. Erst jetzt erkannte der Jünger, dass es ein Camaro
war, und der Mann war niemand anders als Frank Moran. Der Jünger grinste
siegessicher, als Frank etwas aus dem Wagen holte und zurück zum Volvo lief,
der kurz darauf vom Parkplatz fuhr und rechts in Richtung Potomac abbog.
Der Jünger legte den ersten Gang ein, schaltete die
Scheinwerfer aus und folgte dem Volvo.
145.
Auf der Fahrt zum gerichtsmedizinischen Institut
schüttete ich Frank mein Herz aus. Ich erzählte ihm alles, was ich seit meiner Landung
in Paris erlebt hatte. Vor allem berichtete ich über die Morde in Istanbul und
die Entdeckung, die ich mit Josh auf dem Friedhof gemacht hatte.
Frank hatte Mühe, alles zu verdauen. »Bist du sicher, dass
es das richtige Grab war?«
»Ganz sicher.«
»Mein Gott, das ist unfassbar.«
»Ich wette, Gemal lebt noch.« In den letzten beiden Tagen hatte
ich kaum geschlafen, und jetzt spürte ich, wie erschöpft ich war. Ich hatte das
Gefühl, mein Kopf stecke in einem Schraubstock. Beim Fahren rieb ich mir die
Stirn.
»Du siehst aus, als hättest du eine Schlacht geschlagen«,
sagte Frank, als wir nach Süden zum Eisenhower Freeway fuhren.
»So fühle ich mich auch. Und jetzt rück endlich mit deiner sensationellen
Entdeckung heraus.«
»Zwei Dinge. Erstens habe ich Lucius Clay einen Besuch
abgestattet. Ich glaube, der Kerl verschweigt etwas. Er hat sehr heftig
reagiert, als ich ihn fragte, ob ein Häftling eine Hinrichtung mit
Unterstützung eines Gefängnisbeamten überleben könne. Er hielt mich für einen
Journalisten, der ihn mit Dreck bewerfen will, und hat mich von seinem
Grundstück gejagt, mit der Drohung, seine Hunde auf mich zu hetzen.«
»Das hört sich nicht nach dem Lucius Clay an, den ich
getroffen habe. Was versucht er zu verschleiern?«
Frank schürzte die Lippen. »Das ist die Preisfrage.«
»Und was ist deine zweite Enthüllung?«
»Ich bin zur Bellevue-Klinik gefahren«, sagte Frank. »Ich wollte
versuchen, einen Blick in Gemals Arztberichte zu werfen. Du weißt schon,
mögliche Anmerkungen in den Akten, die uns auf eine Spur führen könnten. Ich
dachte mir, irgendein Verrückter im Bellevue, den Gemal kannte und behandelt hat,
könnte auf die Idee gekommen sein, seine Morde nachzuahmen.«
»Das FBI musste einen offiziellen Vertreter des
Krankenhauses vorladen, nur um Kopien der Akten zu bekommen«, erklärte ich
Frank.
»Ich weiß, aber ich hatte eine bessere Idee und hab mir die
Originale einer ganzen Reihe seiner Patientenakten angesehen, die das FBI
aufgrund des Datenschutzes nicht zu Gesicht bekommen hat.«
»Wie hast du das denn geschafft?«
»Mit Charme und einem kleinen Trick.«
Ich schaute auf die dicke Mappe auf Franks Schoß. »Sind das
die Akten?«
Er nickte. »Ich hatte noch nicht die Zeit, mir alles genau
anzusehen, aber ich habe eine unglaubliche Entdeckung gemacht.«
»Sag schon.«
»Brogan Lacy war eine Patientin von Constantine Gemal.«
Für einen Moment verschlug es mir den Atem. Ich fuhr vom Highway
ab und hielt. »Wann?«
»Vor fast sechs Jahren. Kurz nach ihrer Scheidung erlitt
sie einen psychischen Zusammenbruch und verbrachte mehrere Monate als Patientin
im Bellevue. Einer der behandelnden Psychiater war Gemal. Das muss nichts
bedeuten, ist aber schon interessant, nicht wahr? Hat David dir nichts davon
erzählt?«
»Kein Wort. Vielleicht wollte er ihre Privatsphäre nicht
verletzen.« Franks Entdeckung bestürzte mich. Ich warf einen Blick auf die
Reisetasche auf der Rückbank. »Und was ist in der Tasche?«
»Du hast mich doch gebeten, dir andere Sachen mitzubringen.«
Ich nahm die Tasche vom Rücksitz, zog den Reißverschluss auf
und nahm einen blauen Pullover, eine grüne Lycra-Hose und braune Stiefeletten
heraus. Die Sachen schienen alle mindestens eine Nummer zu groß zu sein. »Wo
hast du denn die Klamotten ausgegraben? Das passt farblich doch
überhaupt nicht zusammen.«
Frank grinste. »Du weißt doch, dass ich farbenblind bin.
Ich hab mir Mühe gegeben. Die Sachen sind von der Ex-Frau meines Freundes.«
Ich fädelte mich wieder in den Verkehr auf dem Highway ein.
Um Viertel vor acht erreichten wir das gerichtsmedizinische Institut. Ich fuhr
auf einen öffentlichen Parkplatz auf der anderen Straßenseite, auf dem nur vier
Fahrzeuge standen. »Soll ich mitkommen?«, fragte Frank.
Ich ließ die Innenbeleuchtung brennen, als ich mich umzog.
»Nein, das mache ich besser allein. Deine
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