- Der Jünger des Teufels
spöttischen Worten versetzte Patrick Franks erschlafftem
Körper einen Stoß. Er rollte die dunkle Treppe hinunter, und ich hörte einen
dumpfen Aufschlag. Offenbar war Frank auf harten Boden geprallt. Übelkeit stieg
in mir auf. Hatte er sich den Schädel gebrochen?
»Du brutales Schwein!«, schrie ich.
Wütend krallte Patrick eine Hand in mein Haar und genoss meine
entsetzliche Angst, als er meinen Kopf ganz nahe an sein Gesicht heranzog. »Der
Spaß hat noch gar nicht angefangen. Ich wette, du fragst dich, was da unten auf
dich wartet. Ich will es dir sagen. Die größte Überraschung deines beschissenen
Lebens.«
159.
Patrick stieß mir eine Faust in den Rücken, und
ich stolperte die Treppe hinunter. Dann drückte er auf einen Schalter, worauf im
Keller Licht aufflammte. Frank lag unten neben der Treppe. Er war noch immer
bewusstlos, und aus einer Wunde an seiner Stirn sickerte Blut. Ich kniete mich
neben ihn und fühlte seinen Puls. Gott sei Dank, er lebte.
»Beweg dich!«, rief Patrick und stieß mir die Waffe in den Rücken.
»Mach dir um dein Bruderherz keine Sorgen. Geh einfach weiter.«
Es roch nach brennendem Weihrauch, doch mir stieg noch ein
anderer, penetranter Geruch in die Nase, den ich nicht einordnen konnte. Mit
zögernden Schritten ging ich weiter. Patrick krallte seine Faust in Franks
Jackenkragen und schleifte ihn hinter sich her. »Sieh nach vorn, Katie. Und
beeil dich, oder dein Bruder hat gleich eine Kugel im Schädel.«
Ich zwang mich, den Blick nach vorn zu richten, und sah einen
gewölbten Gang mit verstaubten Weinregalen zu beiden Seiten, der in einen
anderen Teil des Kellers führte. Ein verrosteter Kücheneimer und die Scherben
einer zerbrochenen Porzellanschüssel lagen auf dem Boden. Mir schoss immer
wieder dieselbe Frage durch den Kopf:
Wo ist Gemal? Das Herz hämmerte in meiner Brust, als die
Erinnerungen in mir aufstiegen. Ich sah sämtliche Mordschauplätze vor Augen, an
denen ich Gemals blutige Schandtaten bezeugt hatte. Vergebens versuchte ich,
die Gedanken an meine bevorstehende Folter zu verdrängen. Nie im Leben hatte
ich größere Angst verspürt. In diesem Keller wartete ein grauenhafter Tod auf
mich.
Als wir das Ende des Ganges erreichten und einen großen Raum
betraten, ließ Patrick Franks Kragen los. Er war noch immer bewusstlos, als
sein Kopf hart auf dem Boden aufschlug.
Ich sah schimmerndes Kerzenlicht über eine Wand huschen, doch
meine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als Frank plötzlich stöhnte und erwachte.
Patrick reagierte blitzschnell und verpasste ihm mit dem Griff seiner Pistole
einen Schlag auf den Schädel.
Frank stöhnte, ohne die Augen zu öffnen. Über seine rechte Wange
rann Blut. Mir drehte sich der Magen um, als sein Kopf zur Seite sackte. Als
ich mich verzweifelt auf ihn stürzte, krallte Patrick erneut eine Hand in mein
Haar und riss mich weiter.
»Vergiss es, die Krankenschwester zu spielen. Ich kümmere
mich gleich um ihn. Weiter. Ich hab eine große Überraschung für dich. Ich kann’s
kaum erwarten, dein Gesicht zu sehen.«
Stolpernd lief ich durch den nächsten Gang. Kurz darauf drückte
Patrick auf einen Schalter an der Wand, worauf ein Generator ansprang. Grelle
Halogenscheinwerfer leuchteten auf und tauchten das gesamte Untergeschoss in
helles Licht. In einer Ecke des Raumes sah ich eine Art Operationstisch aus
Metall. Daneben stand ein kleinerer Holztisch, auf dem verschiedene Operationsgeräte
und Schlachtermesser lagen: eine Bohrma schine, elektrische Sägen, Hämmer, gezackte Klingen und
Hackbeile. Neben den Todeswerkzeugen lag ein brauner Schlachtergürtel aus
Leder.
»Da sind wir«, verkündete Patrick.
Ich zitterte am ganzen Körper. Und dann erst begriff ich,
dass Patrick gar nicht zu mir gesprochen hatte. Ich folgte seinem Blick durch
den Raum zur hinteren Wand, vor der dicke, brennende Wachskerzen in einem
weiten Kreis standen.
Und was ich dort sah, erschütterte mich bis ins Mark.
Das Gesicht vom flackernden Kerzenlicht erleuchtet, die Arme
wie ein Hohepriester ausgestreckt, stand in der Mitte des Kreises Constantine
Gemal.
160.
Sunset Memorial Park, Chesterfield County, Virginia
Die beiden FBI-Agenten saßen bei strömendem
Regen, der auf den Graupelschauer gefolgt war, im Wagen und beobachteten den
Friedhof. Einer der beiden döste, während der andere Kaffee trank. Er sah das
Abblendlicht eines Wagens, der vor dem Friedhof hielt. Jemand stieg aus, eine
Taschenlampe in der Hand, und schritt durch das Tor.
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