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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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der Kommissar, verabschiedete sich von allen und zwängte sich daraufhin wieder in sein Polizeiauto. Herr Lüders saß bereits hinter dem Steuer und wollte gerade losfahren, da rief Herr Michelsen: „Moment noch!“ Er kurbelte sein Seitenfenster herunter, holte ein Notizbuch heraus und fragte Paul Nachtigall nach seinem Namen und seiner Adresse. Er schrieb sich alles genau auf. „Wegen der Medaille“, sagte er lächelnd. „Hätte ich beinahe vergessen.“
    Kaum war der Streifenwagen hinter der Mulde verschwunden, griff Professor Stoll nach seinem Strohhut. „Höchste Eisenbahn, meine Patienten warten auf mich.“ Er sagte zu dem Rauhhaardackel noch „Auf Wiedersehen, Herr Kollege“ und zu den anderen: „Abends komme ich wieder auf einen Sprung vorbei.“
    „Auch mal endlich wieder zu einem Domino“, rief Gustchen hinter ihm her.
    „Ganz bestimmt“, antwortete der Professor.
    Der Streifenwagen mit den beiden Herren aus Westerland fuhr mittlerweile am Süderende vorbei.
    „Die Sache kann noch Staub aufwirbeln“, bemerkte der junge Kriminalassistent Lüders, als er gerade eine Gruppe Radfahrer überholte.
    „Und deshalb Fingerspitzengefühl“, erwiderte Herr Michelsen. „Jetzt um Himmels willen nichts überstürzen und keine schlafenden Hunde wecken. Ich kann es nur wiederholen: Fingerspitzengefühl ist jetzt die Hauptsache.“ Er steckte schon wieder einmal eine Zigarre an.
    Hätte er geahnt, daß genau in diesem Augenblick eine Turboprop der GENERAL AIR aus Sylt mit Chefredakteur Kubatz an Bord auf dem Hamburger Flugplatz zur Landung ansetzte, wäre er bestimmt sehr verwundert gewesen. Hätte er aber außerdem gewußt, daß dieser Herr Kubatz einen Film mit ganz gewissen Fotos in der Tasche hatte, würde er vermutlich explodiert sein.
    So aber sagte er in aller Seelenruhe zu seinem Assistenten mit dem sandfarbenen Cordanzug: „Übrigens, die Fingerabdrücke sofort vergleichen mit denen, die wir von dem Feuerteufel gefunden haben.“ Er blickte eine Weile durch die Windschutzscheibe. „Und dieses Messer“, überlegte er halblaut. „Weshalb hatte er ein Messer am Gürtel? Das ist doch zumindest ungewöhnlich.“
    „Also doch noch Zweifel, Chef?“
    „Zweifel gibt es immer“, erwiderte Kommissar Michelsen. „Die schlafen erst ein, wenn ein Fall endgültig geklärt ist. Und so muß es auch sein.“ Er nahm wieder einen Zug aus seiner Zigarre. „Und jetzt schalten Sie endlich unser Blaulicht und die Sirene ein. Es ist ja nicht zum Aushalten, wie wir durch die Gegend schleichen.“
    Tatsächlich blockierten die Badegäste mit ihren Autos die Straße wie eine Kuhherde, die sich langweilt.
    Sie hatten es ja nicht eilig.

So nebenbei per Flugzeug nach Hamburg

    Der Chefredakteur der Bad Rittershuder Nachrichten ließ sich vom Flughafen direkt zur ZENTRALEN PRESSEAGENTUR bringen.
    „Drücken Sie auf die Tube“, meinte Herr Kubatz. „Die Maschine fliegt in drei Stunden zurück und wartet nicht.“
    „Wir haben Geschwindigkeitsbegrenzung, falls Sie das nicht wissen sollten“, entgegnete der Taxifahrer. „Und die Hamburger Polizisten sind leider keine Spaßvögel.“ Es war ein älterer Mann, und er hatte sein Auto eingerichtet wie eine gemütliche Wohnstube. Mit einem Sofakissen im Rücken, künstlichen Blumen und Familienfoto am Schaltbrett. „Sie sind aber nicht zum erstenmal bei uns an der Alster?“ fragte er jetzt.
    „Ich hab’ hier mal als blutjunger Redakteur angefangen“, erwiderte Herr Kubatz.
    „Also von der Zeitung“, meinte der Taxifahrer. „Kein Wunder, daß Sie keine Zeit haben.“ Er gab jetzt doch etwas mehr Gas, als es eigentlich erlaubt war.
    Am Klosterstern erinnerte sich der Hauptschriftleiter, wie er seinerzeit zum erstenmal in der Druckerei die riesigen Rotationsmaschinen angestaunt hatte. Und in der Gegend beim Rathausmarkt fiel ihm sein erster Artikel ein. Er sollte damals über die Eröffnung eines neuen Kinderheimes berichten. Von den zehn Schreibmaschinenseiten, die er dann stolz in der Redaktion abgeliefert hatte, waren schließlich ganze vier Zeilen übriggeblieben und im Lokalteil abgedruckt worden. „Wie lange ist das jetzt schon her?“ überlegte er gerade, als das Taxi vor einem modernen Hochhaus zum Portal rollte.
    „Man wird nicht jünger“, meinte Herr Kubatz, als er bezahlte.
    „Wem sagen Sie das?“ lachte der Taxifahrer, während er das Wechselgeld herausgab.
    Die Direktion hatte ihre Büros im zwölften Stock. Im chromblitzenden Lift spielte

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