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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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meine Schritte vom dicken Teppich gedämpft. Die Schlafzimmertür stand offen, und im Vorbeigehen sah ich ein ordentlich gemachtes Himmelbett.
    Wieder klingelte es, und von oben hörte ich, wie Mrs Underhill vor sich hin murmelte: »Immer mit der Ruhe.«
    Dann hörte ich, wie sie sagte: »Tut mir leid, Donald, aber ich habe gerade Besuch«, bevor ich die Tür hinter mir schloss.
    Das Bad war hellblau gefliest und voller Rüschen, und es duftete nach dem Bratapfel-Potpourri, das in einer Schaleauf dem Fensterbrett stand. Ich hatte das Gefühl, ich musste ewig pinkeln – was seltsam war, denn seit dem Kaffee am Morgen hatte ich nur ein Glas Wasser getrunken –, und dann überlegte ich, wie ich mir am besten die Hände wusch, ohne die perfekt gefalteten kleinen Handtücher oder die blumenförmigen Gästeseifen zu ruinieren, die in einem verschnörkelten Glaskrug neben dem Waschbecken lagen.
    Ich hielt die linke Hand unter warmes Wasser, dann wedelte ich damit herum.
    Sollte ich sie über dem Heizlüfter trocknen?
    In der Hoffnung auf warme Luft aus dem Gebläse trat ich an das schmale hohe Fenster und sah hinaus in den Garten hinter dem Haus.
    Auf der verschneiten Wiese war ein großes Dreieck aus Stiefelspuren zu sehen, die dunklen Ovale verblassten bereits im nachfallenden Schnee. Anscheinend war jemand vom Nachbarhaus zu der windschiefen Garage am Ende des Grundstücks gelaufen und dann direkt zu Mrs Underhills Tür.
    Die Garagentür war nicht geschlossen, und eine Windbö stieß sie weiter auf.
    Ich umklammerte das Fensterbrett, meine feuchten Knöchel wurden weiß. Bevor die Garagentür wieder zuschlug, hatte ich im Schneegestöber etwas Goldenes aufblitzen sehen: die Haube einer großen alten amerikanischen Limousine, deren vordere Stoßstange herabhing, der Kühlergrill verbeult. Das Dach des Wagens war aus weißem Vinyl.
    Ein Wiedererkennungsschmerz schoss durch meinen eingegipsten Arm.
    Keine Reifenspuren. Warum ging jemand in einem Schneesturm zur Garage, und was wollte er danach auf dieser Seite der Doppelhaushälfte?
    Ich beugte mich vor, presste die Stirn gegen die kalte Scheibe und versuchte, an der Hauswand hinunterzusehen.
    Das äußere Fensterbrett versperrte mir die Sicht, aber da lag etwas am Boden, dicht an der Hauswand: ein Stück buntes Kabel im weißen Schnee.
    Der Spülkasten hatte sich wieder gefüllt und der Schwimmer verschloss den Wasserzulauf. In dem gefliesten Raum wurde es still.
    Ich holte Luft, dann stieß ich mich leicht vom Fensterbrett ab und richtete mich auf. Ich achtete darauf, das Gewicht nicht zu schnell zu verlagern.
    Die Scheibe war von meinem Atem beschlagen, doch ich hatte genug gesehen.
    Der Typ mit den Stiefeln hatte die Telefonleitung durchgeschnitten.
    Und nach dem Gemurmel der Stimmen, das ich hörte, war er jetzt direkt unter mir, bei Mrs Underhill und Cate in der Küche.
    Ich schlich an der Badewanne vorbei zur Tür, das Gewicht auf den Ballen, um kein Geräusch zu machen.
    Nach einer gefühlten Stunde erreichte ich den Türknauf, dann wartete ich mit angehaltenem Atem ab, bevor ich ihn drehte.
    Ich versuchte, mich zu erinnern, wie viel vom oberen Stockwerk man vom Flur aus sehen konnte.
    Sieht er, wenn die Tür aufgeht?
    Nein, die erste Tür war Mrs Underhills Schlafzimmer. Das Badezimmer befand sich weiter rechts.
    Die Stimmen wurden etwas lauter.
    Er ist eindeutig in der Küche.
    Ich schob die Tür ein paar Zentimeter auf und betete, dass sie nicht quietschte.
    Das Gemurmel von unten wurde deutlicher.
    »Donald, ich habe dir gesagt, dass sonst niemand hier ist.« Mrs Underhill. »Miss Ludlam hat mich heimgefahren. Nachdem ich bei Angela war.«
    »Angela ist vor Gericht.« Die Stimme eines jungen Mannes. Ich kannte diese Stimme.
    Vielleicht solltest du lieber die Tür abschließen. Damit der böse Wolf nicht reinkommt.
    »Ja, das stimmt.« Wieder Mrs Underhill.
    Der Mann sagte: »Sie lassen dich da nicht rein. Nicht bevor du ausgesagt hast.«
    »Ich habe ihr Vitamine ins Gefängnis gebracht, damit sie sie heute Abend bekommt. Für das Baby.«
    Ich öffnete die Tür weiter und schlich in den Flur. Kurz vor der Treppe drückte ich mich an die Wand.
    »Ihr seid zu dritt reingekommen«, sagte Donald.
    Hatte sie die Namen der Nachbarjungs schon mal erwähnt? Trug er Stiefel?
    »Donald, du machst mir Angst«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Mein Herz …«
    »Wo ist die andere?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich brauche meine Pillen.«
    »Die mit

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