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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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diese Beziehungen sind! Eine Verletzung dieser Pflicht wäre eine Schändlichkeit, eine Gemeinheit; kurz, ein Vertrauter ist da unmöglich! Aber wenn überhaupt nichts vorliegt, absolut nichts, dann darf man doch davon reden, nicht wahr?«
    »Soviel das Herz will.«
    »Eine unbescheidene, sehr unbescheidene Frage: Sie haben ja doch in Ihrem Leben Frauen kennengelernt und Verhältnisse mit ihnen gehabt? ... Ich rede nur im allgemeinen, ganz im allgemeinen, nicht von irgendeinem besonderen Fall!« sagte ich errötend; ich konnte vor Entzücken kaum die Worte deutlich aussprechen.
    »Nehmen wir an, daß solche Sünden vorgekommen sind.«
    »Nun, dann hören Sie sich einmal folgenden Fall an, und erklären Sie ihn mir auf Grund Ihrer größeren Erfahrung. Eine Dame sagt zu Ihnen beim Abschied, so ganz von ungefähr, und indem sie zur Seite blickt: ›Morgen um drei Uhr werde ich da und da sein‹ ... na, meinetwegen bei Tatjana Pawlowna«, entfuhr es mir, und ich flog nun endgültigin die Luft empor. Das Herz klopfte mir heftig und wollte stehenbleiben; ich machte sogar im Reden eine Pause, ich konnte nicht weiterreden. Er hörte gespannt zu.
    »Nun also, am nächsten Tag begebe ich mich zu Tatjana Pawlowna und überlege beim Eintreten in das Haus: wenn mir die Köchin aufmacht – Sie kennen doch ihre Köchin? –, dann werde ich sofort fragen, ob Tatjana Pawlowna zu Hause ist. Und wenn die Köchin antwortet, Tatjana Pawlowna sei nicht zu Hause und es sitze schon eine Dame drinnen und warte auf sie – was muß ich dann daraus schließen, sagen Sie mir das, wenn Sie ... kurz, wenn Sie ...«
    »Ganz einfach, daß man dich zu einem Rendezvous bestellt hat. Aber hat es denn stattgefunden? Heute stattgefunden? Ja?«
    »O nein, nein, nein, es war nichts, nichts! Es hat stattgefunden, aber es war ganz anders; ein Rendezvous, aber nicht zu solchem Zweck, und das sage ich gleich im voraus, um nicht ein Schuft zu sein: es hat stattgefunden, aber ...«
    »Mein Freund, das alles beginnt so interessant zu werden, daß ich vorschlagen möchte ...«
    »Ich habe selbst früher jedem Bittenden einen Zehner oder Fünfundzwanziger gegeben! Für ein Schnäpschen! Geben Sie mir nur ein paar Kopeken; ein Leutnant bittet inständig, ein Leutnant außer Dienst!« Mit diesen Worten trat uns plötzlich die große Gestalt eines Bettlers, vielleicht wirklich eines früheren Leutnants, in den Weg. Das merkwürdigste war, daß er für sein Gewerbe recht gut gekleidet war und doch die Hand hinhielt.

III
     
    Dieses wertlose Geschichtchen von dem unbedeutenden Leutnant will ich absichtlich nicht übergehen, da ich mir den ganzen Wersilow jetzt nicht anders ins Gedächtnis zurückrufen kann als mitsamt allen, auch den geringfügigsten Einzelheiten jener für ihn so verhängnisvollen Stunde. Ja, es war eine verhängnisvolle Stunde, aber ich wußte es nicht!
    »Wenn Sie nicht machen, daß Sie fortkommen, meinHerr, werde ich sofort die Polizei rufen«, sagte Wersilow auffallend laut, indem er vor dem Leutnant stehenblieb. Ich hätte nie gedacht, daß ein solcher Philosoph so zornig werden könne, und noch dazu aus einem so unwichtigen Anlaß. Und dabei ist noch zu beachten, daß wir unser Gespräch gerade an der für ihn interessantesten Stelle – wie er selbst erklärt hatte – unterbrachen.
    »Also haben Sie wirklich nicht einmal einen Fünfer?« schrie der Leutnant frech und schwenkte dabei den Arm. »Keine Kanaille hat ja heutzutage mehr einen Fünfer! Schurken! Halunken! Geht im Biberpelz, aber aus einem Fünfer macht er eine Staatsfrage!«
    »Schutzmann!« rief Wersilow.
    Aber er hätte gar nicht zu schreien brauchen; ein Schutzmann stand gerade an der Ecke und hörte selbst, wie der Leutnant schimpfte.
    »Ich ersuche Sie, mein Zeuge für die mir angetane Beleidigung zu sein, und Sie ersuche ich, sich mit auf die Wache zu bemühen«, sagte Wersilow.
    »Ach was, mir ganz egal, beweisen können Sie gar nichts! Und besonders keinen Verstand!«
    »Lassen Sie ihn nicht weg, Schutzmann, und kommen Sie mit uns mit!« sagte Wersilow in energischem Ton.
    »Wollen wir denn wirklich auf die Wache gehen? Hol den Kerl der Teufel!« flüsterte ich ihm zu.
    »Unbedingt wollen wir hingehen, mein Lieber. Diese Unverschämtheit auf unseren Straßen wird einem schließlich denn doch zu bunt, und wenn jeder seine Pflicht täte, so wäre das für alle ein Segen. C'est comique, mais c'est ce que nous ferons.«
    Während der ersten hundert Schritte benahm sich der

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