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- Der Jünger des Teufels

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Titel: - Der Jünger des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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der Bericht für mich?«
    »Ja. Viel Vergnügen. Es sind nur zweihundert Seiten.« Er grinste.
»Vielleicht können Sie den Bericht in Ihrer Hochzeitsnacht lesen, wenn Sie
Ihren Verlobten bis dahin nicht umgebracht haben.«
    Stone drehte sich um und verließ mein Büro. Eine Woche später
waren David und Megan tot. Ich erinnere mich gut an Stones seltsame Blicke,
nachdem Gemal geschnappt und angeklagt worden war. Stone hatte das von ihm
belauschte Telefongespräch offenbar nicht vergessen und meine alberne Drohung –
eine gedankenlose Bemerkung – völlig falsch interpretiert. Sie wog zwar nicht
viel, doch in Verbindung mit dem Erbe, den Widersprüchlichkeiten bei den Morden
und meinem fehlenden Alibi für drei Stunden musste ich zähneknirschend eingestehen,
dass einem cleveren Ermittler wie Stone Zweifel an meiner Glaubwürdigkeit
kommen konnten. Doch alle Kollegen wussten, dass er vor Missgunst verging, und
ich kannte niemanden, der seine Zweifel teilte.
    Ich schüttete das Eis aus dem Beutel in die Spüle. Meine Kopfschmerzen
waren zwar nicht verschwunden, hatten aber erheblich nachgelassen. Ich packte
einen kleinen Kosmetikspiegel und mein Make-up-Täschchen ein, verließ das Haus
und stieg in meinen Bronco. Zwanzig Minuten später hielt ich vor dem Jasper
Johnsons, einer Imbissstube neben einer Amoco-Tankstelle. Direktor Clay hatte
mir zwar den Nusskuchen empfohlen, aber ich gewann nicht den Eindruck, dass Clay
hier Stammgast war. Die ungefähr ein Dutzend Gäste, die sich an diesem Abend in
dem Lokal aufhielten, sahen größtenteils so aus, als hätten sie irgendwann
einmal in Greensville eingesessen.
    Lucius Clay saß vor einer Tasse Kaffee und einem Stück Schokoladennusskuchen,
als ich das Lokal betrat und auf seine Nische zusteuerte. Er wischte sich den
Mund mit einer Serviette ab, ehe er aufstand und mir höflich die Hand drückte.
»Nett von Ihnen, dass Sie unserem Treffen so kurzfristig zugestimmt haben, Miss
Moran. Verzeihen Sie, dass ich Sie noch so spät aus dem Haus gelockt habe.«
    »Sagen Sie mir, warum ich hier bin.« An der Theke saßen ein
paar Lastwagenfahrer mit tätowierten Armen, doch die Tische ringsum waren leer.
Clay wirkte in diesem schmutzigen Schnellrestaurant völlig fehl am Platze. Er
trug eine Fliege mit Punktmuster, ein blassblaues Hemd, eine Tweedjacke und
eine Farahhose.
    »Ich erkläre es Ihnen sofort«, beteuerte er, als ich mich
an seinen Tisch setzte. Clay sah erschöpft aus. Neben ihm auf dem Sitz lagen
ein Wintermantel und eine schwarze Baseballkappe.
    »Ich wohne in der Nähe von Ashland und fahre zu meinem
wöchentlichen Bridgeabend durch diese Gegend. Dieser Treffpunkt schien mir für
uns beide günstig gelegen. Ich hoffe, ich habe Sie nicht verstimmt.«
    »Nein, nein. Aber Sie müssen ja ein fantastischer
Bridgespieler sein, wenn Sie wegen eines Spiels einen so weiten Weg in Kauf
nehmen.«
    Clay lächelte. »Das liegt im Blut, fürchte ich. Mein Vater
war Clubvorsitzender. Er sagte immer, Bridge sei das einzige Kartenspiel, bei
dem ein Spieler einigermaßen respektabel aussieht. Kaffee? Ein Stück Kuchen?«
    »Nur eine Tasse Kaffee, bitte.«
    Clay winkte der Kellnerin. Als sie mir die Tasse
hingestellt und sich entfernt hatte, wurde Clay ernst. »Ich will Ihnen sagen,
warum ich Sie angerufen habe, Miss Moran. Aber zuerst muss ich gestehen, dass
ich diese Situation ein wenig … absurd finde.«
    »Warum?«
    Clay schaute mich betroffen an. »Weil ich als Bote für
einen Toten agiere.«
    Ich riss die Augen auf. »Ich verstehe nicht.«
    »An dem Abend, als Gemal hingerichtet wurde, ist etwas sehr
Sonderbares passiert.«
    »Das brauchen Sie mir nicht zu sagen. Ich war da.«
    Clay schüttelte den Kopf. Er sah abgespannt aus. »Ich meine
nicht den Vorfall im Gesprächszimmer. Ich meine etwas anderes.«
    Mein Interesse war geweckt. Ich starrte Clay neugierig an.
    »Ich höre.«
    »Bevor wir Gemal in die Exekutionskammer geführt haben, flüsterte
er mir etwas ins Ohr. Sie sollten wissen, was er gesagt hat.«
    Ich fröstelte und konnte meine Ungeduld kaum zügeln. »Was hat
er gesagt?«
    »Ich zitiere seine Worte: ›Richten Sie ihr von mir aus,
dass es ernst gemeint war, was ich gesagt habe. Dass ich zurückkomme. Sorgen
Sie dafür, dass sie es erfährt. Es ist wichtig.‹«
    Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ich wandte mich
ab und schaute aus dem Fenster auf den Verkehr. Offenbar verfolgte Gemal mich
über seinen Tod hinaus. Obwohl er nicht mehr lebte, war er

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