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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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lassen.«
    »Haben Sie ihn denn so in Händen? Ist er Ihnen viel schuldig?«
    »Ja ... er ist mir viel schuldig.«
    »Er wird es Ihnen bezahlen; er hat eine Erbschaft gemacht ...«
    »Die Erbschaft gehört nicht ihm; er ist mir Geld schuldig und ist mir noch anderes schuldig. Die Erbschaft reicht nicht. Ich werde Ihnen Geld zinslos geben.«
    »Auch als einem ›Freund‹? Womit habe ich denn das verdient?« erwiderte ich lachend.
    »Sie werden es schon noch verdienen.« Er beugte sich wieder mit dem ganzen Oberkörper zu mir hin und wollte den Finger in die Höhe heben.
    »Stebelkow! Ohne Finger, sonst gehe ich weg.«
    »Hören Sie mal ... er kann Anna Andrejewna heiraten!« Dabei kniff er auf teuflische Weise das linke Auge zu.
    »Hören Sie, Stebelkow, das Gespräch nimmt einen so skandalösen Charakter an ... Wie können Sie sich erdreisten, Anna Andrejewnas Namen in den Mund zu nehmen?«
    »Regen Sie sich nicht auf!«
    »Ich höre nur mit großer Überwindung zu, weil ich deutlich sehe, daß da irgendeine Gaunerei dahintersteckt, die ich in Erfahrung bringen möchte ... Aber es kann auch sein, daß mir die Geduld reißt, Stebelkow!«
    »Regen Sie sich nicht auf, und seien Sie nicht stolz! Lassen Sie nur ein Weilchen Ihren Stolz beiseite, und hören Sie mich an; nachher können Sie dann wieder stolz sein. Das mit Anna Andrejewna wissen Sie doch wohl? Daß der Fürst sie vielleicht heiraten wird ... das wissen Sie doch wohl?«
    »Von diesem Projekt habe ich allerdings gehört und weiß alles, aber ich habe niemals mit dem Fürsten darüber gesprochen. Ich weiß nur, daß dieses Projekt seinen Ursprung im Kopf des alten Fürsten Sokolskij hat, der immer noch krank ist; aber ich habe nie mit ihm darüber gesprochen und bin dabei ganz unbeteiligt. Ich sage Ihnen das einzig und allein zur Erklärung und erlaube mir nun, Sie zu fragen: erstens, warum haben Sie mit mir davon zu reden angefangen? Und zweitens, spricht der Fürst wirklich mit Ihnen über solche Dinge?«
    »Er spricht mit mir nicht davon; er will mit mir nichtdavon sprechen, aber ich spreche mit ihm davon, und er will es nicht hören. Darum hat er mich vorhin so angeschrien.«
    »Sehr recht von ihm! Das billige ich durchaus.«
    »Der alte Fürst Sokolskij wird Anna Andrejewna eine große Mitgift geben; sie hat sich bei ihm beliebt gemacht. Dann wird Fürst Sokolskij als Bräutigam mir das ganze Geld zurückzahlen. Auch die nicht in Geld bestehende Schuld wird er zurückerstatten. Das wird er sicher tun! Jetzt aber hat er nichts, wovon er es mir zurückgeben könnte.«
    »Aber ich, ich, inwiefern kann ich Ihnen denn dabei helfen?«
    »In einem sehr wichtigen Punkt: Sie sind da bekannt; Sie sind da überall bekannt. Sie können alles in Erfahrung bringen.«
    »Zum Teufel ... was denn in Erfahrung bringen?«
    »Ob der Fürst will, ob Anna Andrejewna will, ob der alte Fürst will. Das können Sie alles zuverlässig in Erfahrung bringen.«
    »Und Sie erdreisten sich, mir den Vorschlag zu machen, ich solle Ihr Spion sein, und noch dazu für Geld?« rief ich und sprang empört auf.
    »Seien Sie nicht so stolz, seien Sie nicht so stolz! Lassen Sie nur noch ein kleines Weilchen den Stolz beiseite, nur etwa für fünf Minuten!« Er nötigte mich, wieder Platz zu nehmen. Durch meine Gebärden und Ausrufe ließ er sich offenbar nicht einschüchtern; aber ich beschloß, ihn bis zu Ende anzuhören.
    »Ich muß es bald erfahren, bald erfahren, denn ... denn vielleicht wird es bald zu spät sein. Haben Sie gesehen, wie er vorhin an der bitteren Pille geschluckt hat, als der Offizier das von dem Baron und Frau Achmakowa erzählte?«
    Ich erniedrigte mich wirklich dadurch, daß ich noch länger zuhörte, aber meine Neugier war dermaßen angeregt, daß ich sie nicht überwinden konnte.
    »Hören Sie ... Sie sind ein nichtsnutziger Mensch!« sagte ich in energischem Ton. »Wenn ich hier sitze und zuhöre und es dulde, daß Sie von solchen Personen reden ... und sogar selbst antworte, so tue ich das keineswegs, weil ich Ihnen ein Recht dazu zugestehe. Ich sehe nur, daß es daum eine Gemeinheit geht ... Vor allen Dingen: was für Hoffnungen kann der Fürst auf Katerina Nikolajewna haben?«
    »Gar keine, aber er ist wütend.«
    »Das ist nicht wahr!«
    »Doch, er ist wütend. Frau Achmakowa ist für ihn jetzt passé. Er hat da sein Paroli verloren, jetzt bleibt ihm nur noch Anna Andrejewna. Ich werde Ihnen zweitausend Rubel geben ... zinslos und ohne einen Wechsel.«
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