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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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bärtige Dame werden, die du je gesehen hast“, sagt sie.
    „Das meinst du doch nicht ernst, Nitascha.“
    „Gestern war es mir ernst damit.“
    „Aber heute nicht mehr.“
    „Nein. Heute ist es anders.“
    „Vielleicht“, sagt Stan, „können wir alle etwas Besonderes sein, wenn wir es uns vornehmen.“
    „Vielleicht“, sagt Nitascha. „Aber genauso wie du habe auch ich noch etwas zu erledigen. Am meisten wünsche ich mir, dass meine Mutter aus Sibirien nach Hause kommt.“
    „Vielleicht kommt sie ja.“
    „Vielleicht. Oh, guck mal!“ Nitascha deutet auf zwei Männer, die zum Wohnwagen kommen. Es sind Dostojewski und Pirelli mit einem Tisch, auf dem ein Frühstück angerichtet ist.
    „Toast, heiße Schokolade, Marmelade, Butter und frischer Orangensaft“, verkündet Pirelli.
    Alle setzen sich und essen. Die Sonne scheint auf sie herab. Das Essen ist köstlich. Nach einer Weile wendet sich Stan Dostojewski zu.
    „Herr Dostojewski“, sagt er. „Ich möchte weiter bei Ihnen arbeiten. Aber ich würde auch gerne versuchen mit den Piranhas zu schwimmen.“
    „Wirklich, mein Jung?“
    „Ja“, sagt Stan.
    Dostojewski schaut Stan in die Augen und sagt: „Vielleicht darf man dem Schicksal eines Menschen nicht im Weg stehen.“ Dann dreht er sich zu Pancho Pirelli um. „Werden Sie ihn gut ausbilden?“
    „Aber gewiss“, sagt Pancho.
    „Also gut“, sagt Dostojewski.

Vierunddreißig
    „Der Feind“, sagt Pirelli, „sind nicht die Piranhas. Der Feind ist deine Angst. Verstehst du das?“
    „Ich glaube schon, Herr Pirelli“, sagt Stan.
    Pancho Pirelli und Stan haben Dostojewski und Nitascha nach dem Frühstück mit der Entenbude allein gelassen. Sie stehen jetzt neben dem Piranha-Becken. Stans Ausbildung hat begonnen.
    „Gut!“, sagt Pirelli. „Du darfst keine Angst haben. Du musst todesmutig sein. Und du musst zu Stanley Potts werden!“
    „Aber ich bin Stanley Potts“, sagt Stan.
    „Du musst der Stanley Potts werden. Du musst der Stanley Potts der Mythen und Legenden werden. Verstehst du das?“
    Stan ist sich nicht sicher, ob er das versteht. Er schaut in das Becken. Die Piranhas schwimmen an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Er sieht ihre Zähne, sieht die miteinander verzahnten Kiefer, und er kann nicht anders: Er erschauert.
    „Ich war auch mal ein Junge“, sagt Pirelli. „Ich weiß noch, wie ich die Piranhas das erste Mal sah. Ich weiß noch, wie es war, als ich zum ersten Mal ins Becken stieg.“
    „Wo war das, Herr Pirelli?“
    Pancho schaut Stan an und in seine Augen tritt ein verträumter Ausdruck. „Im Land meiner Kindheit. In den fernen Regenwäldern von Venezuela und Brasilien. Als Kind wanderte ich am Ufer des Amazonas und des Orinoko entlang, wo es Affen und Schlangen und Vögel gibt, die so leuchtend sind wie die Sonne, und Frösche in Feuerfarben. Ich wurde von den geheimnisvollen Schamanen des Regenwaldes ausgebildet. Ich verbrachte Jahre in Meditation und innerer Einkehr.“ Er wirft Stan einen Seitenblick zu. „Du brauchst auch eine exotische Kindheit.“
    „Aber ich bin in der Fischzuchtgasse aufgewachsen“, sagt Stan, „bei Onkel Ernie und Tante Annie.“
    „Das ist nicht wichtig“, sagt Pirelli, „du musst eine neue Kindheit erfinden.“
    „Lügen erzählen, meinen Sie?“
    „Nein. Du musst … einen Mythos erschaffen. Komm mit. Ich will dir ein paar Dinge zeigen. Das wird dir helfen.“

    Er führt Stan um das Becken herum zu dem blauen Wohnmobil und winkt ihn hinein. Drinnen ist es ordentlich und sauber. An den Wänden hängen Bilder von exotischen Tieren in exotischen Dschungellandschaften, von schimmernden bunten Fischen und schimmernden bunten Vögeln. Es gibt Fotos von Pirelli vor dem Piranha-Becken mit Filmstars, Prinzessinnen und Politikern. Stan setzt sich auf einen Holzstuhl, während Pancho eine Schublade aufzieht und zwei Fotografien herausholt. Die erste zeigt einen hageren und ziemlich trübselig dreinblickenden Jungen in Shorts und einer grauen Schuluniform mit einem weißen Hemd und einer gestreiften Mütze.

    „Das bin ich, wie ich einmal war“, sagt Pirelli. Dann zeigt er Stan das andere Foto, auf dem ein barbrüstiger Junge in einer blauen Badehose und einem blauen Umhang zu sehen ist, der mutig durch die blaue Taucherbrille in die Kamera blickt.

    „Und das ist aus mir geworden.“
    „In Venezuela?“, fragt Stan.
    „Nein“, sagt Pirelli. „In Coalville.“
    „Coalville?“
    „Ja“, sagt Pirelli, „in der

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