- Der Jünger des Teufels
einen Arm auf die Schulter.
»Ich habe ihn erwischt, Josh. Ich habe ihn erwischt!«,
krächzte ich. Als mein Blick auf Laval fiel, begriff ich das ganze Ausmaß des
Schreckens. »Wir brauchen sofort einen Rettungswagen, sonst verblutet Laval.«
Delon eilte zu
seinem Kollegen und fühlte dessen Puls, während einer der Polizisten über Funk
die Sanitäter rief. Es dauerte nur Minuten, bis durch einen der anderen Tunnel
ein Polizist mit zwei Sanitätern auftauchte, die Lavals Wunde versorgten. Schließlich
trat Delon zu mir und legte mir eine Hand auf den Arm. »Alles in
Ordnung, Madame Moran?«
»Es geht schon. Aber Laval hat es schlimm erwischt.«
Delon sah besorgt
aus, als die Sanitäter Laval behutsam auf eine Bahre legten und ihn hinaustrugen. Die
Polizisten wiesen ihnen mit ihren Taschenlampen den Weg. »Wir können nur beten.
Er ist einer meiner besten Kommissare. Was ist passiert?«
Ich berichtete Delon, was sich zugetragen hatte. Auf seiner Stirn
glitzerten Schweißperlen, als er auf den im Schatten hingestreckten, maskierten
Leichnam spähte. Er steckte seine Waffe noch nicht in den Halfter. »Sehen wir
uns den Burschen an.«
Josh und ich folgten Delon. Er richtete die Taschenlampe auf
den Killer und schickte sich an, die blutverschmierte Maske zu entfernen. Ich
wusste nicht, was ich erwartete, aber plötzlich schoss mir ein völlig
unsinniger Gedanke durch den Kopf: Werde ich jetzt in Gemals Gesicht blicken?
Delon zog dem
Killer die Maske vom Kopf. Meine Schüsse hatten die linke Seite seines Schädels
zerfetzt. Der Killer hatte ebenso wie Gemal schwarzes Haar und einen
südländischen Teint, doch weitere Übereinstimmungen gab es nicht. Der Tote war
älter und kräftiger und hatte breitere Schultern. Seine Unterarme waren
ebenfalls tätowiert: Es waren geschmacklose Bilder nackter Frauen mit
gespreizten Beinen.
»Interessant«, sagte Delon, der das Gesicht des Killers
eingehend betrachtete.
»Kennen Sie den Mann?«, fragte Josh.
Delon nickte. »Ja,
ich kenne ihn.«
»Wer ist er?«, fragte ich.
Delon schaute sich
mit grimmigem Blick in den Katakomben um. Plötzlich schien er den grässlichen
Anblick der verrotteten Knochen nicht mehr zu ertragen. Er steckte die Waffe in
den Halfter und sagte: »Kommen Sie. Ich glaube, wir brauchen alle frische Luft.«
59.
Fünf Minuten später stiegen wir eine Steintreppe
hinauf und traten hinaus in den kalten Pariser Sonnenschein. Der Rettungswagen,
der Laval mit heulenden Sirenen ins Krankenhaus brachte, fuhr soeben
davon. Delon starrte dem Wagen hinterher. In diesem Augenblick wurde mir
bewusst, dass ich noch immer Lavals Pistole in der Hand hielt. Ich nahm das
Magazin heraus, sicherte die Waffe und reichte sie dem Inspektor. »Was
geschieht jetzt?«
Delon steckte die
Waffe und das Magazin in seine Tasche.
»Es wird eine offizielle Untersuchung der von Ihnen
abgefeuerten tödlichen Schüsse geben. Das dürfte Ihre Freiheit, Frankreich zu
verlassen, nicht beeinträchtigen, aber es ist Vorschrift, wie Sie sicher
wissen.«
»Natürlich.«
»Laval ist
verheiratet und hat drei Kinder. Sein Tod wäre eine Tragödie. Ein Glück, dass
Sie seinen Angreifer erschießen konnten.« Delon zog eine Schachtel Gauloises aus der
Tasche und bot mir und Josh eine Zigarette an. »Möchten Sie?«
Wir schüttelten beide den Kopf. »Wer war der Mann, den ich erschossen
habe?«, fragte ich.
Mit einem billigen Plastikfeuerzeug zündete Delon sich die Zigarette
an und blies den Rauch aus. Seufzend zeigte er auf eine Bank auf der anderen
Straßenseite. »Kommen Sie. Setzen wir uns einen Moment dorthin.«
Wir überquerten die Straße und nahmen auf der Bank Platz.
In der Nähe hatten sich betrunkene Clochards versammelt. Sie plauderten
und drehten sich Zigaretten, ohne auf die zahlreichen Polizisten vor Ort zu
achten.
Delon nahm einen
Zug von seiner Gauloise. »Sein Name ist Pierre Jupe, ein entflohener
Killer. Vor einem Jahr wurde er der Vergewaltigung und Ermordung zweier Frauen
für schuldig erklärt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Vor einem Monat
gelang ihm die Flucht aus einem Hochsicherheitsgefängnis außerhalb von Paris.
Wir leiteten eine Großfahndung ein, doch Jupe blieb unauffindbar. Sieht so aus,
als hätte er im Untergrund Zuflucht gesucht. Sie haben uns geholfen, die
Karriere eines Mörders zu beenden.«
»Warum hat er nach Constantine Gemals Vorbild gemordet?«,
fragte Josh.
Delon zuckte mit
den Schultern. »Wissen wir überhaupt, ob es Jupe war? Wie ich
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