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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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Lambert zurück.
    »Na ... dann komm!« sagte er; er schien nach Atem zu ringen und ganz benommen zu sein.
    »Wohin soll ich mitgehen? Ich gehe nicht mit dir mit!« beeilte ich mich ihm herausfordernd zuzurufen.
    »Was soll das heißen, daß du nicht mitkommen willst?« erwiderte er erschrocken und ängstlich, er kam auf einmal wieder zu sich. »Ich habe ja nur darauf gewartet, daß wir beide allein bleiben!«
    »Aber wohin soll es denn gehen?« Ich muß gestehen, es summte mir auch ein bißchen im Kopf von den drei Gläsern Champagner und den zwei Gläsern Jerez.
    »Hierhin, gleich hierhin, siehst du?«
    »Aber da steht ja ›Frische Austern‹ angeschrieben. Da riecht es so greulich ...«
    »Das ist nur, weil du eben vom Diner kommst; das ist das Geschäft von Miljutin; wir brauchen ja keine Austern zu essen, aber du sollst Champagner zu trinken bekommen ...«
    »Ich will nicht. Du willst mich betrunken machen.«
    »Das haben dir die beiden in den Kopf gesetzt; sie haben sich über dich lustig gemacht. Wie kannst du solchen Schuften glauben!« »Nein, Trischatow ist kein Schuft. Und ich verstehe auch selbst, vorsichtig zu sein – nun weißt du's!«
    »Was? Hast du deinen eigenen Kopf?«
    »Ja, ich habe meinen eigenen Kopf, mehr als du, denn du machst dich ja zum Sklaven des ersten besten. Du hast uns blamiert, du hast die Polen wie ein Lakai um Verzeihung gebeten. Du hast gewiß schon oft in Restaurants Prügel bekommen?«
    »Aber wir müssen doch miteinander reden, Schafskopf!« rief er mit einer verächtlichen Ungeduld, die beinahe sagte: ›Bist du auch so einer?‹ – »Du fürchtest dich wohl, wie? Bist du mein Freund oder nicht?«
    »Ich bin nicht dein Freund, und du bist ein Gauner. Aber ich will mitkommen, bloß um dir zu zeigen, daß ich mich nicht vor dir fürchte. Ach, wie greulich das hier riecht, es riecht nach Käse! Ekelhaft!«

Sechstes Kapitel
     
I
     
    Ich bitte noch einmal, nicht zu vergessen, daß es mir ein bißchen im Kopfe summte; wäre das nicht der Fall gewesen, so hätte ich anders geredet und gehandelt. In diesem Ladengeschäft konnte man in einem Hinterzimmer tatsächlich Austern essen, und wir setzten uns an ein mit einem widerwärtig schmutzigen Tuch gedecktes Tischchen. Lambert ließ Champagner bringen; das Glas mit dem kalten, goldfarbenen Wein stand vor mir und sah mich verführerisch an, aber ich war ärgerlich.
    »Siehst du, Lambert, vor allen Dingen beleidigt es mich, daß du denkst, du könntest mir jetzt noch so befehlen wie ehemals bei Touchard, während du doch hier selbst der gehorsame Diener aller möglichen Leute bist.«
    »Schafskopf! Na, laß uns anstoßen!«
    »Du hältst es nicht einmal für nötig, dich vor mir zu verstellen; du solltest es wenigstens zu verheimlichen suchen, daß du mich betrunken machen willst.«
    »Du schwatzt Unsinn und bist schon betrunken. Nun mußt du noch mehr trinken, dann wirst du lustig werden. Nimm doch dein Glas, nimm es doch!«
    »Was heißt hier: ›Nimm es doch!‹ Ich gehe weg, und damit abgemacht.«
    Ich stand wirklich auf.
    Er wurde furchtbar zornig.
    »Das hat dir Trischatow in den Kopf gesetzt: ich habe es gesehen, wie ihr da zusammen flüstertet. Du benimmst dichwie ein Schafskopf. Alfonsina ekelt sich sogar, wenn er bloß in ihre Nähe kommt ... Er ist ein Scheusal. Ich werde dir erzählen, was er für ein Mensch ist.«
    »Das hast du schon mal gesagt. Du immer mit deiner Alfonsina; du bist furchtbar beschränkt.«
    »Beschränkt?« wiederholte er; er hatte nicht verstanden, was ich meinte. »Sie sind jetzt zu dem Pockennarbigen übergegangen. Das ist's. Deswegen habe ich ihnen den Laufpaß gegeben. – Das sind ehrlose Gesellen. Dieser Pockennarbige ist ein Bösewicht und verdirbt sie. Ich dagegen habe verlangt, daß sie sich immer anständig benehmen sollen.«
    Ich setzte mich wieder hin, ergriff mechanisch das Glas und trank einen Schluck.
    »Ich stehe an Bildung unermeßlich hoch über dir«, sagte ich. Aber er freute sich viel zu sehr darüber, daß ich mich wieder hingesetzt hatte, und goß mir gleich noch Wein zu.
    »Aber du hast ja Angst vor denen«, fuhr ich fort, ihn zu hänseln (ich war in dem Augenblick gewiß garstiger als er selbst). »Andrejew hat dir den Hut vom Kopf geschlagen, und du hast ihm dafür fünfundzwanzig Rubel gegeben.«
    »Ich habe sie ihm gegeben, aber er wird es mir büßen. Sie rebellieren, aber ich werde sie schon kleinkriegen ...«
    »Du regst dich sehr über den Pockennarbigen auf. Aber

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