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Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
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fand ich das letztepassende Puzzleteil: was die Frau vom Sicherheitsdienst gesagt hatte, ehe wir die Ausstellungshalle verließen. Ich hatte es erst nach dem achtundsiebzigsten Tritt gegen den Schuppen mit dem Rest des Puzzles in Verbindung gebracht. Kat hatte die Ordnerin gefragt, wo der fremde Mann namens Christy abgeblieben war. Und sie hatte geantwortet, er sei mit einem Magen-Darm-Virus nach Hause gegangen. Einem Virus, den sie für eine Ausrede hielt. Mal krank, mal Zahnarzt, mal toter Onkel. Viel Wind um nichts … Deswegen heißt er wohl auch so.
    Kriminalkommissarin Pearce hatte Marcus’ Nachnamen nur ein einziges Mal erwähnt, aber dieses eine Mal hatte genügt. Mir jedenfalls, weil ich später als Erwachsener ja Meteorologe werden will. Der Name »Wind« hatte mich von Anfang an interessiert. Christy hatte uns in der Ausstellungshalle belogen und später an der Bushaltestelle wieder belogen. Beide Male wusste er mehr, als er verriet. Er und Marcus waren miteinander verwandt. Beide hießen mit Nachnamen Wind. Aus irgendeinem Grund hatte er Marcus und Salim dabei geholfen, ihren praktischen Witz in die Tat umzusetzen, vielleicht, weil er das Ganze eben nicht für mehr hielt als bloß für einen Witz. Aber es war nicht nur ein Witz gewesen. Es war Teil eines größeren Plans. Salims Plan abzuhauen.
    Ich denke, inzwischen wussten es alle. Salim war nicht entführt worden. Er war verschwunden, weil er es wollte. Er hatte niemals nach New York umziehen wollen. Ein Hinweis darauf war der Stadtführer in seinem Rucksack gewesen. Am Buchrücken waren keine Falten gewesen, was bedeutete, dass Salimdas Buch nie aufgeschlagen hatte. Er war also nicht begeistert davon, nach New York zu gehen. Aber vom Londoner Riesenrad war er begeistert. Und bei einer Fahrt mit dem Riesenrad zu verschwinden, war die beste und aufregendste Art abzuhauen, die er sich vorstellen konnte.
    Ein Wetterforscher ist jemand, der anhand von Beobachtungen und Messungen Theorien aufstellt, und wenn diese Theorien stimmen, werden sie die Wetterphänomene korrekt voraussagen. Herauszufinden, was mit Salim geschehen war und wo er wahrscheinlich steckte, war ganz genau dasselbe. Ich hatte Beobachtungen angestellt und Theorien aufgestellt und dann mit Kats Hilfe weitere Fakten gefunden, und wenn die Fakten und Theorien stimmten, würden wir wohl dazu in der Lage sein, Salim aufzuspüren, genau wie man ein Sturmsystem aufspürt und voraussagt, an welcher Stelle es auf die Küste treffen wird.
    Aber irgendetwas hatte nicht funktioniert.
    Salim war am Ende der Spur nicht wiederaufgetaucht.
    Es gab nur Marcus.
    Und Marcus stand in der Küche, starrte zu Boden, und als alle gleichzeitig auf ihn einzureden begannen, brach er in Tränen aus. Er ließ den Kopf hängen, aber er war zu hören, und man konnte sehen, wie seine Schultern bebten.
    Und ich hatte mal wieder ein unangenehmes Gefühl in meiner Speiseröhre.

37
    Supercooler Obermacker
    Tante Gloria baute sich in ihrem Morgenmantel vor Marcus auf wie ein Sturm der Windstärke zehn. »Was weißt du, Marcus? Wo ist Salim?« Sie packte ihn am Ärmel. »Sag was! Na los!«
    Kriminalkommissarin Pearce geleitete sie zurück zu ihrem Stuhl. Mum brachte Marcus eine Limonade und führte ihn zu einem anderen Stuhl, aber er weigerte sich, Platz zu nehmen oder etwas zu trinken. Er schüttelte den Kopf und seine Kapuze rutschte nach hinten. Dann wischte er sich das Gesicht am Ärmel ab, blickte auf und starrte mich an. Ich vergaß nicht, die Mundwinkel zu heben, was man laut Mr Shepherd immer tun soll, wenn man jemand Neues kennenlernt, weil es bedeutet, dass man sich anfreunden möchte. Aber Marcus’ Lippen bewegten sich nicht, was bedeutete, dass er nicht mein Freund sein wollte.
    Â»Marcus ist hier, um sich zu entschuldigen«, sagte die Kommissarin. »Er hatte zu viel Angst, sich früher zu melden. Er dachte, er würde Ärger kriegen. Inzwischen hat er uns alleserzählt, was er weiß. Ich habe die Aussage dabei, die er bereits gemacht hat. Und die Geschichte beginnt genau so, wie Ted es herausgefunden hat.« Sie nickte Kat zu. »Mit Kats Hilfe, wenn ich es recht verstanden habe.«
    Â»Mit meiner Hilfe?«, sagte Kat.
    Â»Ohne dich hätte ich es nie rausgekriegt, Kat«, sagte ich.
    Â»Marcus’ Mutter sitzt draußen in einem Streifenwagen«, fuhr die Kommissarin fort. »Mit einem

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