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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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gesagt.«
    »Er hat sich geirrt. Kehrt um.«
    »Wir können nicht umkehren. Wir haben nichts mehr zu essen. Dann müssen wir hierbleiben. Wir haben keine andere Wahl«, sagt Nanna fest.
    »Das geht nicht. Hier gibt es nichts für euch. Und dort drüben auch nicht.«
    »Können Sie uns nicht trotzdem rüberhelfen?«
    Der Mann seufzt hinter seiner Maske und schüttelt den Kopf.
    »Wenn ihr wirklich glaubt, in der Stadt gäbe es Hoffnung, dann werde ich euch natürlich über den Fjord bringen.«
    »Danke«, sagt Nanna. »Wir müssen tun, was wir unserem Vater versprochen haben.«
    Der Mann nickt.
    »Dann kommt. Stellt das Fahrrad auf die Brücke und setzt euch ins Boot, ich hebe es dann runter.«
    Nanna schaut Fride an, aber sie kann in ihrem Gesicht nichts ablesen. Nanna muss alleine entscheiden, ob sie dem Mann vertrauen können oder ob sie versuchen sollen zu fliehen. Der Mann geht zu seinem Boot und zieht die Persenning beiseite. Er lässt den Motor an und aus einem Loch an der Seite spritzen Wasser und Abgase.
    Nanna ist schlecht vor Angst, als sie Fride an die Hand nimmt. Fride scheint gar nicht zu begreifen, wie gefährlich das hier ist. Sie können nicht wissen, ob er sie auf die andere Seite bringt oder auf welche Ideen er unterwegs kommt. Aber sie haben keine Wahl und Nanna schiebt das Rad ruhig über den Anleger. Der Mann hebt es mitsamt Anhänger ins Boot. Nanna und Fride setzen sich vorne in den Bug. Unter der dicken, grünen Persenning riecht es nach Meer und Öl. Der Mann wirft das Tau an Land und stellt sich ans Ruder. Der Motor hustet und eine stinkende Abgaswolke hüllt sie ein, bevor das Boot Fahrt aufnimmt.
    Nanna schaut den Mann an. Er steht breitbeinig da und steuert. Seine Hände sind grob und seine Finger dick. Er sieht aus, als wäre er gerne auf dem Wasser. Es liegt nur an der Gasmaske, dass er so furchteinflößend wirkt.
    Sie fahren unter der Brücke durch und Nanna schaut hoch zu dem Beton, der an langen Eisenstangen ins Wasser hängt. Die Brücke knackt im Wind und Teile des Geländers klappern gegen den Beton.
    »Habt keine Angst«, sagt der Mann. »Wir sind bald da.«
    Nanna nickt.
    »Was macht ihr, wenn ihr doch umkehren müsst?«, fragt der Mann. »Es ist ja nicht sicher, dass die anderen Brücken noch ganz sind.«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Nanna.
    »Ich werde den Anleger im Auge behalten«, sagt der Mann und macht eine Pause.
    Er setzt sich hin und lässt das Ruder los.
    »Jedenfalls so lange ich es noch schaffe.«
    Nanna lächelt vorsichtig, ohne etwas zu sagen.
    »Kannst du das Tau nehmen, das im Bug liegt, und an Land springen?«
    »O.k.«, sagt Nanna und geht nach vorne unter die Persenning.
    Als sie sich dem Anleger nähern, fängt das Boot an zu vibrieren und der Motor hustet und knallt. Langsam gleiten sie neben die Autoreifen und Nanna springt mit dem Tau an Land. Fride klettert ihr eilig hinterher, ohne den Mann aus den Augen zu lassen. Er dreht das Ruder, sodass das Boot sich zum Anleger neigt und hebt das Fahrrad und den Anhänger an Land, bevor er sich wieder ans Ruder stellt. Nanna wirft das Tau ins Boot und es entfernt sich rückwärts vom Ufer.
    »Ich hoffe, euer Vater hatte recht. Passt gut auf euch auf«, sagt er und winkt.

15
    Am Nachmittag halten sie an einem Rastplatz, der direkt an einem kleinen Waldsee liegt. Fride liegt im Anhänger und hat die Augen zugemacht.
    »Fride, du musst aufwachen«, sagt Nanna und tritt gegen den Reifen des Wagens.
    Fride räkelt sich und streckt verschlafen den Kopf nach draußen. Sie sieht so verwirrt und fragend aus, dass Nanna laut lachen muss.
    »Es wird langsam spät«, sagt sie. »Wir müssen etwas essen, bevor wir das letzte Stück fahren. Der Karte nach können wir es morgen vielleicht bis in die Stadt schaffen. Also auf mit dir, du Siebenschläfer.«
    Fride wankt aus dem Fahrradanhänger und setzt sich an den Holztisch auf der Wiese. Nanna packt das Essen aus dem Rucksack.
    »Ich glaube, heute möchte ich Eiskrem und Schokolade«, sagt Fride mit verstellter Stimme.
    Nanna lächelt sie an und lässt sich auf das Spiel ein, das sie im Bunker so oft gespielt haben.
    »Ich fürchte, Eiskrem und Schokolade sind aus. Leider gibt es heute nur Gelee und Kuchen.«
    »Dann muss das wohl reichen«, sagt Fride und tut beleidigt.
    Nanna stellt die Dose mit Leberwurst auf den Tisch und Fride sinkt in sich zusammen. Sie kann ihre Enttäuschung kaum verbergen.
    »Oh, wie köstlich«, sagt sie. »Du hast nicht zufällig auch noch etwas

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