Der Junge aus dem Meer - Roman
Jacqueline, die auf Macons Schoß saß. »Du solltest doch wissen, dass nicht jeder Champagner trinkt.«
»Zu schade«, erwiderte T. J. grinsend. Mit einem filmreifen ›Plop!‹
–
Wenn sich nur Isadoras Koffer so leicht öffnen ließe,
dachte ich wehmütig – entkorkte er geschickt die Flasche, aus deren Hals Schaum emporstieg. Alle außer mir jubelten wieder auf, und Virginia verteilte gekühlte Champagnergläser aus ihrem Picknickkorb.
»Immer noch sehr geschickte Hände, wie ich sehe«, sagte sie zu T. J., sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue schräg an und blickte danach unverblümt in meine Richtung.
Ich wurde rot und schaute auf die spiegelgleiche Wasseroberfläche. Für einen Moment glaubte ich, ein goldenes Glitzern unter den blauschwarzen Wellen zu erkennen.
»Für Sie, meine Dame«, sagte T. J. grinsend und reichte mir ein bis zum Rand gefülltes Glas. Virginia und Lyndon verteilten den Rest auf die anderen Gläser, und Jacqueline und Macon waren damit beschäftigt, Hummerröllchen aus dem Korb zu holen und sie herumzureichen.
»Danke«, erwiderte ich. T. J. stieß sein Glas gegen meins und kippte seinen Drink hinunter. Ich war mir nicht sicher, ob Alkoholtrinken abends auf einem Boot so eine gute Idee war, doch da ich nicht allzu schulmeisterlich klingen wollte, behielt ich den Gedanken für mich. Vorsichtig sah ich zu, wie Rick einen riesigen Schluck Champagner nahm, und dann so tat, als würde er mit verbundenen Augen über die Schiffsplanke ins Wasser getrieben werden.
»Noch fünf Minuten bis zur Show!«, rief jemand voneinem der Boote neben uns. Über mir stieß eine Seemöwe einen Schrei aus. Irgendwer in einem anderen Boot lachte lauthals.
Ich beschloss, dass ich mich der vorherrschenden Stimmung genauso gut hingeben könnte, und trank vorsichtig einen Schluck von dem Schampus. Er kitzelte in meiner Kehle und war herber, als ich erwartet hatte. Ich hielt gerade nach einem sicheren Plätzchen für mein Glas Ausschau, als mein Blick auf die orangefarbenen Rettungswesten fiel, die unter der gegenüberliegenden Bank verstaut lagen.
Ich tippte auf T. J.s Schulter. »Sollten wir nicht diese Dinger da tragen?«, fragte ich und entschied, auf den vermeintlich miesepetrigen Schulmeister zu pfeifen. Immerhin hatte T. J. neulich im Arbeitszimmer mehr oder weniger zugegeben, dass er durchaus ein braves Mädchen haben wollte. »Ich meine, laut Gesetz?«, fügte ich hinzu.
»Hmm?« T. J. sah mich an, während er gerade in ein Hummerröllchen biss. An seinem Mundwinkel klebte Mayonnaise.
»Wie, sollen wir etwa unsere Kleider ruinieren?«, warf Virginia ein und glättete die Falten ihres Kleids. »
Du
kannst ja meinetwegen eine anziehen, Miranda.«
»Ach, wir brauchen keine Rettungswesten«, sagte T. J. zu mir. Die Mayonnaise war immer noch da. »Heute Nacht wird die Wasserpolizei bestimmt
niemanden
hochnehmen. Außerdem ist es hier noch gar nicht so tief.«
»Es gibt hier allerdings Unterströmungen«, sagte Jacqueline und reichte mir ein Hummerröllchen. »Selbst wenn man nicht tief im Wasser ist – wenn du in so eine Strömung gerätst, bist du …«
»In ernsten Schwierigkeiten«, mischte sich Macon ein und nickte.
»Plant ihr gerade eine Meuterei oder so was?«, brüllte Bobby vom Ruder her, wo ihn CeeCee mit Hummerröllchen fütterte.
»Wenn man in so eine Strömung gerät, muss man parallel zum Ufer schwimmen.« T. J. zuckte mit den Schultern. Ich konnte meinen Blick nicht von der Mayonnaise abwenden. »Und nicht in Panik geraten.«
Jacqueline und Macon nickten zustimmend, lehnten sich zurück und begannen zu essen. Ich sah auf mein Hummerröllchen und stellte fest, dass ich keinen großen Appetit hatte. »Ich gerate nie in Panik«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Aber, äh, T. J.?«, sagte ich schließlich. »Du hast da was am Mund.«
Jetzt geriet T. J. in Panik. »Wirklich?«, keuchte er und tastete wild auf der falschen Seite seines Gesichts herum. »Hast du einen Spiegel?«
»Nein.« Ich wusste, dass es Mädchen gab, die überall einen Spiegel mit sich herumtrugen, doch dieser Gedanke war mir fremd. »Es ist gleich hier.« Ich richtete den Finger auf den Stein des Anstoßes, zögerte aber, T. J.s kräftigen Kiefer zu berühren. Ich wusste nicht, warum ich ihn nicht anfassen wollte. Schließlich hatten wir uns schon geküsst. Doch irgendwie schien es mir unnatürlich, ihn zu berühren.
»Ich hab einen Spiegel«, sagte Virginia und schaffte es tatsächlich, ihrer Äußerung
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