- Der Jünger des Teufels
Nacht gehabt. Wie geht es Ihnen jetzt?«
»Abgesehen von der Bisswunde ganz gut.«
»Ich wette, der Gefängnisdirektor hat Schiss, dass Sie ihn
verklagen. Clay hätte Sie niemals mit Gemal allein lassen dürfen.«
»Es war meine Entscheidung, und Clay war nicht davon
begeistert. Aber ich hatte keine andere Wahl. Gemal hatte es zur Bedingung
gemacht.«
»Glauben Sie, er hat die Wahrheit über die beiden Morde in der
U-Bahn-Station Chinatown gesagt?«
»Kann ich nicht sagen. Für mich steht noch immer fest, dass
er David und Megan ermordet hat. Er könnte beide Doppelmorde an demselben Tag
begangen haben.«
»Das stimmt«, sagte Lou. »Okay, ich werde mich mit den Cops
in Verbindung setzen und ihnen mitteilen, dass wir diese Behauptung überprüfen
wollen. Es sollte kein Problem sein, da dieser Fall in den
Zuständigkeitsbereich des FBI fällt.«
Gemal hatte in sechs verschiedenen Ländern gemordet, und nach
den zweiten Doppelmorden vor siebeneinhalb Jahren hatte das FBI den Fall
übernommen. »Wie schnell können wir anfangen?«, fragte ich.
»Wir sollten keine Zeit verlieren. Verdammt, als hätten wir
nicht schon genug Arbeit! Kaum liegt der Mistkerl unter der Erde, macht er uns
schon wieder Scherereien. Der wusste wirklich, wie er uns zum Narren halten
kann.«
An dem Tag hatte ich frei. Dennoch schlug ich vor, bei der Suche
in der Metro-Station Chinatown zu helfen, damit nicht die ganze Last auf Lous
Schultern ruhte.
Doch davon wollte er nichts wissen. »Den Teufel werden Sie tun.
Hier läuft alles prima. Ich habe nur angerufen, um Ihnen zu sagen, dass ich und
die Kollegen an Sie denken. Wir wissen, dass Sie Schreckliches durchgemacht
haben. Aber das ist ja jetzt vorbei. Ich möchte, dass Sie ein paar Tage frei
machen. Das haben Sie sich nach den anstrengenden Ermittlungen verdient.
Eigentlich müsste ich Ihnen ein paar Wochen bezahlten Urlaub geben, aber da ich
ein ganz gemeiner Hund bin, müssen Sie sich mit drei Tagen begnügen. Am
Wochenende haben Sie sowieso frei, aber ich will, dass Sie die Arbeit bis
nächsten Donnerstag vergessen.«
»Lou, das ist wirklich nicht nötig …«
»Die Suche in der Metro wird jemand anders übernehmen. Das
ist ein Befehl. Sie ruhen sich bis Donnerstag aus.«
Lous Sorge rührte mich. »Ihre mütterliche Art legt den
Verdacht nahe, dass Sie die Hormonpillen Ihrer Frau schlucken.«
»Jetzt ist es raus. Zwei Stück pro Tag. Wenn mir erst
Brüste wachsen, werden die Kollegen bei der wöchentlichen Dienstbesprechung
besser aufpassen.«
Ich lächelte verhalten. »Okay, Lou, ich nehme mir frei.
Aber unter der Bedingung, dass ich früher zurückkommen kann, wenn ich mich
langweile.«
»Auf keinen Fall.«
»Und wenn Sie in der Metro etwas finden?«
»Dann rufe ich Sie an. Ich rufe auf jeden Fall an, um zu
sehen, wie es Ihnen geht. Wir behalten diese Metro-Suche und Gemals Geständnis
zunächst für uns. Kein Wort an die Presse. Könnte immerhin sein, dass er uns
einen Bären aufgebunden hat. Aber tun Sie mir einen Gefallen. Wie wär’s, wenn
Sie ein paar Tage wegfahren? Ich hab das Gefühl, es würde Ihnen gut tun.«
»Lou, Sie sind ein Schatz.«
»Wenn Sie es jemandem sagen, sind Sie gefeuert. Übrigens, sobald
Sie zurückkommen, arbeiten Sie mit dem Neuen zusammen.«
»Mit welchem Neuen?«
»Habe ich Ihnen noch nichts von ihm erzählt?«
»Kein Wort.«
»Wenn das anhält, muss ich mich auf Alzheimer untersuchen lassen«,
murmelte Lou.
»Haben wir endlich einen Ersatz für Galvin, der uns vor einem
Jahr verlassen hat? Muss ich über den Burschen etwas wissen? Hoffentlich ist er
keiner von der Sorte, den sie anderswo loswerden wollten.«
»Nein. Josh Cooper ist ein guter Agent. Er wurde aus dem FBI-Büro
New York zu uns versetzt. So, das wissen Sie dann schon mal. Wenn Sie wieder im
Dienst sind, erzähle ich Ihnen mehr über Cooper. Ich muss Schluss machen. Mein
Telefon klingelt. Passen Sie auf sich auf. Ich melde mich wieder.«
Es klickte in der Leitung. Lou hatte aufgelegt, und ich war
wieder allein. Ich betete, dass Gemal nicht noch zwei weitere Menschen ermordet
hatte und dass sein »Geständnis« in letzter Minute nur der Versuch gewesen war,
mich in Verwirrung und Verzweiflung zu stürzen. Doch mir ließ die Frage keine
Ruhe, warum Gemal mit diesem so genannten Geständnis bis zu seiner Hinrichtung
gewartet hatte. Es machte keinen Sinn. Ich schloss die Augen und versuchte
vergebens, eine Antwort auf diese Frage zu finden.
Ich lauschte den Wellen, die sich
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