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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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Knistern, das sie hört, käme vom Wind, der ein Papier über die Straße weht. Doch dann hört sie ein leises Scheppern aus dem Gässchen. Sie dreht sich erschrocken um und sieht einen Schatten, der zwischen Wand und Müllcontainern kaum auszumachen ist.
    »Lasst das«, zischt eine Stimme.
    Nanna denkt nicht nach, sondern leuchtet direkt in die Richtung des Schattens. Sie erhascht gerade noch einen Blick auf Vogels Gesicht, der schnell den Kopf zurückzieht.
    »Hört auf! Die Schatten können kommen. Weg hier, schnell.«
    Nanna schaltet die Taschenlampe aus und winkt Fride. Sie gehen hinter den Müllcontainer.
    »Ihr dürft da nicht runterleuchten. Da unten halten sie sich auf. Wir müssen hier weg«, sagt Vogel.
    »Du bist uns gefolgt«, sagt Nanna.
    »Ja. Ich musste auf euch aufpassen«, sagt Vogel. »Ihr wisst nicht, was sich hier in dieser Stadt versteckt.«
    »Du bist uns den ganzen Weg seit der Brücke gefolgt.«
    »Nein. Ich bin euch nicht gefolgt. Ich war nur auf der Brücke, um zu spähen.«
    »Ich glaube dir nicht. Komm, Fride. Wir gehen runter und sehen nach.«
    »Nein«, sagt Vogel und macht einen Schritt auf sie zu. »Tut das nicht.«
    Nanna kümmert sich nicht darum. Sie nimmt Fride an die Hand und geht zur Treppe. Vogel dreht sich um und rennt zurück in die Gasse. Nanna zögert kurz, dann steigen sie gemeinsam nach unten in die Dunkelheit. Ihre Schritte hallen zwischen den Mauern. Die Wände der Treppe sind feucht und mit brauen Flecken übersät. Die Haltestelle ist leer und die Türen der Läden stehen offen. Der Tunnel verschwindet in der Dunkelheit.
    »Da«, sagt Fride.
    Nanna will gerade antworten, als sie hört, wie sich Schritte im Tunnel nähern. Sie schnappt Fride und rennt zur Treppe. Als sie sich umdreht, sieht sie ein Licht aufblitzen und schon füllt sich der Tunnel mit einem gewaltigen Knall. Die Fensterscheiben der Apotheke zersplittern. Fride schreit und sie krabbeln die Treppe hoch. Die scharfen Kanten der Stufen drücken sich in ihre Knie. Nanna hilft Fride in den Anhänger, dann schiebt sie hastig das Rad an.
    Nanna tritt in die Pedale, ohne sich umzusehen. Ihre Beine tun weh und ihr ist schlecht. Das Atmen brennt in der Lunge. Schließlich kann sie nicht mehr und biegt in eine Seitenstraße ab. Es ist stockdunkel und die Häuser sind kaum zu erkennen.
    Nanna muss sich übergeben, wieder und wieder. Sie hängt über dem Lenker.
    »Geht’s wieder?«, fragt Fride schließlich.
    Nanna spuckt und reibt sich mit dem Handrücken die Augen.
    »Ja, ich glaube schon«, flüstert sie. »Jetzt ist es besser. Halt Ausschau!«
    In der Ferne ist ein Geräusch, das dort nicht sein dürfte.
    »Da kommt jemand«, sagt Fride so leise, dass es gerade noch zu hören ist.
    Nanna hebt den Kopf.
    »Ja«, sagt sie.
    Am Ende der Straße bewegt sich ein Schatten rasch auf sie zu. Und für einen kurzen Moment kann sie ein Gesicht erkennen.
    Es ist Vogel. Außer seinen leichten Schritten auf dem Asphalt ist nichts zu hören. In diesem Moment kommt der Mond hinter einer Wolke hervor und taucht alles in ein fahles, silbriges Licht.
    Er fliegt ja, denkt Nanna. Er schwebt über den Asphalt. Vogel greift nach Nanna und ohne etwas zu sagen, zieht er sie zum Anhänger.
    »Rein mit dir«, flüstert er atemlos. »Ihr müsst mitkommen, sonst erwischen sie euch.«
    Nanna kriecht in den Anhänger und Fride presst sich fest an sie. Vogel setzt sich auf das Fahrrad und fährt los. Er biegt in ein dunkles Gässchen ab, bleibt stehen und wartet, bis der Mond wieder hinter einer Wolke verschwunden ist, bevor er weiterfährt. Nanna liegt zusammengekauert in dem kleinen Anhänger und spürt die Erschütterungen der Pflastersteine. Fride hat die Augen zugemacht und schnieft leise. Manchmal schluchzt sie ein bisschen.
    Vogel fährt schnell durch die Stadt. Ab und zu halten sie an und warten oder wechseln die Richtung. Es ist unmöglich herauszufinden, wohin sie fahren. Nanna schaut nach oben zu dendunklen Straßenlaternen, die vorbeiziehen. Es kommt ihr vor, als würden sie durch ein unendliches, dunkles Labyrinth aus Häusern, Plätzen, Straßenbahnschienen und Schildern rauschen. Dann, plötzlich, hört das Rütteln auf. Kies knirscht unter den Reifen und statt der Straßenlaternen tauchen riesige Bäume in der Dunkelheit auf. Der Weg ist kaum zu erkennen und Nanna begreift nicht, wie Vogel sehen kann, wohin sie fahren, aber er wird nicht langsamer. Sie haben einen Wald erreicht.
    In regelmäßigen Abständen hält Vogel an

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