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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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wohl“, meinte Florian und knallte zweimal mit der Peitsche durch die Luft. „Mit dem Wetter habt ihr übrigens mehr Glück als Verstand. Seit zwei Wochen war keine Wolke mehr am Himmel.“
    „Wenn Engel reisen“, flötete Karlchen Kubatz.
    Immer häufiger kamen ihnen jetzt Feriengäste mit ihren Autos entgegen. Viele hatten nur Badehosen an und ließen ihre Handtücher aus den Fenstern flattern wie kleine Fahnen.
    „Ganz flotter Betrieb für eine stille Urlaubsinsel“, stellte Emil Langhans fest.
    „Das ist, weil sie um diese Zeit alle vom Strand zurückkommen“, erklärte der Junge in seinem zitronengelben Anorak. „Auf der Insel verteilt sich das, und so richtigen Rummel gibt’s eigentlich nur in den größeren Orten wie Kämpen, Keitum und natürlich in Westerland.“
    „Und bei euch in Rantum?“ fragte Fritz Treutlein.
    „Die Ruhe bei uns ist fast schon polizeiwidrig“, lachte Florian.
    „Genau das Richtige für uns“, bemerkte der dickliche Sputnik. „Wir sind geistige Schwerarbeiter und müssen uns erholen.“

Ferien sind eine verflixt schwierige Angelegenheit

    Das erste, was sie von Rantum sahen, waren ein Dutzend Kühe und eine Herde Schafe, die am Watt ihr Gras suchten.
    Dann kamen sie in den Ort selbst. Die Häuser waren weiß getüncht oder aus roten Backsteinen und hatten ihre mit Inselschilf gedeckten Dächer gegen Wind und Sturm tief über die Ohren gezogen. Manche versteckten sich in den grünen Mulden, andere standen wie kleine Burgen auf den Hügeln. Und eigentlich nur um die Post herum und beim „Café Rundblick“ gab es ein Stück Betonstraße mit ein paar Geschäften und die Polizeiwache. Vom Strand herauf hörte man die Brandung. Kurz vor dem Ende des Dorfes ging es von der Hauptstraße herunter und direkt in die Hügel hinein. Die Pferde versanken bis weit über die Hufe im Sand, und die Glorreichen Sieben waren vom Wagen gesprungen und halfen jetzt schieben.
    „Das sind also die erwarteten Feriengäste“, rief in diesem Augenblick ein älterer Mann, der gerade bei einem der Häuser von seinem Fahrrad kletterte. Er hatte schneeweißes Haar und war dabei schlank wie einer, der jeden Tag ein paar Stunden Golf oder Tennis spielt.
    „Guten Abend, Professor Stoll“, grüßte Florian höflich. „Ja, das sind die sieben Helden aus Bad Rittershude.“
    „Es ist mir eine Ehre“, rief der Mann mit den schneeweißen Haaren zurück. „Ich denke, daß wir uns bald kennenlernen.“ Er zog noch einen schwungvollen Kreis mit seinem Strohhut durch die Luft und stapfte dann mit einer dicken schwarzen Aktentasche von seinem Fahrrad weg durch die Gartentür.
    „Er soll in Berlin ein enorm bekannter Chefarzt an einem großen Krankenhaus gewesen sein“, erklärte Florian mit halblauter Stimme, obgleich der hochgewachsene Mann mit den schlohweißen Haaren inzwischen in dem gegenüberliegenden Haus verschwunden war. „Aber von einem Tag auf den anderen hat er in Berlin alles im Stich gelassen, sitzt seitdem hier auf der Insel, hat eine Praxis aufgemacht und will nie wieder von hier weg. Anderen ist dasselbe passiert Inselkoller sagen wir zu so was.“ Er gab den Pferden jetzt die Leine länger, weil es wieder abwärts ging. „Übrigens kommt er jeden Mittwoch zu uns ins Haus Seestern und spielt mit eurer Großmutter Domino.“
    „Moment mal“, protestierte Karlchen Kubatz, der zusammen mit den anderen inzwischen wieder auf den Wagen kletterte. „Diese Großmutter ist vorerst noch mein ganz persönliches Privateigentum.“ Er schnappte nach Luft. „Mein Vater ist ihr leiblicher Sohn, und ich wiederum bin der leibliche Sohn meines Vaters. Das bedeutet nach Adam Riese daß sie...“
    „Kannst du dir alles schenken“, unterbrach ihn Florian mit seinen mehr als zweihundert Sommersprossen im Gesicht „Sie macht sowieso, was sie will. Ihr Dickkopf ist nämlich so einmalig, daß er eigentlich in ein Museum gehört.“
    Die Großmutter, deren Dickkopf nach Florians Meinung also eigentlich in ein Museum gehörte, erwartete ihre Gäste wie der Empfangschef eines Hotels auf der Treppe. Das heißt, um es ganz genau zu sagen: Sie trat zusammen mit Herrn Kubatz im selben Augenblick aus der Tür, als der Pferdewagen mit den Besuchern aus Bad Rittershude in den Hof fuhr. Sie wirkte so zerbrechlich wie eine Porzellanpuppe, und ihr Haar war so weiß wie das von Professor Stoll mit dem Inselkoller.
    Sie hatte ein helles Kleid an mit lauter hellen Kornblumen darauf, und auf ihrem Arm saß ein

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