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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Eisensäge mit austauschbarem Sägeblatt, Feinsäge, Rahmensäge ... Und nun stand er wieder am Ausgangspunkt. In einem Kellergeschoss, ohne Aufstiegsmöglichkeit. Und er war allein.
    »Ich gehe dann mal«, sagte er, weil er sich überflüssig vorkam.
    Christmas und Cyril drehten sich nach ihm um.
    Und Karl las in ihren Augen, dass er von ihnen keine aufmunternden Worte, keine Solidarität zu erwarten hatte. Denn er war hochmütig gewesen. Karl Jarach hatte geglaubt, es allein zu schaffen. Nun würde er dafür die Quittung bekommen. Gerader Hohlmeißel, gebogener Hohlmeißel, rechteckiger Hohlmeißel, breiter runder Hohlmeißel, schmaler runder Hohlmeißel ...
    »Was werden Sie denn jetzt tun, Mr. Jarach?«, hörte er Christmas fragen.
    »Schraubenöse, Schlaufenöse, Öse mit Mutter ...«, sagte Karl mit einem eigenartigen Lächeln auf den Lippen.
    Christmas runzelte die Stirn. »Wie?«
    »Nichts«, erwiderte Karl und schüttelte den Kopf. »Ich habe nur laut gedacht.« Damit steuerte er auf die Tür zu, die auf die Gasse hinausführte, hinaus in die Welt, der er angehörte.
    »Gib nicht auf, Junge«, hörte er Cyril zu Christmas sagen. »Gib verflucht noch mal nicht auf.«
    Karl hoffte, jemand möge auch zu ihm diese Worte sagen. Gib nicht auf, Karl. Gib verflucht noch mal nicht auf.
    »Wäre ich nicht bloß ein schwarzer Hungerleider, ich würde dir deinen eigenen Radiosender bauen, verdammt«, fuhr Cyril fort.
    Kellen, einfache Spachtel, Spachtel mit Griff ...
    »Mit meinen eigenen Händen würde ich ihn dir bauen, und ganz New York würde dir zuhören, ganz egal, was diese Vollidioten sagen ...«
    Handbohrer, Fräse, Metallbohrerspitzen, Holzbohrerspitzen, Steinbohrerspitzen ...
    »Hast du eine Ahnung, was nötig ist, um eine ordentliche Sendestation zu bauen?«, fragte Cyril beharrlich, während Karl die Lagertür öffnete und die feuchtkalte Luft der Stadt ihm entgegenschlug. »Technisch wäre das für mich ein Kinderspiel ...«
    Eisenträger, Schraubenmuttern, Bolzen, Kabel ...
    »... aber es kostet Geld ...«
    Blindniete, Aluminiumniete mit breitem Kopf, offener Balkenträger, geschlossener Balkenträger, dachte Karl zwanghaft, während er die Hand von der Klinke der Tür löste, die ihn endgültig von N. Y. Broadcast ausschließen und ihn wieder seinem Schicksal übergeben würde: der florierenden Eisenwarenhandlung seines Vaters.
    »... einen Haufen Geld ...«
    Rohrschellen, Kabelbinder, Klemmen, Stahlseile ..., dachte Karl noch immer, verlangsamte jedoch seine Schritte, da die Bedeutung von Cyrils Worten mit einem Mal zu ihm durchdrang.
    »Wenn ich nur ein bisschen Geld hätte, würde ich dir deinen eigenen Radiosender bauen, dann könntest du sämtliche New Yorker mit deinem Programm erreichen ...«
    »Ich habe das Material!«, rief Karl plötzlich aus und kam zurück ins Lager. »Ich habe das Material!«
    Verwundert drehten Christmas und Cyril sich zu ihm um.
    Karl schloss die Tür und ging zu ihnen. Er war aufgeregt. Seine Lebensgeister waren neu erwacht. »Es stimmt. Wir dürfen nicht aufgeben«, erklärte er Christmas, und ihm war, als sagte jemand das zu ihm. »Wir dürfen nicht aufgeben«, wiederholte er und fühlte sich auf einmal weniger einsam. »Ich habe alles nötige Material, um den Sender zu bauen. Mein Vater hat eine Eisenwarenhandlung. Eine große Eisenwarenhandlung. Er wird uns alles geben, was wir brauchen. Cyril, bist du wirklich sicher, dass du eine Radiostation bauen kannst?«
    Christmas suchte Cyrils Blick.
    »Ich glaube schon ...«, sagte der Lagerarbeiter.
    »Du glaubst?«, fragte Karl drängend.
    »Was ist denn mit der, die du zu Hause gebaut hast?«, wollte Christmas wissen.
    »Ach, die ... tja, ähm, das ist ein ganz einfacher Sender ... der reicht nur einen Block weit ...«, nuschelte Cyril, und man sah ihm an, wie durcheinander er war.
    »Kannst du nun eine Radiostation bauen oder nicht?«, fragte Karl drängend.
    Nachdenklich kratzte Cyril sich am Kopf.
    Christmas seufzte. »Cyril ...«
    »Hetz mich nicht, Junge!«, brauste Cyril auf. Dann wandte er den beiden den Rücken zu und begann, im Lager auf und ab zu laufen. Hin und wieder blieb er vor einem Regal stehen, nahm ein Teil in die Hand und prüfte es brummend. Nachdem er es wieder zurückgelegt hatte, lief er mit gesenktem Kopf weiter umher. Christmas und Karl schwiegen und beobachteten ihn gespannt. Schließlich blieb Cyril stehen und kreuzte mit einem undurchschaubaren Gesichtsausdruck die Arme vor der Brust.
    »Was ist

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