Der Jünger
sofort an die Arbeit machen.
“Ruf mich an, wenn du zu Hause bist, ja?”, sagte er.
“Und du rufst mich an, wenn du was erfahren hast”, entgegnete sie.
Ben nickte, dann folgte er Rick zum Auto.
Innerhalb von Minuten war die Polizei verschwunden. January war mit Joseph im Haus und half ihm, sich mit Schwester Sarah und Schwester Ruth zu versöhnen. Zur gleichen Zeit versuchte Jay, mit seiner Mutter ins Reine zu kommen.
Mutter Mary Theresa wachte auf und fand sich in einem verschmutzten Raum eines baufälligen Hauses wieder. Die Matratze, auf der sie lag, war etwas staubig, schien aber neu zu sein. Nichts kam ihr bekannt vor, bis auf den Mann, der am Fuß ihres Lagers saß. Sie erkannte den Taxifahrer.
“Mr. Carpenter, oder?”
Jay runzelte die Stirn. Ihre Ruhe machte ihn ebenso nervös wie die Tatsache, dass sie ihn mit seinem Namen angesprochen hatte. Er konnte sich nicht daran erinnern, ihn ihr genannt zu haben. Sie war allwissend, heilig – sie musste einfach seine Mutter sein.
“Mutter … Woher weißt du, wie die Menschen deinen Sohn nennen?”
Sie verstand nicht, was er meinte.
“Ich habe keinen Sohn”, erwiderte sie.
Wie von einem Kinnhaken getroffen taumelte Jay zurück. Da stimmte irgendetwas nicht. Ihre Aufgabe bei seiner Mission war es doch, ihren Sohn zu erkennen und ihm über die letzten Tage zu helfen. Wütend und verwirrt stand er auf, dann stolperte er, als er zu ihrem Kopfende gehen wollte. In seinen Ohren schrillte es, und ihm wurde übel. Er hielt sich die Ohren zu, um sich vor weiteren Zurückweisungen zu schützen.
Mutter Mary T. schwang die Beine über den Rand der Matratze und setzte sich langsam auf. Der Raum drehte sich um sie. Sie krallte sich am Bett fest, um den Schwindel zu bekämpfen.
“Bitte, Sie müssen mich gehen lassen. Ich bin nicht gesund”, sagte sie.
“Sei ruhig”, entgegnete er. “Ich will jetzt wirklich nicht mit dir reden.”
In diesem Moment begann sich Mutter Mary Theresa zu fürchten. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was er von ihr wollte oder wozu er fähig war. Panische Angst packte sie. Sie musste Ruhe bewahren und durfte die Kontrolle über die Situation nicht verlieren.
Sie schloss die Augen und sah vor sich die Jungfrau Maria am Altar in ihrem Raum, und diese Vorstellung vermittelte ihr inneren Frieden. Dieser Mann hatte ihr verboten zu sprechen, und das war ihr recht. Sie brauchte keine Worte, um mit Gott zu sprechen.
Den Kopf geneigt, faltete sie die Hände in ihrem Schoß, dann schloss sie die Augen wieder und begann zu beten.
Als Jay sie dabei beobachtete, spürte er, wie ihm warm wurde. Jetzt hatte sie ihn verstanden und tat, was sie tun sollte. Sie betete für ihren Sohn, dessen letzte Tage auf der Erde dahinschwanden.
Erleichtert setzte er sich neben sie auf die Matratze und schloss ebenfalls die Augen. Er wollte den Segen ihrer Gebete empfangen.
Zu seinem Entsetzen spürte er, dass sie nicht für ihn betete, sondern für sich selbst. Sie betete voll Inbrunst, aus dieser Hölle befreit zu werden!
Er sprang wieder auf, dann schlug er ihr ins Gesicht.
Durch seinen Schlag wurde ihr Kopf nach hintern geschleudert und prallte gegen die Wand.
“Verdammt noch mal! Hier geht es nicht um dich! Du bist nicht diejenige, die dem Tod ins Auge sieht! Nicht du hast die Hölle überstanden. Du bist nichts! Ein Nichts!”, schrie er. “Warum versteht mich denn niemand? Sieht denn keiner, in welcher Gefahr ich mich befinde? Kümmert es denn niemanden, was mit meiner Seele passiert?”
Er zog eine Flasche Wasser aus einem Kasten, der in der Nähe stand, und schleuderte sie gegen die Wand. Sie platzte und zersplitterte, während er aus der Tür taumelte und sie wütend hinter sich zuschlug.
Der Knall hallte in dem alten Lagerhaus wider. Aufgescheuchte Tauben flatterten hoch. Ratten ergriffen die Flucht. Gleich darauf folgte eine Reihe von Schreien und Heulen von den Männern am Ende des Flurs. Eine tiefe Enttäuschung über die Erfolglosigkeit seiner Mission überfiel ihn erneut, und er brüllte zurück, sie sollten alle den Mund halten und beten.
Wirr und aufgebracht stolperte er auf den alten Hochofen zu, während er ununterbrochen fluchte. Als er ihn erreicht hatte, hob er ein altes Stück Rohr auf und begann, damit gegen die Außenwand des Ofens zu hämmern wie auf eine Trommel. Im Inneren des Hochofens dröhnten diese Schläge so ohrenbetäubend, dass alle zehn Männer sich auf den Boden warfen, die Ohren zuhielten und um Gnade
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