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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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weißt du, mir scheint, daß ich jetzt der einzige bin, der dir geblieben ist. Alle deine Hoffnungen beruhen jetzt ausschließlich auf mir – nicht?«
    »Ja, Arkaschka, so ist es: du bist der einzige Freund, der mir geblieben ist; das hast du schön gesagt!« erwiderte er und klopfte mir auf die Schulter.
    Was sollte man mit einem so ungehobelten Menschen anfangen. Er war völlig ungebildet und sah meinen Spott als Lob an.
    »Du könntest mir aus einer üblen Lage heraushelfen, wenn du dich als guter Kamerad zeigen wolltest, Arkadij«, fuhr er, mich freundlich anblickend, fort.
    »Wodurch könnte ich dir helfen?«
    »Du weißt selbst, womit. Du würdest ohne mich wie ein Schafskopf handeln und die Sache sicherlich sehr ungeschicktangreifen, aber ich würde dir zu dreißigtausend Rubeln verhelfen, die wir uns teilen würden; du weißt selbst, wie sich das machen läßt. Na, überlege mal, was du eigentlich bist: du hast nichts, weder einen Namen noch eine Familie. Aber da bekommst du auf einen Schlag einen ganzen Haufen Geld, und wenn du soviel Geld hast, kannst du eine großartige Karriere machen!«
    Ich war geradezu erstaunt über ein solches Vorgehen von seiner Seite. Ich hatte bestimmt erwartet, er würde List anwenden, aber statt dessen benahm er sich mir gegenüber mit einer solchen Offenheit, mit einer solchen jungenhaften Offenheit. Ich beschloß, ihn anzuhören, teils aus Großzügigkeit, teils ... aus schrecklicher Neugier.
    »Siehst du, Lambert, du verstehst das nicht, aber ich bin bereit, dich anzuhören; weil ich die Sache großzügig betrachte«, erklärte ich mit fester Stimme und nahm wieder einen Schluck aus dem Glas. Lambert goß sogleich nach.
    »Weißt du, Arkadij, wenn mir gegenüber so ein Mensch wie dieser Bjoring es gewagt hätte, in Gegenwart einer Dame, die ich verehre, Schimpfworte zu gebrauchen und mich zu schlagen, so weiß ich nicht, was ich getan hätte! Aber du hast es dir gefallen lassen, und ich verachte dich deswegen: du bist ein Waschlappen!«
    »Wie kannst du behaupten, daß mich Bjoring geschlagen hat!« rief ich errötend. »Eher kann man sagen, daß ich ihn geschlagen habe, aber nicht er mich.«
    »Nein, nein, er ist's gewesen, der dich geschlagen hat, nicht du ihn.«
    »Du faselst, ich habe ihm auch noch auf den Fuß getreten!«
    »Aber er hat dich mit der Hand zurückgestoßen und den Bedienten befohlen, dich wegzureißen ... und sie hat dabeigesessen und von der Kutsche aus zugesehen und über dich gelacht – sie weiß, daß du keinen Vater hast und man dich ungestraft beleidigen kann.«
    »Ich weiß nicht, Lambert, unser Gespräch klingt, als ob ein paar dumme Jungen miteinander redeten; ich schäme mich ordentlich. Du sagst das, um mich aufzuhetzen, und zwar so plump und offen, als ob du mit einem Sechzehnjährigen sprichst. Du hast dich mit Anna Andrejewna verabredet!«rief ich, vor Wut zitternd, und schlürfte dabei fortwährend, ohne es selbst zu wissen, von dem Wein.
    »Anna Andrejewna ist eine durchtriebene Person! Sie wird dich und mich und die ganze Welt hinters Licht führen. Ich habe auf dich gewartet, weil du die Sache besser mit der andern zu Ende bringen kannst.«
    »Mit welcher andern?«
    »Mit Madame Achmakowa. Ich weiß alles. Du hast mir selbst gesagt, daß sie sich vor dem Brief fürchtet, der sich in deinen Händen befindet ...«
    »Was für ein Brief ... du faselst ... hast du sie gesehen?« murmelte ich verwirrt.
    »Ja, ich habe sie gesehen. Sie ist schön. Très belle; du hast einen guten Geschmack.«
    »Ich weiß, daß du sie gesehen hast; aber du hast nicht gewagt, mit ihr zu reden, und ich will, daß du auch über sie nicht zu reden wagst.«
    »Du bist noch ein Junge, und sie macht sich über dich lustig – das ist die Sache! Wir hatten in Moskau mit einer solchen tugendhaften Dame zu tun: ach, wie hoch die die Nase trug! Aber als wir ihr drohten, alles zu erzählen, da fing sie an zu zittern und wurde sogleich gefügig; und wir erreichten das eine wie das andere: sowohl das Geld als auch – du verstehst wohl, was noch. Jetzt spielt sie wieder in der vornehmen Gesellschaft die Unnahbare – Donnerwetter, wie stolz sie ist und in was für einer feinen Kutsche sie fährt! Aber wenn du gesehen hättest, in was für einem elenden Kämmerchen das geschah! Du kennst das Leben noch nicht; wenn du wüßtest, was für elende Kämmerchen zu betreten solche Damen sich nicht scheuen ...«
    »Das habe ich mir gedacht«, murmelte ich unwillkürlich.
    »Sie

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