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Der Junge aus dem Meer - Roman

Der Junge aus dem Meer - Roman

Titel: Der Junge aus dem Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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möchte Tarte und Tee?«, fragte Mom. Ihre Stimme klang schrill. Sie hielt das Backblech in ihren behandschuhten Händen und schwankte in ihren Pumps hin und her, während ihr Gesicht langsam immer mehr rosa wurde. Mit einem dümmlichen Grinsen blickte sie mich an.
    Ich wünschte, der Alte Seemann wäre mit einer geheimen Falltür ausgestattet gewesen, durch die ich hätte fallen können.
    Mr. Illingworth langte nach dem Krug mit Eistee. »Lasst uns doch alles nach draußen auf die Terrasse bringen. Es ist zwar bewölkt, aber so schnell gibt es sicher keinen Regen.«
    Erschrocken wich ich gegen die Arbeitsplatte zurück. Die Golf-Anekdoten waren eine Sache, aber der Gedanke, dass Mr. Illingworth nun auf der Terrasse weitere Komplimente und viel zu detaillierte Bemerkungen von sich geben könnte, ließ mich schaudern. Was immer Mom gestern auch gesagt hatte, für T. J.s Dad, so schien es, war ihr gegenseitiges Umwerben einst eine große Sache gewesen.
    Dann sprach T. J. Mein unerwarteter Retter.
    »Daddy, was hast du da eben über ein Gemälde gesagt?«, fragte er. »Gibt es hier so etwas wie Vertreter der Schönen Künste?«
    »Der schönsten«, entgegnete Mr. Illingworth und hob den Krug vom Tisch. »Ich meine, Roger St. Claire hat das Bild von Isadora gemalt, das im Arbeitszimmer hängt, nicht wahr?« Mom nickte, und Mr. Illingworth sagte an mich gewandt: »St. Claire ist einer der bekanntesten Porträtisten im gesamten Süden.«
    »Ah, Miranda!«, zwitscherte Mom. Ihre Stimme klang noch immer seltsam. »Ich weiß! Warum zeigst du T. J. nichtdas Porträt im Arbeitszimmer? Und natürlich auch das Bild vom Seemann. Das wäre doch nett, oder?« Sie schielte zu Mr. Illingworth, der sie verständig anlächelte. Mein Herz fing an zu pochen. Nahm Mom etwa Unterricht bei CeeCee?
    »Klingt wunderbar«, sagte T. J. mit warmer Stimme und drehte sich zu mir.
    »Okay, ihr geht schön los, und wir heben euch was von der Tarte auf«, sagte Mr. Illingworth, scheuchte uns zur Küchentür und winkte T. J. zu. »Viel Vergnügen.«
    »Wollen wir?«, fragte T. J. und bot mir seinen Arm an.
    Ich zögerte. Mich bei T. J. einzuhaken schien ein großer Schritt zu sein, fast wie irgendeine Verpflichtung. Greg und ich hatten uns kaum jemals an den Händen gehalten – was rückblickend wahrscheinlich ein Warnzeichen hätte sein sollen. Dennoch gab es etwas Aufregendes daran, diese altmodische Pose mit einem Jungen wie T. J. Illingworth einzunehmen. Mom blickte dabei so anspornend zu mir herüber, dass ich irgendwie das Gefühl hatte, sie nicht im Stich lassen zu können.
    Tief Luft holend schlang ich meine Hand um T. J.s Ellbogen, gemeinsam verließen wir die Küche und ließen Mom und Mr. Illingworth zurück.

KAPITEL 8
Küsse
    D u bist eine tolle Gastgeberin«, sagte T. J., als wir auf das Gemälde des Seemanns zugingen. Meine feuchte Hand lag immer noch auf seinem Arm und ich fragte mich, wann es wohl passend wäre, ihn loszulassen. Durch seinen Hemdärmel konnte ich eine Andeutung von T. J.s Muskeln spüren, was mich an Leo denken ließ, wodurch wiederum meine Kniekehlen plötzlich warm wurden.
    »Ähm, vielen Dank«, erwiderte ich, während sich meine Lippen angesichts T. J.s ausgesprochen höflicher Ausdrucksweise kräuselten. »So viel hab ich gar nicht getan«, fügte ich hinzu, als wir an der Treppe vorbeikamen.
    »Eine gute Gastgeberin kümmert sich um das Wohlbefinden ihrer Gäste«, sagte T. J. Es klang, als zitierte er aus einem Ratgeber für gutes Benehmen. »Ich fühle mich hier wirklich … sehr zu Hause«, fuhr er fort und machte eine ausladende Bewegung durch die mit Staubpartikeln erfüllte Luft.
    T. J. wirkte so, als ob er zum Inventar des Alten Seemanns gehörte, fand ich, als ich seine steife Pose, die noble Neigung seines Profils betrachtete. Es bedurfte keiner großen Anstrengung, sich ihn als den jungen Herrn eines großen Südstaaten-Besitzes vorzustellen.
    Zu dumm, dass die Dame an seinem Arm Caprihosen und ein T-Shirt trug.
    »Hier ist der Seemann«, sagte ich, als wir in den schmalen Flur gekommen waren, in dem ich mich neulich nachts so erschreckt hatte. Ich nutzte die Gelegenheit, meine Hand ganz beiläufig von T. J.s Arm zu nehmen und auf das Gemälde zu zeigen. Im grauen Nachmittagslicht, das durch die Vorderfenster hereinkam, sah der alte Matrose nicht weniger gespenstisch aus.
    Mit abschätzendem Gesichtsausdruck ließ T. J. seinen Blick über das Gemälde wandern. »Exzellentes Handwerk«, erklärte er.

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