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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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habt, Gehorsamsverweigerung nennen. Und die würde standrechtlich bestraft.«
    »Wollen Sie uns an den Galgen bringen? Oder vielleicht gleich erschießen?«, fragte Christmas und steckte betont lässig die Hände in die Hosentaschen. Aus dem Augenwinkel sah er zu Karl hinüber, dessen Gesicht zu seinem Erstaunen ganz blass und wie versteinert wirkte.
    Verärgert zuckte der Intendant zusammen. »Spiel hier nicht den Witzbold, Jüngelchen«, sagte er mit schneidender Stimme. »Und nimm die Hände aus den Taschen, wenn du vor mir stehst.«
    »Und was tun Sie, wenn nicht?«, fragte Christmas. »Entlassen Sie mich dann?«
    Das unfreundliche Gesicht des Intendanten wurde bleich.
    »Mr. Howe, hören Sie mich bitte an«, warf Karl mit dünner Stimme ein. »Der Junge hat nichts damit zu tun. Es war meine Idee. Er wusste nicht einmal, dass ich es senden würde ... Ihm dürfen Sie nicht böse sein ...«
    Howe lachte. »Ich darf nicht?«
    »Ich wollte damit sagen, Sir, dass ...«
    »Lassen Sie ihn doch«, fiel Christmas Karl ins Wort und legte ihm die Hand auf den Arm. »Er will uns zwingen, ihn anzubetteln, nur um uns dann trotzdem zu entlassen. Das ist sein Spiel. Begreifen Sie nicht? Es geht ihm nicht um Gerechtigkeit. Ihm gefällt es, uns zu demütigen. Verschwenden Sie keine Zeit und verschaffen Sie ihm nicht diese Genugtuung. Lassen Sie uns gehen ...«
    »Was fällt dir ein, Junge?«, brüllte der Intendant mit hochrotem Kopf und sprang auf.
    »Lass gut sein, alter Schimmelpilz.« Christmas lachte ihm ins Gesicht und wandte sich zum Gehen. »Kommen Sie, Mr. Jarach?«
    Mit verschleiertem Blick sah Karl ihn an, als könnte er kaum fassen, was gerade geschah.
    »Turkus! Turkus!«, schrie der Intendant.
    Ein Mann mit einem von Schlägen gezeichneten Gesicht betrat das Zimmer. Er trug die Uniform des Wachdienstes.
    »Setz sie mit Arschtritten vor die Tür!«, brüllte der Intendant hysterisch.
    Der Wachmann streckte die Hand nach Christmas aus.
    »Wenn du mich auch nur mit einem Finger streifst, rammt Lepke Buchalter dir einen Eispickel in die Kehle«, zischte Christmas mit grimmiger Miene.
    Mitten in der Bewegung hielt der Mann inne, Unsicherheit flammte in seinem Blick auf.
    »Möchtest du, dass die Polizei morgen früh deine Leiche in einem verlassenen Wagen auf einer Bauparzelle in Flatbush findet?«, fuhr Christmas, noch immer an den Wachmann gewandt, fort. Dann drehte er sich nach Karl um. »Gehen wir, Mr. Jarach.« Entschieden packte er ihn am Arm und zog ihn vorbei an der Wache, die regungslos und unbeholfen dastand, zum Ausgang.
    »Turkus!«
    »Leb wohl, alter Schimmelpilz«, lachte Christmas, als er, gefolgt von Karl, das Büro verließ.
    »Jarach, ich sorge dafür, dass kein anderer Radiosender Sie einstellt, das schwöre ich Ihnen!«, schrie der Intendant, rot vor Zorn. »Turkus, verpass ihnen ein paar kräftige Tritte, oder du bist auch entlassen!«
    Der Wachmann lief hinaus und holte Christmas und Karl an den Aufzügen ein. »Lasst euch hier nie wieder blicken«, knurrte er.
    »Geht klar, gut gemacht, du hast dein Gesicht gewahrt. Jetzt zieh Leine«, erwiderte Christmas, als er in den Aufzug stieg und das Gitter zuzog. »Erdgeschoss«, sagte er zum Fahrstuhlführer.
    Und während der Lift quietschend nach unten fuhr, erlaubte sich Karl, den Gedanken in Worte zu fassen, den er bis dahin von sich fernzuhalten versucht hatte. »Aus und vorbei«, murmelte er kaum hörbar. In sein Büro im siebten Stock würde ein anderer Abteilungsleiter einziehen. Um sich ganz auf seinen Aufstieg, die Arbeit, das Radio konzentrieren zu können und mühsam Stufe um Stufe zu erklimmen, hatte er auf ein Privatleben, auf Spaß und Zerstreuung verzichtet – alles war umsonst gewesen ... Karl Jarach würde wieder der Sohn des polnischen Einwanderers sein.
    »Alles in Ordnung, Mister?«, fragte Christmas, als er ihn aus dem Aufzug taumeln sah.
    Karl nickte wortlos.
    »Danke für das, was Sie für mich getan haben«, sagte Christmas. »Es war schön zu glauben, mein Traum könnte wahr werden.«
    Wieder nickte Karl und versuchte zu lächeln.
    »Kommen Sie mit«, sagte Christmas da, und statt auf den Ausgang zuzusteuern, nahm er die Tür zum Kellergeschoss.
    »Sie haben die Sendung gestrichen?«, fragte Cyril, der weiter unten in der Tür zum Lager auftauchte. »Vollidioten. Die kapieren nicht die Bohne, Junge ...« Er sah Karl an, der auf halber Treppe stehen geblieben war, und wollte sich wieder in sein Reich zurückziehen.
    »Sie haben

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