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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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verlegen geworden, weil Darsan Sie ›Fürst‹ nannte.«
    Er brach in ein boshaftes Lachen aus. Ich fuhr auf.
    »Ich verstehe gar nicht ... Ihren Fürstentitel würde ich nicht einmal geschenkt nehmen.«
    »Ich kenne Ihren Charakter. Was für ein komisches Geschrei Sie zur Verteidigung von Frau Achmakowa erhoben haben ... Lassen Sie das Buch liegen!«
    »Was soll das heißen?« erwiderte ich, ebenfalls schreiend.
    »Las–sen Sie das Buch liegen!« brüllte er auf einmal los und richtete sich wild in seinem Lehnstuhl auf, als wollte er sich auf mich stürzen.
    »Das überschreitet denn doch alle Grenzen!« rief ich und ging schnell aus dem Zimmer hinaus. Aber ich war noch nicht an das Ende des Saales gelangt, als er mir von der Tür des Arbeitszimmers aus nachrief:
    »Arkadij Makarowitsch, kommen Sie zurück! Kom–men Sie zu–rück! Kom–men Sie sogleich zu–rück!«
    Ich hörte nicht auf ihn und ging weiter. Er holte mich mit schnellen Schritten ein, faßte mich am Arm und zog mich nach dem Arbeitszimmer zurück. Ich sträubte mich nicht.
    »Nehmen Sie!« sagte er ganz blaß vor Aufregung, undhielt mir die dreihundert Rubel hin, die ich hingeworfen hatte. »Sie müssen es unter allen Umständen nehmen ... sonst sind wir ... unter allen Umständen!«
    »Wie kann ich es denn nehmen, Fürst?«
    »Na, ich werde Sie um Verzeihung bitten, ist es Ihnen recht? Na also, verzeihen Sie mir! ...«
    »Fürst, ich habe Sie immer sehr gern gehabt, und wenn Sie mich ebenfalls ...«
    »Ja, ich ebenfalls, nehmen Sie doch ...«
    Ich nahm das Geld. Seine Lippen zitterten.
    »Ich verstehe, Fürst, daß Sie über diesen Schurken wütend sind ... aber ich nehme es nur dann, wenn wir uns küssen, wie wir es bei früheren Zerwürfnissen getan haben ...«
    Als ich das sagte, zitterte ich ebenfalls.
    »Na, solche Zärtlichkeiten!« murmelte der Fürst, verlegen lächelnd, aber er beugte sich zu mir und küßte mich. Ich fuhr zusammen: in seinem Gesicht las ich im Augenblick des Kusses einen entschiedenen Ausdruck von Abneigung.
    »Hat er Ihnen denn wenigstens Geld gebracht?«
    »Ach, das ist ja ganz egal!«
    »Ich frage ja nur um Ihretwillen ...«
    »Ja, ja, er hat mir welches gebracht.«
    »Fürst, wir sind Freunde gewesen ... und schließlich kann Wersilow ...«
    »Nun ja, ja; gut!«
    »Und dann, ich weiß wirklich immer noch nicht recht, diese dreihundert Rubel ...«
    Ich hielt sie in der Hand.
    »Nehmen Sie sie, nehmen Sie sie!« sagte er, wieder lächelnd, aber in seinem Lächeln lag etwas sehr Häßliches.
    Ich nahm das Geld.

Drittes Kapitel
     
I
     
    Ich nahm das Geld, weil ich ihn liebte. Wer das nicht glaubt, dem antworte ich, daß ich wenigstens in dem Augenblick, als ich das Geld von ihm annahm, fest davon überzeugt war, ich könne, wenn ich nur wolle, mir auch aus eineranderen Quelle noch weit mehr verschaffen. Ich nahm es also nicht aus Not, sondern aus Zartgefühl, um ihn nicht zu kränken. Ach Gott, so urteilte ich damals! Aber dennoch war mir sehr schwer ums Herz, als ich von ihm wegging: ich sah, wie auffallend sich sein Betragen mir gegenüber an diesem Vormittag geändert hatte; in einem solchen Ton hatte er noch nie zu mir geredet, und seine gegen Wersilow gerichteten Äußerungen waren ja schon die reine Rebellion. Stebelkow hatte ihn allerdings durch irgend etwas schwer geärgert, aber jenes Benehmen hatte schon vor Stebelkows Ankunft begonnen. Ich wiederhole noch einmal: eine Veränderung gegen früher war auch schon an all den letzten Tagen zu bemerken gewesen, aber nicht eine solche, nicht eine so weitgehende - das war die Hauptsache.
    Möglich, daß auch die dumme Nachricht über diesen Flügeladjutanten Baron Bjoring auf seine Stimmung eingewirkt hatte ... Ich war ja ebenfalls aufgeregt weggegangen, aber ... Das war es eben, daß mir damals etwas ganz anderes entgegenleuchtete und ich so vieles leichtsinnigerweise unbeachtet ließ: ich beeilte mich, meine Aufmerksamkeit davon abzuwenden, wies alles Dunkle von mir und wandte mich dem Leuchtenden zu ...
    Es war noch nicht ein Uhr. Vom Fürsten fuhr ich mit meinem Matwej geradeswegs – sollte man es glauben, zu wem? – zu Stebelkow! Das war es eben, daß er mich kurz vorher nicht so sehr durch sein Erscheinen beim Fürsten in Erstaunen versetzt hatte (denn er hatte diesem ja versprochen zu kommen), als vielmehr dadurch, daß er mir zwar nach seiner dummen Gewohnheit zugezwinkert hatte, aber gar nicht mit Bezug auf das Thema, auf welches meine Erwartung

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