Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio

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eine Schwäche für Rothaarige, sagte er. Doch im Gegenzug wollte er wissen, wer sich hinter dem Punisher verbarg. Arty wollte schon alles ausplaudern, als Bill ihn anstieß, dem Produzenten die Hand auf die Schulter legte und mit ihm in eine Ecke des Büros ging, wo er ihm etwas ins Ohr flüsterte. Der Produzent hob den Kopf und sah Bill mit ernster Miene an. Dann nickte er.
    »Was hast du ihm gesagt?«, fragte Arty, kaum hatten sie die Studios verlassen.
    Bill näherte sich Artys Ohr und sagte: »Der Punisher bist du. Tu ihr weh. Es wird ihr gefallen.« Von dem Tag an wollte der berühmte Produzent nur noch mit Bill verhandeln.
    Das war Hollywood.
    Arty kapiert rein gar nichts, dachte Bill wieder. Er ist bloß ein Zuhälter, der sich mit Filmkameras auskennt. Und zum Beweis, dass er rein gar nichts kapiert, will der Schwachkopf nun, dass ich mir ein Reihenhaus kaufe wie ein Bankangestellter. Nein, Arty weiß einfach nicht zu leben, überlegte Bill, während er am Swimmingpool der Villa lag, die er in Beverly Hills gemietet hatte. Der Swimmingpool war klein, der Garten ebenfalls. Es war auch nicht die beste Gegend von Beverly Hills. Aber er war ein gutes Stück vorangekommen seit den Zeiten des Palermo Apartment House .
    Der Studebaker war inzwischen einem nagelneuen LaSalle gewichen. Bill hatte ihn gekauft, nachdem er gelesen hatte, Willard Rader habe den Achtzylinder-V-Motor ein Jahr zuvor auf der GM-Teststrecke in Milford ausgefahren und es geschafft, den Rekord für einen Sportwagen von durchschnittlich fünfundneunzig Meilen pro Stunde, die Tankstopps eingerechnet, über neunhundertzweiundfünfzig Meilen zu halten. Nur zwei Meilen unter dem Durchschnitt, den im gleichen Jahr die Rennwagen in Indianapolis erzielt hatten. Das Auto war wirklich außergewöhnlich. »Es kostet ein Vermögen«, hatte Arty gesagt, »so viel Geld für ein Auto zum Fenster hinauszuwerfen ist eine Dummheit.« Aber Arty wusste eben nicht zu leben, Bill dagegen schon. Deshalb hatte er den LaSalle gekauft und raste damit, sooft er konnte, die Küstenstraße entlang. Nichts kam dem Gefühl gleich, mit wahnwitziger Geschwindigkeit, den schimmernden Ozean zu seiner Rechten, gen San Diego über den Asphalt zu jagen.
    »Ich bin reich«, sagte Bill zu sich selbst und räkelte sich auf seiner Liege am Swimmingpool, während die Sonne Kaliforniens ihm nach seinem morgendlichen Bad das Haar trocknete. »Schlampe«, schimpfte er dann, als er nach einer Ausgabe der Photoplay mit Gloria Swanson auf dem Titelblatt griff, die in dem Jahr für ihre Rolle als Sadie Thompson für den Oscar als beste Schauspielerin nominiert worden war. Reiche Männer konnte Bill ertragen, reiche Frauen nicht. »Miese Schlampe«, zischte er wieder und spuckte auf die Zeitschrift. Dann lachte er, schlüpfte in seinen Bademantel und beschloss, eine Spritztour zu machen. Sein LaSalle, der vor dem Eingangstor stand, glänzte in der Sonne.
    In dem Moment sah er sie.
    Zwei uniformierte Polizisten hatten den Streifenwagen vor dem Eingang geparkt. Sie waren ausgestiegen, einer der beiden hielt ein Blatt Papier in der Hand. Der andere hatte die Handschellen von seinem Gürtel genommen.
    Bill drückte sich hinter eine Hauswand.
    Sie klingelten. Einmal, zweimal, dreimal. Der schrille Klingelton klang in Bills Ohren wie ein Schrei. Daraufhin blickte einer der beiden Polizisten – der mit den Handschellen – sich um. »Ma’am, kennen Sie Cochrann Fennore?«, sprach er eine Frau an, die gerade in der Tür der Villa gegenüber erschien.
    »Wen?«
    »Den Mann, der hier wohnt«, erklärte der Polizist und deutete auf Bills Haus.
    Sein Kollege lugte weiter durch das Gittertor und drückte auf die Klingel.
    »Ach, ja ... den. Der fährt wie ein Verrückter«, brummte die Frau. »Sind Sie deshalb hier?«
    »Nein, Ma’am, um seinen Fahrstil geht es nicht.«
    »Was hat er dann angestellt?«
    »Als er vor Jahren im Osten lebte, hat er so einiges verbrochen. Der Staatsanwalt hat einen Urlaub in San Quentin für ihn gebucht«, lachte der Polizist.
    »Er war mir noch nie geheuer«, sagte die Nachbarin in feindseligem Ton.
    »Sie werden ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, seien Sie unbesorgt.«
    »Besser so«, gab die Frau zurück und verschwand im Innern ihrer Villa.
    Sie haben mich gefunden, dachte Bill, und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Und in Sekundenschnelle sah er wieder Ruths weißes Kleid mit dem blauen Volant vor sich, das sich rot färbte, sah den Smaragdring und den Ringfinger,