Der Jünger
nahm sie beim Ellbogen, als sie die Tür geöffnet hatte, und umarmte sie kurz.
“Es gefällt mir nicht, dass der Sünder dich ständig anruft.”
“Du weißt ja nicht mal alles”, murmelte January. “Wird mich dein Captain anhören?”
“Ja. Es wird ihm nicht gefallen, aber er wird dir zuhören.”
“Ich habe alle Notizen mitgebracht, die ich gesammelt habe.”
“Okay. Gehen wir.”
Ben und January begannen den Spießrutenlauf an den Cops vorbei, die ihnen zum Teil neugierig, zum Teil ungläubig nachstarrten, als sie die Abteilung der Mordkommission ansteuerten. Minuten später befand sich January in Borgers Büro, Ben und Rick standen hinter ihr. Borger sah sie schweigend an, dann blickte er mit hochgezogenen Augenbrauen zu seinen beiden Detectives.
“Ich weiß nicht, warum sie über eine laufende Untersuchung von uns informiert ist, während wir tatenlos rumsitzen.”
“Sie werden es verstehen, wenn sie hören, was sie zu sagen hat, Captain. Keiner von uns wäre bei den Nachforschungen auf diese Weise vorgegangen. Wir arbeiten mit Fakten, sie hat lediglich eine Theorie.”
“Ich habe keine Zeit für irgendwelche blödsinnigen Theorien, das wissen Sie genau. Warum verschwenden Sie meine Zeit?”, wetterte Borger.
“Sie werden schon sehen. Hören Sie ihr bitte einfach mal zu”, bat ihn Ben.
“Ich rate ihr, dass sie was von Belang zu sagen hat”, entgegnete Borger.
January kochte.
“Nun, Captain …
Sie
hat eine Menge zu sagen, aber wenn Sie
ihr
nicht zuhören wollen, dann wird
sie
sicher sehr gerne zu
ihrem
Boss gehen und ihm das Ganze erzählen.
Er
wird es sich liebend gern anhören.”
Borger unterdrückte ein Grinsen. DeLena hatte ihn auf seinen Platz verwiesen, und das mit Recht. “Tut mir leid”, sagte er. “Die Macht der Gewohnheit. Bitte setzen Sie sich.”
“Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gern stehen bleiben. Ich kann mich besser konzentrieren, wenn ich mich bewege.”
Kaum hatte sie das gesagt, begann sie hin und her zu laufen. “Ich werde ganz von vorn anfangen, sonst glauben Sie mir bestimmt nicht.”
“In Ordnung, ich höre Ihnen zu. Aber beantworten Sie mir bitte zuerst eine Frage.”
“Wenn ich kann.”
“Wenn Sie mit Ihrem Bericht fertig sind, haben wir dann einen Verdächtigen im Scofield-Mordfall?”
“Ja.”
“Ich höre.”
“Das alles fing an, weil ich eine Dokumentation über Menschen plante, die von einem Beinahe-Todeserlebnis berichteten. Vor einigen Monaten erzählte mir jemand von einem Straßenprediger, der meinte, so etwas erlebt zu haben, aber die Geschichte war anders. Er behauptete, dass er in der Hölle gewesen sei, und nachdem die Ärzte ihn reanimiert hätten, habe er sein Leben geändert. Ich habe seitdem nach ihm gesucht. Zuerst schien niemand mit mir darüber sprechen zu wollen. Im Laufe der Zeit hörte man immer mehr Geschichten, doch keiner konnte mir sagen, wo ich den Mann finden könne. Ich war drauf und dran, es als eine der Straßenlegenden abzutun, als mir eine seltsame Story von einem Straßenprediger zu Ohren kam, der Gutscheine für Fischbrötchen verteilte, die man bei einer Fast-Food-Kette einlösen konnte. Als der Besitzer des Fisch-Imbiss' das herausfand, waren bereits um die hundert gefälschte Coupons in drei verschiedenen Filialen eingelöst worden. Ich habe das auf die Liste der Betrugsfälle gesetzt und nicht weiter darüber nachgedacht.”
“Was hat das mit unserer Sache zu tun?”, warf Borger ein.
“Darauf komme ich noch”, entgegnete January. “Dann wurde ein Mann geköpft. Als ich seinen Namen erfuhr, begann sich diese Theorie, die ich seitdem verfolge, zu entwickeln. Dazu kamen die Namen der Obdachlosen, die nach und nach verschwanden, und ich wusste, ich war auf einer richtigen Spur. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch Bart Scofield entführt. Dann tauchte sein Leichnam auf und …”
Borger hob die Hand. “Hören Sie, Miss DeLena, das ist ja sehr interessant, aber ich weiß immer noch nicht, worauf Sie hinauswollen. Können Sie das Ganze vielleicht ein bisschen abkürzen? Ich muss in einer halben Stunde zu einer Besprechung.”
January warf genervt die Arme hoch.
“Abkürzen? Sicher doch. Hier ist die Story, Captain. Sie haben hier jemanden, der versucht, das Leben Jesu Christi nachzuleben, sodass er beim nächsten Mal, wenn er stirbt – und er geht davon aus, dass dies bald passieren wird –, in den Himmel kommt und nicht in die Hölle. Wenn das zutrifft, beachten Sie das Folgende.” Sie
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