Der Junge aus dem Meer
die sie irgendwo gefunden oder gerettet hat.“
Und das wurde den Glorreichen Sieben dann auch umgehend bestätigt.
Als sie nämlich kurz darauf ins Erdgeschoß hinunterkletterten, stolperte Hans Pigge im halbdunklen Flur bereits über eine Schildkröte. Er drehte sie wieder um, weil sie bei dem Zusammenstoß auf den Rücken gefallen war, und entschuldigte sich: „Soll nie wieder Vorkommen.“
Der Raum, in dem sie zum Abendessen erwartet wurden, war gleichzeitig Wohnzimmer und Küche. Als sie die Tür aufmachten, sprangen zwei weiße Katzen zur Seite, und ein Rauhhaardackel kläffte von der Fensterbank herüber.
„Guten Abend allerseits“, sagten die Glorreichen Sieben, wobei Emil Langhans schnell den Kopf einziehen mußte, weil er sonst an die Deckenbalken gestoßen wäre.
„Auf die Minute pünktlich“, stellte Großmutter Kubatz befriedigt fest. „Es kann gleich losgehen.“ Sie stand zusammen mit Fräulein Emma Zobelmann am Herd, und beide waren damit beschäftigt, einen Berg Eierkuchen zu fabrizieren.
Vor der Hintertür standen die beiden Pferde Peter und Paul. Da sie nicht ganz herein konnten, begnügten sie sich damit, wenigstens ihre Köpfe ins Zimmer zu stecken.
„Guten Abend“, sagten die Glorreichen Sieben noch einmal, und Großmutter Kubatz bemerkte: „Ihr dürft eine alte Frau nicht so erschrecken. Man kann euch ja kaum wiedererkennen.“
Und tatsächlich wirkten die sieben Jungen wie verwandelt. Sie hatten frische Hemden aus ihren Koffern geholt, und ihre Haare waren so fabelhaft gekämmt, als hätten sie alle noch ganz schnell ihre Köpfe beim Friseurgeschäft Treutlein vorbeigebracht.
„Bitte Platz zu nehmen“, sagte Chefredakteur Kubatz. Er saß bereits neben seiner Frau an einem großen Tisch, der für alle gedeckt war.
„Wir sind so frei“, erwiderten die Glorreichen Sieben und setzten sich. Dabei blickten ihnen die Pferde namens Peter und Paul neugierig zu, während der Rauhhaardackel zutraulich näher kam und damit anfing, einem nach dem anderen an den Schuhen herumzuschnuppern.
„Im Geräteschuppen halten wir noch zwei Schafe“, bemerkte Fräulein Emma Zobelmann. „Und irgendwo im Haus müssen sich noch ein Igel und eine Schildkröte herumtreiben.“
„Der Schildkröte habe ich bereits meine Aufwartung gemacht“, meinte Hans Pigge und lächelte höflich.
„Einmal habe ich sogar einen Schimpansen gehabt“, erzählte Großmutter Kubatz, als sie jetzt die angewärmten Teller verteilte. „Aber als er damit anfing, mir laufend den Eisschrank leerzufressen , hab’ ich ihn leider nach Hamburg in den Zoo geben müssen.“
Als es später vor den Fenstern dunkel wurde und Florian die Pferde in ihren Stall gebracht hatte, telefonierte Chefredakteur Kubatz noch kurz mit seiner Redaktion in Bad Rittershude. „Auf Malta ist ein Gaskessel explodiert, und der Schah von Persien hat sich bei einer Moskaureise den Schnupfen geholt“, gab er bekannt, nachdem er den Hörer aufgelegt hatte.
„Ein bißchen spärlich für eine Zeitung“, bemerkte Gustchen. Und beinahe im gleichen Atemzug sagte sie: „Du bist dran.“ Sie spielte nämlich mit Frau Kubatz bereits die zweite Partie Domino.
Der Chefredakteur warf jetzt noch zwei neue Holzstücke ins offene Kaminfeuer, und dann blickte er sich um.
Die Glorreichen Sieben hatten sich inzwischen rundherum in die Sessel und auf das Sofa verteilt — bis auf Fritz Treutlein und den kleinen Sputnik, die im Hintergrund Fräulein Zobelmann beim Geschirrabwaschen behilflich waren. Der Wellensittich saß zur Abwechslung einmal auf der linken Schulter von Florian, während sich der Rauhhaardackel inzwischen für Paul Nachtigall entschieden hatte. Er lag eingerollt zwischen seinen Füßen und schien zu schlafen. Er hieß übrigens „Professor“, weil er ein Gesicht wie Einstein hatte.
Im offenen Kamin tanzten die Flammen um die Holzscheite herum. Manchmal platzte die Glut auseinander und ließ ihre Funken wie Wunderkerzen auseinanderhüpfen.
„Brecht euch bloß keine Verzierung ab“, sagte Großmutter Kubatz schließlich in die Stille. „Die Abende bei uns sind nicht besonders aufregend, da müßt ihr euch schon gefälligst selbst was einfallen lassen.“
„Ferien sind überhaupt eine verflixt schwierige Angelegenheit“, bemerkte der Chefredakteur der Bad Rittershuder Nachrichten. „Man darf sie keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. Alles im Leben will organisiert sein.“
„Vorerst bin ich schon ganz zufrieden, wenn ich
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