Der junge Seewolf
ihn geopfert habe.
Hamond legte den Arm um seine Schulter: »Hättest du anders gehandelt, David?«
Das gab ein wenig Trost, aber dann kamen ihm Zweifel, ob er sich nicht an den Gefährten geklammert hätte, um nicht allein zu sterben.
Hamond hatte ein kleines Beiboot bereit, und zwei Mann pullten sie zum Schoner Maria , Kapitän Pringles Flaggschiff. David spürte das Glas Wein, das ihm Hamond eingeflößt hatte, und wurde gefaßter.
Pringle gab er einen genauen Bericht über die Stärke der Rebellen und den möglichen Standort für eine Batterie. Von dem Indianerangriff und Jeans Opfertod war kaum die Rede, da Pringle die Erkundungsergebnisse interessierten.
»Gouverneur Carleton hat sich die Entscheidung über die Landeinsätze vorbehalten. Ich schicke Sie mit meinen Vorschlägen sofort mit einem Langboot zu ihm nach Saint John. Aber sehen Sie zu, daß Sie dieses Trapperzeug ablegen und wieder eine anständige Uniform tragen.«
»Aye, aye, Sir«, antwortete David ganz mechanisch.
Bei Gouverneur Carleton spielte Jean überhaupt keine Rolle mehr. Da ging es um eine Aufstellung der feindlichen Schiffe, eine Skizze ihrer Anordnung und des möglichen Batteriestandortes und um die Fragen des Artilleriekommandeurs Major Griffith Williams, wie man Kanonen da hinauftransportieren könne, was David auch nicht wußte.
Dann mußte er das noch einmal auf deutsch dem Hauptmann Pausch erzählen, der eine Batterie aus Hessen-Hanau befehligte.
Schließlich dauerte es Carleton zu lange. »Morgen früh, meine Herren, wird eine Batterie seewärts transportiert. Prähme haben wir ja genug. Morgen abend möchte ich sie in Stellung sehen. Mannschaften haben wir ja wohl auch genug. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie die Einzelheiten selbst regeln würden.«
David ging zur Offiziersmesse der Braunschweiger. Pellew saß mit einem Glas Bier da und lud David ein, sich zu ihm zu setzen. Er wollte wissen, wie stark die feindliche Flotte war. Dann erzählte David noch einmal, was mit Jean geschehen war.
Pellew legte seine Hand auf Davids Arm. »Du konntest nicht anders handeln, David. Er wußte, daß er verloren und daß deine Nachricht wichtig war. Aber ich verstehe, wie dir zumute ist. Geh und hol dir etwas zu essen.«
Während David mit dem Wirt sprach, trat Leutnant Dacres ein. Pellew berichtete hastig.
Auf Dacres' fragenden Blick sagte Pellew: »Nein, feige ist der Junge bestimmt nicht. Sie haben mir erzählt, daß sie ihn auf seiner Fregatte den ›kleinen Feuerfresser‹ nannten, weil er so wütend kämpfte.«
Major von Hasselow und einige andere gesellten sich hinzu, hatten andere Themen, und David hörte manchmal zu, manchmal schweiften seine Gedanken zurück – dorthin, wo jetzt ein geschundener Leichnam unbestattet lag.
In einer Ecke ging es laut her. Vier Fähnriche und Leutnants der Canadian Volunteers saßen dort mit einem ihrer Kameraden, der sie alle freihielt, was sie ihm mit teils ernsten, teils ironischen Dankesworten vergalten. Er saß da, hatte fast immer eine Zigarre im Mund, steuerte mit tiefer, etwas gutturaler Stimme hin und wieder eine Bemerkung bei und fühlte sich als Mittelpunkt.
David hatte ihn schon öfter gesehen und etwas über ihn gehört. Er war der Sohn eines Holzhändlers holländischer Abstammung, der durch Lieferungen an die englische Flotte reich geworden war und für seinen Sohn ein Leutnantspatent gekauft hatte, nachdem dieser für das väterliche Geschäft zu passiv und zu begriffsstutzig gewesen war.
Unter den Briten und Kanadiern nahmen manche sein Geld, wenige aber nahmen ihn ernst. Wenn Pieter van Blahs mit langsamen Schritten durch das Lager stapfte – er schien nichts schnell tun zu können –, dann hatte er oft eine Vogelflinte geschultert, denn er hielt sich für einen großen Jäger.
Den Respekt, den ihm seine geistigen Fähigkeiten nicht einbrachten, suchte er durch seine Körperkraft zu erzwingen. Er war groß und stark, und man sagte, daß er Fähnriche, die ihm widersprachen, brutal zusammengeschlagen habe.
Als Hauptmann Pausch, der seine Batterie verladebereit gemacht hatte, an ihren Tisch trat, stand auf einmal wieder David im Mittelpunkt des Interesses. Major von Hasselow und die anderen Braunschweiger erfuhren erst durch ihn von Davids Erkundung und wollten nun möglichst viele Einzelheiten über den Feind wissen.
Auch vom Tisch der Kanadier setzten sich drei Offiziere zu ihnen und beteiligten sich an ihrem Gespräch, was Leutnant van Blahs sichtlich
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