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Der Jünger

Der Jünger

Titel: Der Jünger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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gedacht, aber in letzter Zeit beginne ich an mir zu zweifeln.”
    Er lehnte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie. “Reden Sie, January. Sagen Sie mir, warum ich hier bin.”
    Sie ließ die Schultern hängen, und einen Augenblick erkannte Ben Schwäche und so etwas wie Angst in ihren Augen, doch beides war schnell wieder verschwunden.
    “Versprechen Sie mir, sich erst alles anzuhören, bevor Sie sich ein Urteil bilden?”
    “Versprochen.”
    Sie verschränkte die Hände in ihrem Schoß. “Ich weiß nicht genau, wo ich anfangen soll.”
    “Fangen Sie da an, wo die Geschichten immer beginnen. Am Anfang.”
    Sie grinste. “Na ja, es war keine dunkle, stürmische Nacht, wie auch immer …” Sie wurde ernst. “Sie haben ja sicher von diesen Todeserfahrungen gehört, oder?”
    “Ja, aber was hat …”
    “Sie haben gerade versprochen, mir erst zuzuhören, schon vergessen?”
    “Tut mir leid. Bitte fahren Sie fort.”
    “Diese Todeserfahrungen haben mich immer sehr fasziniert, deshalb gehe ich ihnen nach, wenn ich davon höre. Auf diese Art bin ich auf eine Spur geraten. Zum letzten Thanksgiving war ich draußen im Obdachlosenheim der Barmherzigen Schwestern und half, das Dinner für die Leute von der Straße zu servieren, als ich zwei Männer über einen Straßenprediger reden hörte, der sich 'der Sünder' nennt. Sie sagten, er behaupte, im Krankenhaus gestorben und wiederbelebt worden zu sein. Nur gibt es bei dieser Geschichte eine andere Wendung. Da habe ich angefangen, nach diesem Typ zu suchen.”
    “Was macht die Geschichte anders als die anderen?”
    “Er behauptet, als er gestorben ist, habe er kein helles Licht oder einen Tunnel gesehen, der in den Himmel führte. Er sagte, er sei in der Hölle gewesen.”
    Ben richtete sich abrupt auf. “Im Ernst?”
    “Ja, aber ich weiß nicht, ob es stimmt. Ich versuche jetzt schon seit Monaten, ihn zu finden, aber ohne Erfolg. Bis vor Kurzem.”
    “Sie haben ihn gefunden?”
    “Nein. Ich denke, er hat mich aufgespürt.”
    Ben sah sie alarmiert an. “Hat er Sie bedroht?”
    “Nicht direkt … Na ja, eigentlich schon, aber nicht sehr.”
    “Verdammt, January, entweder hat er Sie bedroht oder nicht. Was denn nun?”
    Sie blickte auf, dann wandte sie sich ab und starrte am Esstisch vorbei zu einem Punkt draußen vor dem Fenster.
    Ben sah die Reflexion einer Blumenvase auf dem Tisch hinter sich in Januarys Augen. Gebannt von diesem Anblick, hörte er gar nicht richtig zu, als sie weiterredete.
    “Das erste Mal, als er mich anrief, war ich im Sender. Er meinte, er habe gehört, dass ich nach ihm suche, und ich solle das sein lassen.”
    Ben stockte der Atem. Er hatte niemals den Gedanken in Betracht gezogen, dass sie sich durch ihre Arbeit in Gefahr bringen könnte.
    “Hat er Sie bedroht?”
    “Nicht richtig. Ich habe ihn gefragt, ob er gestorben und in der Hölle gewesen wäre.”
    “Er hat es abgestritten, stimmt's?”
    “Zu der Zeit hat er nichts davon behauptet. Was er sagte, war, dass ich ihn in Ruhe lassen sollte, damit er tun könne, was er tun müsse.”
    “Und das ist …?”
    “Das klang alles sehr esoterisch und geheimnisvoll, aber er sagte so was von 'auf seinen Pfaden gehen'.”
    “Auf wessen Pfaden?”, fragte Ben.
    January blickte Ben prüfend an, als sie antwortete. “Ich denke, er redete von Jesus Christus.”
    “Hören Sie, January, ich zerstöre ungern Ihre Story, aber es gibt Hunderte Verrückte da draußen auf der Straße, die behaupten, sie wären Jesus. Abgesehen davon, was hat das mit Bart Scofields Entführung und Ermordung zu tun?”
    “Darauf werde ich schon kommen, schließlich waren Sie derjenige, der wollte, dass ich am Anfang anfange, das habe ich getan. Also seien Sie ruhig und lassen Sie mich zu Ende erzählen. Danach können Sie gerne tun, was Sie wollen.”
    Ben bereute seine Worte, aber jetzt konnte er sie nicht mehr zurückholen. “Tut mir leid”, murmelte er.
    Sie verdrehte die Augen, verkniff sich aber eine weitere Bemerkung. “Egal. Was Bart Scofield betrifft … Ich glaube, der Straßenprediger, der sich 'der Sünder' nennt, hat es getan.”
    Ben winkte ab und stand auf. “Okay. Das reicht. Wie zur Hölle kommen Sie von einem Todeserlebnis zum Kidnapper und Mörder? Kein Wunder, dass Sie das Hirngespinst nur mir erzählen wollten.”
    January sprang auf und stieß Ben den Zeigefinger in die Brust. “Er hat mich heute wieder angerufen. Er war sauer, weil ich im Obdachlosenheim der Barmherzigen

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