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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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gemacht; das ist ebenfalls eine gute Bekannte von Anna Fjodorowna, die ihr, als sie wegreiste, das Haus anvertraut hat ...«
    Das war alles vollständig richtig. Diese Darja Onissimowna war die Mutter der armen Olga, von der ich schon erzählt habe; Tatjana Pawlowna hatte ihr schließlich bei Frau Stolbejewa eine Unterkunft verschafft. Es war mir wohlbekannt, daß Lisa mit Frau Stolbejewa verkehrt und nachher auch die arme Darja Onissimowna manchmal besucht hatte, die bei uns alle sehr liebgewonnen hatten; aber damals nach dieser übrigens durchaus sachlichen Erklärung des Fürsten und besonders nach Stebelkows dummer Äußerung und vielleicht auch, weil ich soeben Fürst genannt worden war, wurde ich aus all diesen Gründen über und über rot. Zum Glück stand gerade in diesem Augenblick Naschtschokin auf, um fortzugehen; er reichte auch Darsan die Hand. Sowie ich mit Stebelkow allein geblieben war, machte mir dieser durch eine Kopfbewegung ein Zeichen nach Darsan hin, der mit dem Rücken zu uns in der Tür stand; ich zeigte Stebelkow die Faust.
    Eine Minute darauf ging auch Darsan weg, nachdem er mit dem Fürsten verabredet hatte, daß sie sich unbedingt am folgenden Tag an einem schon vorher, von ihnen bestimmten Ort treffen wollten, natürlich in einem Spielklub. Beim Hinausgehen rief er Stebelkow etwas zu und machte mir eine leichte Verbeugung. Kaum war er hinausgegangen, als Stebelkow von seinem Platz aufsprang, sich mitten ins Zimmer stellte und einen Finger in die Höhe hielt:
    »Dieses Bürschchen hat in der vorigen Woche folgenden argen Streich ausgeführt: er hat einen Wechsel gegeben, auf dem er Herrn Awerjanows Namen gefälscht hat. Der Wechsel ist in dieser Gestalt noch vorhanden, aber er ist nicht eingelöst worden! Etwas Kriminelles. Achttausend Rubel.«
    »Und gewiß befindet sich dieser Wechsel in Ihren Händen?« rief ich, ihn grimmig anblickend.
    »Ich habe ein Bankgeschäft, ich habe einen Mont de piété, aber mit Wechseln gebe ich mich nicht ab. Haben Sie gehört, was der Mont de piété in Paris für ein Institut ist? Er verschafft den Armen Brot und ist für sie eine Wohltat; ich habe einen Mont de piété ...«
    Der Fürst unterbrach ihn grob und aufgebracht:
    »Was wollen Sie hier noch? Warum haben Sie hier noch herumgesessen?«
    »Aber«, erwiderte Stebelkow und zwinkerte dabei mit den Augen, »wie ist es? Mögen Sie nicht?«
    »Nein, nein, nein, ich will es nicht!« schrie der Fürst und stampfte dabei mit dem Fuß. »Ich habe es schon gesagt!«
    »Na, wenn es so ist ... dann ist es eben so. Aber es ist nicht das Richtige ...«
    Er drehte sich kurz um und ging mit gesenktem Kopf und gekrümmtem Rücken ohne weiteres hinaus.
    Der Fürst rief ihm, als er schon in der Tür war, noch nach:
    »Seien Sie überzeugt, mein Herr, daß ich vor Ihnen nicht die geringste Furcht habe!«
    Er war in sehr gereizter Stimmung, wollte sich hinsetzen, unterließ es aber, als sein Blick auf mich fiel. Sein Blick sagte gleichsam auch zu mir: ›Warum stehst auch du hier noch herum?‹
    »Fürst, ich ...«, begann ich.
    »Ich habe wirklich keine Zeit, Arkadij Makarowitsch, ich muß gleich wegfahren.«
    »Nur einen Augenblick, Fürst, es ist etwas für mich höchst Wichtiges; und vor allen Dingen nehmen Sie Ihre dreihundert Rubel zurück!«
    »Was soll denn das wieder heißen?«
    Er war auf und ab gegangen, blieb aber nun stehen.
    »Das soll heißen, daß ich nach allem, was geschehen ist ... und weil Sie von Wersilow gesagt haben, er sei unehrenhaft, und schließlich Ihr Ton in der ganzen letzten Zeit ... Kurz gesagt, ich kann es unter keinen Umständen annehmen.«
    »Sie haben es aber doch einen ganzen Monat lang angenommen.«
    Er setzte sich plötzlich auf einen Stuhl. Ich stand am Tisch und mißhandelte mit der einen Hand das Buch von Belinskij, in der andern hielt ich meinen Hut.
    »Da waren meine Gefühle noch von anderer Art, Fürst ... Und dann, ich hätte es nie bis zu einer solchen Summe kommen lassen sollen ... Dieses Spiel ... Kurz, ich kann es nicht!«
    »Sie haben sich einfach vorhin nicht von einer glänzenden Seite gezeigt, und daher sind Sie jetzt so wütend; ich möchte Sie bitten, dieses Buch in Ruhe zu lassen.«
    »Was soll das heißen, ich hätte mich nicht von einer glänzenden Seite gezeigt? Und dann haben Sie mich in Gegenwart Ihrer Gäste beinahe mit Stebelkow auf eine Stufe gestellt.«
    »Aha, da haben wir des Rätsels Lösung!« rief er, häßlich grinsend. »Und außerdem sind Sie

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