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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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eines einfällt.“ Er machte eine tiefe Verbeugung, so, als hätte ihm die englische Königin gerade den Hosenbandorden verliehen. Danach schlenderte er pfeifenrauchend über den Hof zu seiner privaten Oase hinüber.
    Aber schon eine halbe Stunde später klingelte dort das Telefon. Herr Kubatz war natürlich der Meinung, daß die Redaktion der Bad Rittershuder Nachrichten am anderen Ende sei. Aber es war nur sein Sohn Karlchen, der den Hausapparat ausprobieren wollte.
    „Hier Kubatz“, meldete sich der Chefredakteur.
    „Gleichfalls“, erwiderte Karlchen. „Hier spricht Haus Seestern.“
    „Habe ich vorhin nicht deutlich genug gesagt, daß...“
    „Zugegeben, es handelt sich nicht grade um den Weltuntergang“, entschuldigte sich Karlchen. „Aber weil wir bis zum Abendessen noch eine ganze Stunde Zeit haben, wollten wir noch kurz dem Meer guten Tag sagen. Kommst du mit, oder dichtest du schon?“
    „Söhne sollen sich über ihre Väter nicht lustig machen“, bemerkte Herr Kubatz und fügte dann hinzu: „Selbstverständlich komme ich.“
    Kurz darauf liefen sie alle zusammen in ihren Badehosen hinter Florian her durch die Dünen. Am Strand waren die Burgen und die Körbe schon leer. Nur einzelne Feriengäste lagen noch im Sand oder blickten aufs Meer hinaus. Möwen segelten durch den wolkenlosen Himmel, und die Sonne war schon dabei, hinter dem Horizont zu verschwinden. Eine ganze Weile blieben sie stehen und sagten kein Wort. Bis dann der sommersprossige Florian verwundert fragte: „Was ist denn auf einmal los mit euch?“ Für ihn war das ja nichts Neues. Er kannte sich hier am Strand aus wie in seiner Hosentasche, und das Meer war für ihn so selbstverständlich wie morgens das Zähneputzen.
    Er blieb also nicht länger stehen, sondern rannte los. Und das war das Zeichen für die anderen. Sie liefen hinter ihm her, stürzten sich kopfüber in die Brandung und ließen sich von den Wellen massieren.
    Als sie dann, ihre Handtücher über den Schultern und mit nassen Haaren, wieder durch die Dünen kletterten, hörten sie von irgendwoher Sirenen aufheulen.
    „Bedeutet das vielleicht Sturmwarnung?“ fragte Emil Langhans.
    „Ist doch weit und breit keine Wolke am Himmel“, bemerkte Manuel Kohl.
    „Könnte trotzdem sein“, erklärte Florian. „Das Wetter springt hier manchmal um, bevor man sich umguckt. Aber diese Sirenen töne haben einen anderen Grund.“
    Und nun erzählte der Junge mit den ausgebleichten Haaren und den hellblauen Augen von rätselhaften Bränden, die jetzt schon seit etwa zwei Monaten die Insel in Aufregung hielten. Immer wieder brannten ganze Gehöfte ab und Häuser. Mal im Süden, mal im Norden. Überall. Und immer mitten in der Nacht.
    „Man spricht von Brandstiftung und von einem Feuerteufel“, meinte Florian schließlich. „Seitdem spielt die Feuerwehr verrückt und rückt immer wieder zu Alarmübungen aus. Deshalb auch vorhin die Sirenen.“
    „Und wann war der letzte Brand?“ fragte Herr Kubatz.
    „Vor einer Woche“, antwortete Florian. „Ein altes Bauernhaus in Osterende. Das ist im Osten der Insel bei Morsum .“
    „Ein Feuerteufel, was ist das eigentlich?“ wollte der kleine Sputnik wissen.
    „Es gibt Menschen, die sind ganz wild darauf, Feuer und Flammen zu sehen“, versuchte Herr Kubatz zu erklären. „Sie zünden diese Häuser an und beobachten dann aus einem Versteck heraus, wie es brennt.“
    „So einer hat doch nicht alle Tassen im Schrank“, entrüstete sich Fritz Treutlein.
    „Jedenfalls sind es Menschen, die auf irgendeine Art krank sein müssen, das stimmt schon“, gab Herr Kubatz zu. „Aber das ändert nichts daran, daß sie gefährlich sind.“
    „Reden wir von was anderem“, schlug Paul Nachtigall vor. „Die Sonne geht gerade so schön unter.“
    Sie blieben stehen und blickten zum Meer hinab. Anschließend ging es im Trab die Dünen hinauf. Von einer Minute zur anderen war es nämlich kühl geworden.
    Herr Kubatz verschwand in seiner Blockhütte, und die Glorreichen Sieben verteilten sich auf ihre Zimmer im Haus Seestern. Die hatten je nach Größe zwei oder drei Betten und schräge Wände, weil sie dicht unter dem strohgedeckten Dach lagen. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte Großmutter Kubatz noch an Feriengäste vermietet. Aber das war ihr inzwischen zuviel geworden, und sie machte nur noch selten Ausnahmen.
    „Jetzt sucht sie sich ihre Leute mit der Lupe aus“, erklärte Karlchen. „Dafür hält sie sich immer mehr Tiere,

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