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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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geändert sein. Außerdem werden dann auch meine Verwandten, die Fanariotows – darauf rechne ich mit Bestimmtheit –, sich entschließen, mich in meinen gerechten Ansprüchen zu unterstützen. Aber die Hauptsache ist für mich sein Glück; möge er endlich einsehen und richtig würdigen, wer ihm in Wirklichkeit ergeben ist. Natürlich rechne ich ganz besonders auf Ihren Einfluß, Arkadij Makarowitsch: Sie sind ihm so zugetan ... Und wer liebt ihn denn auch wirklich außer Ihnen und mir? Er hat in den letzten Tagen fortwährend von Ihnen gesprochen und sich nach Ihnen gesehnt; Sie sind sein ›junger Freund‹ ...Selbstverständlich wird nachher mein ganzes Leben lang meine Dankbarkeit keine Grenzen kennen ...«
    Da stellte sie mir also schon eine Belohnung in Aussicht, vielleicht Geld.
    Ich unterbrach sie in scharfem Ton.
    »Sie mögen reden, was Sie wollen, ich bin außerstande«, sagte ich mit dem Ausdruck unbeugsamer Entschlossenheit. »Alles, was ich kann, ist, Ihre Offenherzigkeit in gleicher Weise zu erwidern und Ihnen meinen endgültigen Entschluß mitzuteilen: ich werde diesen verhängnisvollen Brief in allernächster Zeit Katerina Nikolajewna einhändigen, aber unter der Bedingung, daß sie von dem, was jetzt geschehen ist, nichts dazu benutzt, einen Skandal hervorzurufen, und daß sie mir vorher ihr Wort darauf gibt, Ihrem Glück nicht hinderlich zu sein. Das ist alles, was ich tun kann.«
    »Das darf unter keinen Umständen geschehen!« sagte sie, über das ganze Gesicht errötend. Schon der bloße Gedanke, daß Katerina Nikolajewna sie schonen würde, versetzte sie in Entrüstung.
    »Ich ändere meinen Entschluß nicht, Anna Andrejewna.«
    »Vielleicht werden Sie ihn doch ändern.«
    »Wenden Sie sich an Lambert!«
    »Arkadij Makarowitsch, Sie wissen nicht, welches Unglück aus Ihrem Eigensinn entstehen wird«, sagte sie finster und erbittert.
    »Ein Unglück wird geschehen, das ist sicher ... der Kopf ist mir ganz schwindlig. Ich habe nun mit Ihnen genug geredet: ich habe meinen Entschluß gefaßt, und damit ist die Sache erledigt. Ich bitte Sie nur dringend – bringen Sie Ihren Bruder nicht zu mir!«
    »Aber er möchte doch gerade alles wiedergutmachen ...«
    »Er braucht nichts wiedergutzumachen! Ich habe kein Verlangen danach, ich will es nicht, ich will es nicht!« rief ich und griff dabei nach meinem Kopf. (Oh, vielleicht behandelte ich sie damals gar zu sehr von oben herab!) »Aber sagen Sie mal: wo wird der Fürst denn heute die Nacht zubringen? Etwa hier?«
    »Er wird die Nacht hier zubringen, bei Ihnen, mit Ihnen zusammen.«
    »Noch heute abend ziehe ich in eine andere Wohnung.«
    Und nach diesen schonungslosen Worten ergriff ich meine Mütze und begann mir den Pelz anzuziehen. Anna Andrejewna beobachtete mich in finsterem Schweigen. Sie tat mir leid, oh, sie tat mir leid, dieses stolze Mädchen! Aber ich lief aus der Wohnung, ohne ihr auch nur mit einem Wort Hoffnung gemacht zu haben.

IV
     
    Ich will versuchen, mich kurz zu fassen. Der Entschluß, den ich gefaßt hatte, war unabänderlich, und ich begab mich geradeswegs zu Tatjana Pawlowna. Ach, viel Unglück wäre ungeschehen geblieben, wenn ich sie damals zu Hause angetroffen hätte, aber als wenn eine Absicht dahintersteckte, verfolgte mich an diesem Tage ein besonderes Mißgeschick. Ich ging natürlich auch zu Mama, erstens, um mich nach dem Befinden der Armen zu erkundigen, und zweitens, weil ich fast mit Sicherheit darauf rechnete, Tatjana Pawlowna dort zu finden; aber auch dort war sie nicht, sie war soeben weggegangen; Mama aber war krank, und es war nur Lisa bei ihr geblieben. Lisa bat mich, nicht hineinzugehen und Mama nicht zu wecken: »Sie hat die ganze Nacht nicht geschlafen«, sagte sie, »und hat sich mit traurigen Gedanken gequält; Gott sei Dank, daß sie wenigstens jetzt eingeschlafen ist.« Ich umarmte Lisa und sagte ihr nur mit zwei Worten, ich hätte einen gewaltigen, verhängnisvollen Entschluß gefaßt und würde ihn demnächst ausführen. Sie hörte das ohne besondere Verwunderung an, als wäre es die alltäglichste Mitteilung. Oh, sie alle waren damals an meine fortwährenden »definitiven Entschlüsse« und an deren darauffolgende kleinmütige Aufhebung gewöhnt. Aber jetzt, jetzt war das eine andere Sache! Ich ging nach der Kneipe am Kanal und saß dort eine Weile, um Zeit vergehen zu lassen und dann Tatjana Pawlowna mit Sicherheit zu Hause anzutreffen. Ich will übrigens erklären, warum ich diese auf einmal so

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