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Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Unterricht gab.
    Bleiben noch die Nummern sechs und sieben.
    Emil Langhans war der längste, und dabei dürr wie eine Bohnenstange. Er ha’ e, wie wir schon wissen, eine schwarze Hornbrille auf der Nase, ziemlich langes Haar und steckte immer noch mitten im Stimmbruch.
    Schließlich noch Otto Hugendubel, der nicht viel größer als Karlchen Kubatz war, aber leider ein wenig dick. Seinen Spitznamen „Sputnik“ hatte er sich eingehandelt, weil er reinweg auf alles verrückt war, was irgendwie mit Raketen und Mondlandungen zu tun hatte.
    Seinem Vater gehörte die Schokoladenfabrik am Güterbahnhof, und der hatte seinerzeit die Belohnung von tausend Mark ausgesetzt, die dann überhaupt...
    Aber alles schön der Reihe nach.

    Fangen wir also mit dem Geburtstag von Bad Rittershude an. Vor ein paar Wochen wurde die Stadt genau eintausend Jahre alt.
    „Das wird gefeiert, daß die Heide wackelt“, beschloß der Gemeinderat in einer Sondersitzung.
    Und es geschah dann auch.
    Man sparte nicht mit nagelneuen Fahnen in den Stadtfarben marineblau und zitronengelb, Girlanden wurden über die Straßen gespannt, und Spruchbänder erinnerten überall an das bedeutungsvolle Ereignis. Auf einer Freilichtbühne im Kurpark wurden „Die Räuber“ einstudiert, Umzüge und Sportfeste fanden statt, ein gewaltiges Feuerwerk wurde abgebrannt, und zu allem spielten die Musikkapellen der Feuerwehr oder des Schützenvereins.
    Ganz Bad Rittershude war tagelang aus dem Häuschen.
    Übrigens hatte die Stadt zu Ehren ihres tausendjährigen Bestehens auch einen Kunstwettbewerb ausgeschrieben. Und nur dieser Kunstwettbewerb interessiert uns im Augenblick. An ihm beteiligten sich Maler, Bildhauer und Graphiker aus allen nur möglichen Himmelsrichtungen. Aber selbstverständlich wollten auch die Künstler von Bad Rittershude dabei sein, und so bewarb sich der dicke Südamerikaner Ambrosi mit einer Plastik und der ältere Bruder von Paul Nachtigall mit einer Bronzebüste, für die Corny Treutlein oft und geduldig Modell gesessen hatte. Über den Sieger sollten die Bürger von Bad Rittershude selbst abstimmen. In Bad Rittershude hielt man viel von Demokratie und wenig von einem Preisrichterkollegium aus irgendwelchen Fachleuten.
    Weshalb die Glorreichen Sieben — und eigentlich auch alle übrigen Kinder — ausgerechnet den dicken Salvatore Ambrosi nicht gerade in ihr Herz geschlossen hatten, das hatte eine ganze Reihe von Gründen und ist eine Geschichte für sich.
    Jedenfalls kam es in Bad Rittershude zu einem regelrechten Wahlkampf, der die Bürger, die Polizei und nicht zuletzt auch Chefredakteur Kubatz ganz schön in Schwung brachte.
    Sämtliche Schulen schlossen sich unter der Führung der Glorreichen Sieben zusammen und ließen sich jeden Tag etwas Neues einfallen, um möglichst viele Stimmen für die „5“ zu gewinnen. Unter dieser Nummer war nämlich die Bronzebüste von Oliver Nachtigall in den Wettbewerb gegangen. Dagegen hatte Salvatore Ambrosi für seine Plastik die Nummer „22“ gezogen.
    Und am Ende lagen eigentlich nur noch diese beiden im Rennen. „5“ oder „22“ war die Parole.
    Und dann passierte die Katastrophe.
    Als es zur feierlichen Abstimmung kommen sollte, kam sogar das Fernsehen angereist, baute Kameras auf und knipste Scheinwerfer ein. Das Stadtorchester spielte zuerst Beethoven und dann einen dreifachen Tusch. Beim dritten fiel dann ein riesiger Vorhang aus weißem Nessel, der quer durch den ganzen Rathaussaal gespannt war und hinter dem die eingereichten Kunstwerke bisher versteckt gewesen waren.
    Alle Anwesenden klatschten in die Hände und riefen bravo.
    Es war wirklich ein erhebender Augenblick. Bis auf einmal Fritz Treutlein von der Galerie herunter in den Rathaussaal hineinbrüllte: „Die Nummer 5 ist geklaut.“ Und tatsächlich war einer der Gipssockel so leer, wie es nur geht.
    Und schon eine halbe Minute später stand fest, daß die Bronzebüste mit dem Gesicht der hübschen Corny Treutlein tatsächlich verschwunden war.
    Polizeimeister Kalender gab natürlich sofort Großalarm und ließ den Tatort hermetisch absperren. Später kam aus Berlin noch ein wahnsinnig berühmter Detektiv namens Krause angereist, und die „Bad Rittershuder Nachrichten“ berichteten täglich auf der ersten Seite über den Stand der Nachforschungen.
    Aber es half alles nichts. Die Büste mit der Nummer „5“ hatte sich offenbar in Luft aufgelöst.
    Wie es den Glorreichen Sieben schließlich gelungen ist, das verschwundene

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