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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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entließ.

    »Verdammte Sauerei!« fluchte der Stückmeistersmaat der Cerberus, »keine Weiber dürfen an Bord, und Landgang ist nur bis ein Glasen vor der Dämmerung. Da machen einen die anderen scharf auf die Schwarzen und die Braunen in der Karibik, und dann schalken sie das Luk dicht.«
    »Hast du nicht gehört«, entgegnete der Bootsmannsmaat, »daß die Huren hier so krank sein sollen, daß ein Bordellbesuch gefährlicher ist als ein Seegefecht?«
    »Was der Schiffsarzt alles so redet! Der Abendnebel soll das gelbe Fieber bringen! Darum müßten wir vor Dunkelheit an Bord sein und draußen auf Reede liegen.«
    Von hinten fiel der Deserteur ein: »Dann wartet mal ab, ob die Herren Offiziere auch vor Dämmerung an Bord sind. Und die haben auch keine Dockschwalben, bei denen man sich seinen Bugspriet verbiegen kann.«
    Alles Geschimpfe hinderte die Mannschaften nicht, sich in sauberem Zustand zum Landgang zu präsentieren und je nach Temperament in den Kneipen oder Bordellen zu feiern oder zu randalieren. Abends brachten die Boote sie mehr oder weniger betrunken und ramponiert an Bord zurück. Einige verpaßten die Boote und mußten ein Dutzend Peitschenhiebe hinnehmen. Der Deserteur und sein Freund aus Crisfield waren auch darunter.
    Nach zwei Tagen waren die Maate und Offiziere der Verzweiflung nahe.
    »Es ist immer das gleiche. Auf See sind sie willig und diszipliniert, aber wenn sie sich im Hafen nicht wie die Vandalen austoben können, dann gibt es glatt eine Meuterei.«
    Kapitän Brisbane hatte wohl auch genug von den Exzessen. Am dritten Tag gab es keinen Landgang. Die Schiffe wurden aufgeklart, Proviant und Munition ergänzt. Fünfundzwanzig neue Mannschaften wurden eingeteilt, zehn Seeleute aus dem Hospital, fünf Matrosen von Handelsschiffen, die irgendwo im Rausch die Abfahrt ihrer Schiffe versäumt hatten, und zehn Farbige.
    »Es dauert nicht mehr lange«, murmelte Mr. Grant, »und die Briten sind eine Minderheit.«
    Als sie das Postschiff aus England einlaufen sahen, hofften einige, vielleicht sei die Post schon nach Jamaika umgeleitet worden. Sie hatten nicht mit der Schwerfälligkeit der Bürokratie gerechnet.
    Am Nachmittag lief auch noch eine Sechzehn-Kanonen-Sloop ein, und Mr. Grant betrachtete das schmucke Schiff mit professionellem Interesse, nicht ahnend, was es für sein Leben bedeuten sollte.
    Signale des Flaggschiffs riefen Kapitän Brisbane an Bord.
    Der Admiral empfing ihn mit gewohnter Herzlichkeit. »Ich habe gute Nachricht für Sie. Der Kommandant ihres Schoners ist zum Leutnant befördert worden. Außerdem ist auf der Sloop Lion, die heute eingelaufen ist, die Stelle eines ›Masters und Commanders‹ frei. Ist Ihr Erster Offizier dafür geeignet?«
    »Ohne Zweifel, Sir. Er ist ein tüchtiger und absolut zuverlässiger Offizier.«
    Dann werde er ihm die Ernennung ausfertigen, und er sei sicher, daß die Admiralität sie bestätigen werde, sagte der Admiral. Sie sprachen noch darüber, wie Brisbane die Nachfolge Grants regeln werde, daß in nächster Zeit keine drei Kapitäne zur See im Hafen zu erwarten seien, um Leutnantsexamen abzunehmen, und daß die Shannon übermorgen auslaufen werde, um zwischen den äußeren Bahamas zu kreuzen.
    Der Admiral sagte zu, Prisenbesatzungen nicht auf andere Schiffe zu verteilen, und schloß: »Dann werden Sie Weihnachten auf See verbringen. Schade, daß der Dienst Ihnen nicht eine Woche mehr in Kingston erlaubt. Die Gesellschaft hätte Ihnen das Fest verschönt. Viel Glück und ein gesundes Wiedersehen!«
    Mr. Grant konnte keine Worte finden. Einerseits war die Freude riesengroß, diesen wichtigen Schritt in seiner Laufbahn zu tun. Andererseits regten sich auch einige Zweifel, wie er die Trennung von der gewohnten Umgebung und die Einsamkeit eines Kommandanten ertragen werde.
    Brisbane legte ihm die Hand auf die Schulter: »Sie haben es mehr als verdient. Morgen abend müssen wir ihre Beförderung begießen, ehe wir auslaufen.«
    Brisbane ordnete an, daß Mr. Morsey nun Erster werde und Mr. Kelly als amtierender Leutnant die Stelle des Dritten Offiziers einnehmen solle. Bei Haddington war die Freude ungetrübt, und fast alle von der Cerberus freuten sich mit ihm.
    Es wurde ein lebhafter und lustiger Abend, zu dem Mr. Grant in die Offiziersmesse eingeladen hatte. Manchem Teilnehmer stach die Sonne schmerzlich in die Augen, als sie am nächsten Morgen um sechs Glasen der Morgenwache ausliefen.
    So ein Weihnachtsfest hatte David noch nie erlebt. Am

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