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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Magie.
    Die Frau wandte ihm den Blick zu. Er ist schön, dachte sie. Stolz und intelligent wirkt er. Und die Narbe, die ihm die Lippe spaltet, verleiht ihm etwas sehr Anziehendes. Obwohl er noch so jung ist. »Wie heißt du eigentlich?«, fragte sie ihn flüsternd.
    »Christmas.«
    »Christmas?«
    »Ich weiß, ich weiß, das ist ein Niggername«, erwiderte Christmas, völlig im Bann der Musik, in resigniertem Ton.
    »Nein, das meinte ich nicht«, widersprach die Frau. »Der Name klingt fröhlich.«
    Da wandte Christmas ihr den Blick zu. Ihre Gesichter waren nah beieinander. Sie hat volle Lippen, dachte Christmas, rot und sinnlich. »Und du, wie heißt du?«
    »Maria.« Sie sah ihn mit ihren dunklen Augen an und lächelte. »Ich weiß, ich weiß, das ist ein Name für eine Italienerin ...«
    »Maria«, unterbrach der Tontechniker sie. »Könntest du still sein?«
    »Ja, Ted.« Maria seufzte schmunzelnd, ohne Christmas aus den Augen zu lassen. Sie beugte sich noch weiter zu ihm vor, bis sie mit ihren warmen Lippen sein Ohr berührte. »Aber ich bin Puerto Ricanerin.«
    Sie riecht gut, dachte Christmas. Nach sonnengetrockneten Gewürzen.
    Und er wusste, dass er ihr gefiel.
    Christmas war zum ersten Mal mit einer Frau zusammen gewesen, als er siebzehn Jahre alt gewesen war. Ruths Abreise nach Los Angeles lag damals bereits ein Jahr zurück. Christmas war mit Joey in Brooklyn, in einem Speakeasy in Livonia. Zwar redete Joey ständig von Frauen, aber Christmas hatte ihn nie wirklich mit einer Frau zusammen gesehen. An jenem Abend spielte er vor einer Kellnerin, die etwas älter war als sie beide, den Witzbold. Er pfiff ihr hinterher, wenn sie auf ihrem Weg zu den Tischen an ihm vorbeikam, und was er zu ihr sagte, kam Christmas ziemlich albern vor. Irgendwann drehte die Kellnerin sich um, kam zurück und baute sich, die Hände in die Hüften gestemmt, vor Joey auf, das Gesicht nur wenige Handbreit von seinem entfernt. Sie sagte kein Wort. Christmas beobachtete, wie Joey rot anlief, einen Schritt zurückwich und etwas vor sich hin brummte. »Das ist also alles, was du draufhast, Rudolph Valentino?«, sagte die Kellnerin, während sie ihn von Kopf bis Fuß musterte. Christmas musste lachen. Da wandte die Kellnerin ihm den Blick zu. »Du bist hübsch«, sagte sie zu ihm, bevor sie weiter an den Tischen bediente.
    Kaum war sie fort, machte Joey eine wütende Bemerkung und erklärte dann, er habe keine Zeit für die dumme Gans, er müsse ein bisschen Geld aus den Glücksspielautomaten herausquetschen. »Erst kommt das Geschäft, dann die Frauen, Diamond«, sagte er noch, während er zu einem finster dreinblickenden Komplizen hinüberging.
    Während Christmas weiter mit einem belustigten Grinsen ein wenig abseits stand, fiel sein Blick auf die Kellnerin. Dabei stellte er fest, dass auch sie zu ihm herübersah. Anders als sie Joey angesehen hatte. Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. Und in seinem Inneren spürte er eine Art Aufruhr. Langsam neigte er den Kopf zur Seite, damit ihm die blonde Locke nicht mehr in die Augen fiel. Die Kellnerin blickte sich um, als überprüfte sie etwas. Schließlich wanderte ihr Blick zurück zu Christmas, und kaum merklich gab sie ihm mit dem Kopf ein Zeichen, lud ihn ein, ihr zu folgen. Und wie in Trance ging Christmas hinter ihr her.
    Am Tresen blieb die Kellnerin stehen und blickte sich erneut um, bevor sie nach einem Schlüsselbund griff und sich auf den Weg zum Hinterausgang machte. Christmas sah, wie die Tür hinter der Kellnerin ins Schloss fiel. Obwohl er noch immer von Unruhe erfasst war, zögerte er, dann folgte er ihr. Er trat ins Freie und fand sich auf einem dunklen Parkplatz wieder. Von der Kellnerin jedoch war nichts zu sehen. »Psst ...«, hörte Christmas da jemanden wispern und drehte sich um.
    Die Kellnerin saß auf dem Rücksitz eines Wagens und winkte ihn durch das offene Fenster zu sich heran.
    »Mach zu, es ist kalt«, sagte sie, sobald Christmas im Auto war.
    Umständlich setzte Christmas sich neben sie. Sein Herz schlug laut, sein Atem ging schnell. Schließlich musste er leise lachen. Und die Kellnerin fiel in sein Lachen ein, lehnte den Kopf an seine Schulter und streichelte seine Brust. Dann begann sie, sein Hemd aufzuknöpfen. Sie schlug es auf und küsste seine helle Haut. Christmas schloss die Augen und konnte nicht aufhören, leise zu lachen. Und während die Kellnerin mit ihren Küssen zu seinem Bauch hinabwanderte, lachte sie mit ihm. Dann führte sie seine

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