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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Monsieur Pierson? Möchten Sie etwas über Frankreich sagen? Warum… haben Sie sich versteckt?«
    Groß und schwarz hing die Kamera um seinen Hals. Tom hatte Lust, sie zu packen und an seinem Schädel zu zerschmettern, doch der Mann riß sie hoch und schoß ein Foto von Frank, als der ihm den Rücken zudrehte.
    Nachdem sie das Gepäck aufgegeben hatten, stürmte Thurlow voran und sprengte die Journalisten, vier oder fünf mittlerweile, wie ein Footballspieler mit den Schultern auseinander (bewundernswert, fand Tom), während sie sofort zu der Rolltreppe zum satellite Nummer fünf und zur Paßkontrolle liefen, die ihre Verfolger abhalten würde.
    »Ich sitze neben meinem Freund!« verkündete Frank der Stewardess an Bord der Maschine. Tom, meinte er.
    Tom ließ den Jungen die Sache regeln: Ein Mann war bereit, die Plätze zu tauschen, und so fanden sie Sitze nebeneinander in einer Sechserreihe. Tom saß am Gang. Die Concorde war das hier kaum – Tom freute sich nicht gerade auf die nächsten sieben Stunden. Schon eigenartig, dachte er, daß Thurlow nicht erste Klasse gebucht hatte.
    »Worüber haben Sie mit Thurlow gesprochen?« fragte der Junge.
    »Nichts Wichtiges. Er wollte wissen, womit ich meine Zeit verbringe.« Tom lachte leise. »Und du mit Johnny?«
    »Auch nichts Besonderes«, gab Frank brüsk zurück, doch Tom störte das nicht, denn er kannte den Jungen inzwischen.
    Er hoffte nur, sie hatten nicht über Teresa gesprochen, denn Johnny schien in Sachen Liebesleid kein Mitleid zu kennen. Tom hatte in einer karierten Reisetasche drei Bücher als Reiselektüre dabei. Die unvermeidlichen, unermüdlichen kleinen Gören – alle drei amerikanisch – liefen bereits im Gang auf und ab, dabei hatte Tom gedacht, Frank und er könnten dem Radau entkommen, weil ihre Plätze mindestens achtzehn Reihen hinter der mutmaßlichen Basis der Kleinen lagen. Tom versuchte zu lesen, zu dösen, zu denken – obwohl angestrengtes Grübeln nicht immer ratsam war. Eingebungen, gute oder nützliche Einfälle kamen selten, wenn man es forcierte. Als er aus dem Halbschlaf erwachte, ging ihm das Wort »schauspielern« nicht aus den Ohren oder dem Kopf, er setzte sich auf, den blinzelnden Blick auf den Technicolor-Western gerichtet, der nun auf dem Bildschirm in der Mitte der Maschine lief, stumm für ihn, weil er auf den Kopfhörer verzichtet hatte. Schauspielern – aber wie? Was wurde von ihm erwartet, im Hause der Piersons?
    Tom nahm erneut ein Buch zur Hand. Als einer der widerwärtigen Vierjährigen zum soundsovielten Mal durch den Gang auf ihn zurannte, unsinniges Zeug brabbelnd, lehnte er sich zurück und streckte den Fuß ein Stück in den Gang hinaus. Das kleine Monster fiel auf den Bauch und brüllte sofort los wie ein schwer gekränktes Schloßgespenst. Tom tat so, als schlafe er. Von irgendwoher tauchte eine gelangweilte Stewardess auf und stellte das kleine Biest wieder auf die Beine. Der Mann auf dem Platz gegenüber des Gangs grinste zufrieden: Tom war nicht allein. Die Stewardess brachte den Kleinen zurück zu seinem Platz vorne in der Kabine, sicher nur, um neue Kraft zu sammeln. Reculer pour mieux sauter, wie die Franzosen sagten – für diesen Fall wollte Tom einem anderen Passagier das Vergnügen lassen, ihm ein Bein zu stellen.
    Am frühen Nachmittag erreichten sie New York. Tom reckte den Hals und sah aus dem Fenster. Wie immer begeisterten ihn die Wolkenkratzer von Manhattan, die durch weißgelbe Wattewolken verschwommen wirkten, wie ein impressionistisches Gemälde. Hinreißend schön! Nirgendwo sonst auf der Welt ragten so viele Gebäude auf so kleiner Fläche so hoch empor. Dann ein dumpfer Schlag, und sie waren gelandet, bewegten sich wieder wie Rädchen in einem Getriebe: Pässe, Gepäck, das Abtasten auf Waffen. Und dann der rotbäckige Mann, den Frank ihm als Eugene vorstellte – der Chauffeur. Eugene, eher klein und ziemlich kahl, schien glücklich, den Jungen wiederzusehen.
    »Frank! Wie geht es Ihnen?« Er wirkte freundlich, zugleich höflich und korrekt, sprach mit englischem Akzent und trug einen Straßenanzug mit Hemd und Schlips. »Mr. Thurlow – willkommen! Und Johnny!«
    »Hallo, Eugene«, sagte Thurlow. »Das ist Mr. Ripley.«
    Die beiden begrüßten einander, dann fuhr Eugene fort: »Mrs. Pierson mußte heute früh nach Kennebunkport. Susie ging es nicht gut. Mrs. Pierson sagte, Sie sollten entweder in der Stadtwohnung übernachten oder einen Hubschrauber vom Heliport nehmen.«
    Sie standen

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