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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Sir.«
    Keine Minute später klingelte das Telefon in Toms Zimmer.
    »Hier ist Kennebunkport, Maine.« Eine weibliche Stimme, es klang wie »May-yun«. »Spreche ich mit Berlin in Deutschland?«
    Die Vermittlung vom Hotel Franke bestätigte.
    »Bitte sprechen«, sagte Maine.
    »Bei Pierson. Guten Morgen.« Die Stimme eines Engländers.
    »Hallo«, sagte Tom. »Könnte ich bitte Mrs. Pierson sprechen?«
    »Wer bitte ist am Apparat?«
    »Es geht um Ihren Sohn Frank.« Die Förmlichkeit am anderen Ende gab Tom die nötige Gelassenheit.
    »Augenblick, bitte.«
    Es dauerte länger als einen Augenblick, doch schließlich wurde klar, daß Franks Mutter zu Hause war: Tom hörte die Stimme einer Frau, auch die eines Mannes – wahrscheinlich kam Lily Pierson in Begleitung des Butlers ans Telefon. Eugene hieß der Mann, fiel Tom wieder ein.
    »Halloo?« Eine hohe Stimme.
    »Hallo. – Mrs. Pierson, würden Sie mir sagen, welches Hotel Ihr Sohn Johnny und der Privatdetektiv in Paris genommen haben?«
    »Warum wollen Sie das wissen? Sind Sie Amerikaner?«
    »Ja.«
    »Darf ich fragen, wie Sie heißen?« Die Frau klang vorsichtig und verängstigt.
    »Das ist unwichtig. Viel wichtiger wäre –«
    »Wissen Sie, wo Frank ist? Bei Ihnen etwa?«
    »Nein, nicht bei mir. Ich würde einfach gern wissen, wie ich Ihren Privatdetektiv in Paris erreichen kann. In welchem Hotel sie abgestiegen sind.«
    »Aber ich verstehe nicht, warum Sie das wissen wollen!« Ihre Stimme wurde schriller. »Halten Sie meinen Sohn irgendwo gefangen?«
    »Nein, Mrs. Pierson, ganz gewiß nicht. Ich glaube, ich kann herausfinden, wo Ihr Detektiv sich aufhält, indem ich die französische Polizei anrufe. Warum ersparen Sie mir nicht die Mühe und sagen es gleich? Ist doch kein Geheimnis, wo sie in Paris wohnen, oder?«
    Ein kurzes Zögern. »Im Hôtel Lutetia. Aber verraten Sie mir doch, warum Sie das wissen wollen!«
    Tom hatte, was er wollte. Was er jedoch nicht wollte, war, daß Mrs. Pierson oder ihr Detektiv die Berliner Polizei alarmierte. »Weil ich den Jungen vielleicht in Paris gesehen habe«, sagte er. »Sicher bin ich aber nicht. Vielen Dank, Mrs. Pierson.«
    »In Paris?«
    Tom wollte Schluß machen. »Im American Drugstore, Saint-Germain-des-Prés. Ich komme gerade aus Paris. Auf Wiederhören, Mrs. Pierson.« Er legte auf.
    Dann begann er zu packen. Das Hotel Franke wurde ihm auf einmal zu heiß. Gut möglich, daß die zwei oder drei Männer, die Frank entführt hatten, dem Jungen und ihm irgendwann seit Freitagabend bis hierher gefolgt waren und bedenkenlos auf ihn schießen würden, sobald er das Hotel verließ. Sie könnten sogar heraufkommen und ihn im Zimmer erledigen. Tom rief beim Empfang an: Er werde in wenigen Minuten abreisen; könnten sie seine Rechnung fertigmachen? Und Herrn Andrews’ ebenfalls? Er klappte den Koffer zu und ließ sich mit Franks Schlüssel in dessen Zimmer ein. Soeben war ihm der Gedanke gekommen, Eric Lanz anzurufen. Vielleicht war Lanz bereit, ihn aufzunehmen, doch selbst wenn nicht, wäre jedes andere Hotel in Berlin sicherer als dieses. Tom packte Franks Sachen ein, die Schuhe auf dem Boden, Zahnpasta und Zahnbürste aus dem Bad und den Berliner Bären, schloß den Koffer und nahm ihn mit hinaus. Den Schlüssel ließ er im Schloß stecken. Er ging auf sein Zimmer, fand Lanz’ Visitenkarte, die immer noch in seiner Jackettasche steckte, und wählte dessen Nummer.
    Ein Mann mit tieferer Stimme als Eric Lanz meldete sich und fragte auf deutsch, wer da sei.
    »Tom Ripley. Ich bin in Berlin.«
    »Ach, Ripley, Sie! Einen Moment bitte! Eric liegt in der Badewanne.«
    Tom lächelte: Lanz war zu Hause und nahm ein Bad! Kurz darauf war Eric selber am Apparat: »Hallo, Tom. Willkommen in Berlin! Wann können wir uns treffen?«
    »Wenn’s geht, gleich«, sagte Tom so gelassen wie möglich. »Haben Sie zu tun?«
    »Nein, nein. Wo sind Sie?«
    Er sagte es ihm. »Ich ziehe bald aus dem Haus aus.«
    »Wir können Sie abholen. Wenn’s nicht sofort sein muß?« fragte Eric gutgelaunt. »Peter: Albrecht-Achilles-Straße, kein Problem für uns…« Er murmelte etwas auf deutsch, dann: »Tom, in knapp zehn Minuten sind wir da!«
    Tom legte auf, nun schon viel ruhiger.
    Der Mann am Empfang hatte nicht überrascht geklungen, als Tom um die Rechnungen gebeten hatte, könnte es aber seltsam finden, wenn er mit dem Koffer des Jungen abreiste. Tom würde sagen, Mr. Andrews warte am Flughafen. Tom zahlte die beiden Rechnungen sowie seine

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