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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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mit vorsprechen?«
    »Das soll mein erstes sein; ich muß allerdings gestehen, daß mir das sehr peinlich ist ... Aber soll ich ihm etwas von Ihnen bestellen?«
    »Nein, nichts. Ich werde ihn selbst besuchen. Mir tut Lisa leid. Und was kann Makar Iwanowitsch ihr für Ratschläge erteilen? Er weiß ja selbst nichts von den Menschen und vom Leben. Ja, was ich noch sagen wollte, mein Lieber« (er hatte mich schon lange nicht mehr »mein Lieber« genannt), »da sind auch noch ... so ein paar junge Leute ... von denen einer dein früherer Schulkamerad Lambert ist ... Mir scheint, das sind sämtlich schlimme Schurken ... Ich sage es nur, um dich zu warnen ... Übrigens ist das janatürlich vollständig deine Sache, und ich weiß sehr wohl, daß ich kein Recht habe ...«
    »Andrej Petrowitsch«, versetzte ich, und ergriff seine Hand, ohne Überlegung und beinahe in einer Art von Begeisterung, was bei mir oft vorkommt (unser Gespräch fand fast im Dunkeln statt) »Andrej Petrowitsch, ich habe geschwiegen – Sie haben das ja gesehen, ich habe immer geschwiegen, bis jetzt, wissen Sie warum? Um Ihren Geheimnissen aus dem Wege zu gehen. Ich habe den direkten Entschluß gefaßt, sie nie kennenzulernen. Ich bin feige, ich fürchte, daß Ihre Geheimnisse Sie ganz aus meinem Herzen reißen werden, und das möchte ich nicht. Und wenn das so ist, wozu brauchen dann andrerseits Sie meine Geheimnisse zu wissen? Mag es doch bitte auch Ihnen gleichgültig sein, wohin ich gehe! Nicht wahr?«
    »Du hast recht; aber nun kein Wort mehr, ich bitte dich!« sagte er und ging aus dem Zimmer. So war es unerwarteterweise doch zu einer, wenn auch nur kurzen Aussprache zwischen uns gekommen. Aber er hatte nur die Erregung gesteigert, die ich vor dem neuen, für den folgenden Tag beabsichtigten Schritt ins Leben empfand, so daß ich die ganze Nacht über fortwährend aus dem Schlaf aufwachte; aber mir war wohl zumute.

III
     
    Als ich am nächsten Tag das Haus verließ, gab ich mir, obgleich es schon zehn Uhr war, doch die größte Mühe, ganz leise hinauszukommen: ohne Lebewohl zu sagen und ohne mich zu melden, machte ich mich sozusagen heimlich davon. Warum ich das tat, weiß ich nicht, aber selbst wenn Mama gesehen hätte, daß ich wegging, und mich angeredet hätte, so würde ich sogar ihr eine Bosheit geantwortet haben. Als ich auf die Straße hinaustrat und die kalte Straßenluft einatmete, ließ mich eine überaus starke Empfindung ordentlich zusammenfahren, eine beinahe tierische, ich möchte sagen raubtierhafte Empfindung. Warum ich ging und wohin ich ging? Das war völlig unbestimmt und zugleich raubtierhaft . Meine Stimmung war grimmig und freudig, beides zugleich.
    »Werde ich mich heute beschmutzen, oder werde ich mich nicht beschmutzen?« dachte ich frisch und mutig bei mir, obgleich ich recht wohl wußte, daß der heutige Schritt, wenn ich ihn einmal getan haben würde, ein entscheidender und im ganzen Leben nicht wieder korrigierbarer sein würde. Aber es ist zwecklos, in Rätseln zu sprechen.
    Ich ging geradeswegs nach dem Gefängnis, in dem der Fürst saß. Ich hatte schon drei Tage vorher von Tatjana Pawlowna ein Briefchen an den Aufseher erhalten, und dieser empfing mich sehr freundlich. Ich weiß nicht, ob er ein guter Mensch war, und das ist, denke ich, auch belanglos; aber er gestattete mir eine Zusammenkunft mit dem Fürsten, und zwar in seinem eigenen Zimmer, das er so liebenswürdig war uns zu überlassen. Das Zimmer war von der Art, wie die Zimmer in den Dienstwohnungen von Beamten dieser Rangstufe gewöhnlich sind - auch dies zu beschreiben, halte ich für überflüssig. Auf diese Weise blieb ich mit dem Fürsten allein.
    Er kam zu mir herein in einem halbmilitärischen Hausanzug, aber in sehr reiner Wäsche, mit einer stutzerhaften Krawatte, gewaschen und gekämmt, aber er war gleichzeitig schrecklich mager und gelb geworden. Diese gelbe Färbung bemerkte ich sogar in seinen Augen. Kurz, sein Äußeres hatte sich dermaßen verändert, daß ich in das größte Erstaunen geriet.
    »Wie Sie sich verändert haben!« rief ich.
    »Das macht nichts! Setzen Sie sich, lieber Freund!« sagte er, wies mit einer etwas geckenhaften Bewegung auf einen Lehnstuhl und setzte sich selbst mir gegenüber hin. »Lassen Sie uns zur Hauptsache kommen: sehen Sie, mein lieber Alexej Makarowitsch ...«
    »Arkadij«, verbesserte ich.
    »Was? Ach ja; nun, das ist ja ganz gleich. Ach ja!« sagte er mit plötzlicher Überlegung. »Entschuldigen Sie,

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