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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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nicht! Die Burschen in Berlin waren wie eine Bande Halbstarker. Und bloß zu viert. Außerdem bin ich sicher, daß sie sich aus Angst verkrochen haben.«
    »Du verschweigst mir doch etwas.« Héloïse klang weder wütend noch vorwurfsvoll. Irgendetwas dazwischen.
    »Kann sein, aber das erzähl ich dir später.«
    »Das hast du schon mal gesagt, als es um…« Sie verstummte und senkte den Blick auf ihre Hände.
    Murchison? Meinte sie sein nach wie vor ungeklärtes Verschwinden? Ein Amerikaner, den Tom im Keller von Belle Ombre mit einer Weinflasche erschlagen hatte (ein guter Margaux, das wußte er noch). Nein, noch nie hatte er Héloïse erzählt, wie er Murchisons Leiche aus dem Haus geschleift hatte, nie hatte er ihr die Wahrheit über den großen, dunkelroten, hartnäckigen Fleck gesagt, der auf dem Zementboden ihres Kellers noch immer zu sehen war und nicht nur von Rotwein stammte. Er hatte lange an diesem Fleck herumgeschrubbt. »Na gut…« Tom zog sich langsam zur Tür zurück.
    Héloïse hob den Blick und sah ihn an.
    Er kniete neben dem Bett, nahm sie in Arme, so fest er konnte, und preßte das Gesicht in das Laken, das sie bedeckte.
    Sie strich ihm mit den Fingern übers Haar. »Ist diese Sache gefährlich? Wenn ja, wie? Kannst du mir das wenigstens sagen?«
    Tom wußte es selber nicht. »Ist gar nicht gefährlich.« Er stand auf. »Gute Nacht, chérie. «
    Draußen im Flur sah er, daß bei dem Jungen noch Licht brannte. Als er am Gästezimmer vorbeiging, öffnete Frank die Tür einen Spaltweit und winkte ihn herein. Tom trat ein, der Junge schloß die Tür. Er war im Pyjama, hatte das Bett schon aufgeschlagen, sich aber noch nicht hingelegt.
    »Ich glaube, ich war feige, unten im Wohnzimmer«, begann er. »Ist wohl die Art, wie ich Sachen sage. Finde nicht die richtigen Worte. Und fast hätte ich geheult, Herrgott noch mal!«
    »Na und? Was macht das schon.«
    Der Junge ging hin und her, betrachtete seine bloßen Füße auf dem Teppichboden. »Ich würde mich gern verlieren – weniger mich umbringen als mich verlieren. Wegen Teresa, glaub ich. Wenn ich mich nur einfach in Luft auflösen könnte, wie Wasserdampf, verstehen Sie?«
    »Dein Selbst verlieren, meinst du das? Was willst du verlieren?«
    »Alles. Einmal, mit Teresa, da dachte ich, daß ich meine Brieftasche verloren hätte.« Er lächelte unvermittelt. »Wir saßen mittags beim Essen in einem New Yorker Restaurant, und ich wollte zahlen und konnte die Brieftasche nicht finden. Mir war so, als hätte ich sie ein paar Minuten zuvor herausgeholt, zu früh allerdings, und dachte, sie wäre vielleicht vom Tisch gefallen. Ich sah darunter nach – wir saßen auf einer Bank oder so – und konnte sie nicht finden. Dann dachte ich, womöglich hätte ich sie zu Hause vergessen! Ich glaube, mit Teresa bin ich immer wie benommen. So ist das – ich könnte in Ohnmacht fallen. Wenn ich sie wiedersehe, ist es jedesmal, als bekäme ich kaum noch Luft.«
    Tom schloß mitfühlend die Augen, nur für einen Moment. »Du darfst bei einem Mädchen niemals nervös wirken, Frank. Selbst wenn du es bist.«
    »Ja, Sir. – An jenem Tag jedenfalls hat Teresa gesagt: ›Du hast sie bestimmt nicht verloren, sieh noch mal nach‹ – inzwischen half mir sogar der Kellner suchen, und Teresa sagte, sie würde zahlen, und als sie das tun wollte, fand sie das Ding in ihrer Handtasche, wohin ich es gesteckt hatte, weil ich’s doch zu früh herausgeholt hatte und so nervös war. So ging es mir immer mit Teresa: Erst fand ich alles furchtbar, dann ging es doch ganz gut.«
    Tom verstand ihn. Auch Freud hätte verstanden. War dieses Mädchen wirklich gut für den Jungen? Tom glaubte nicht.
    »Ich könnte Ihnen noch so eine Geschichte erzählen, aber ich will Sie nicht langweilen.«
    Worauf wollte er hinaus? Oder wollte er einfach nur über Teresa reden?
    »Tom, ich will wirklich alles verlieren. Ja, sogar mein Leben. Ist schwer für mich, das in Worte zu fassen. Vielleicht könnte ich das Teresa erklären oder wenigstens irgendwas sagen, aber jetzt will sie es nicht mal mehr wissen. Ich langweile sie.«
    Tom zog seine Zigaretten hervor und zündete sich eine an. Der Junge lebte in einer Traumwelt; er mußte in die Wirklichkeit gestoßen werden. »Bevor ich’s vergesse, Frank: dein Andrews-Paß. Darf ich?« Tom zeigte auf den Stuhl, über den Frank seine Jacke gehängt hatte.
    »Ja klar, da ist er.«
    Tom nahm den Paß aus der inneren Brusttasche. »Den schicke ich Reeves

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