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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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so wenig Furcht betrachtete.
    Als wir jedoch bei Tisch saßen, schien es mir, als ob seine Autorität ganz geschwunden sei und ihm alle Zähne gezogen seien. Wir hatten ihn gekannt als Zauberer, der die Elemente beherrschte, und nun saß er hier, verwandelt in einen gewöhnlichen Gentleman, der wie seine Nachbarn an der Frühstückstafel plauderte. Denn der Vater war jetzt tot und der Lord mit der Lady versöhnt: in wessen Ohr sollte er nun seine Verleumdungen träufeln? Es kam über mich wie eine Art Vision, daß ich die Schlauheit dieses Mannes weit überschätzt habe. Noch besaß er seine Bosheit, er war falsch wie immer, aber hier saß er nun ohnmächtig da. Noch immer war er wie eine Viper, aber heute verspritzte er sein Gift vergeblich. Doch zwei weitere Überlegungen kamen mir in den Sinn, während wir an der Tafel saßen: erstens, daß er niedergeschlagen, ja, ich möchte fast sagen, traurig war, seine Gemeinheit wirkungslos zu finden, und zweitens, daß der Lord vielleicht recht hatte und wir einen Fehler begingen, vor dem geschlagenen Feind zu fliehen. Aber das hämmernde Herz meines armen Herrn tauchte vor mir auf, und ich wußte, daß wir Feiglinge sein mußten, um sein Leben zu retten.
    Als das Mahl vorüber war, folgte mir der Junker auf mein Zimmer, nahm einen Stuhl, den ich nie angeboten hätte, und fragte mich, was mit ihm geschehen werde.
    »Nun, Mr. Bally«, sagte ich, »das Haus wird Ihnen noch für eine Weile offen stehen.«
    »Für eine Weile?« erwiderte er. »Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstehe.«
    »Es ist klar genug«, sagte ich, »wir nehmen Sie auf, um unseren Ruf zu wahren. Sobald Sie sich öffentlich durch irgendeine Untat unmöglich gemacht haben, werden wir Sie wieder fortschicken.«
    »Sie sind ein unverschämter Flegel geworden«, rief der Junker und wandte mir drohend die Stirn zu.
    »Ich bin in eine gute Schule gegangen«, erwiderte ich, »Sie werden schon begriffen haben, daß mit dem Tode des alten Lords Ihre Macht völlig vernichtet wurde. Ich fürchte Sie nicht mehr, Mr. Bally, ich glaube sogar – Gott verzeihe mir –, daß Ihre Gesellschaft mir ein gewisses Vergnügen bereitet.«
    Er brach in schallendes Gelächter aus, das sichtlich geschauspielert erschien.
    »Ich bin mit leeren Taschen gekommen«, sagte er nach einer Weile.
    »Ich glaube nicht, daß Geld für Sie bereit ist«, entgegnete ich, »ich möchte Ihnen raten, nicht damit zu rechnen.«
    »Über diesen Punkt habe ich einiges zu bemerken«, gab er zurück.
    »Wirklich?« sagte ich. »Ich kann mir nicht vorstellen, was es ist.«
    »Oh! Sie tun so, als ob Sie Ihrer Sache sicher wären«, sagte der Junker, »aber ich habe noch einenTrumpf: Ihre Leute fürchten einen Skandal, und ich habe Freude daran.«
    »Verzeihung, Mr. Bally«, sagte ich, »wir fürchten keineswegs einen Skandal, der sich gegen Sie richtet.«
    Er lachte wieder. »Sie haben gelernt zu antworten«, sagte er. »Aber reden ist sehr leicht, und manchmal täuscht es über Tatsachen hinweg. Ich warne Sie aufrichtig, Sie werden feststellen, daß ich Gift bin für dies Haus. Sie täten besser, mir Geld auszuzahlen, um mich loszuwerden.« Mit diesen Worten schwenkte er seine Hand gegen mich und verließ das Zimmer.
    Etwas später kam der Lord mit dem Anwalt, Mr. Carlyle, eine Flasche alter Wein wurde gebracht, und wir tranken alle ein Glas, bevor wir uns an die Geschäfte machten. Die notwendigen Dokumente wurden aufgesetzt und unterzeichnet, und die schottischen Besitztümer Mr. Carlyle und mir in Verwaltung gegeben.
    »Da ist ein Punkt, Mr. Carlyle«, sagte der Lord, als diese Geschäfte erledigt waren, »den ich Sie richtig aufzufassen bitte. Die plötzliche Abreise, die mit der Rückkehr meines Bruders zusammenfällt, wird sicher viel besprochen werden. Ich möchte Sie bitten, jede Verbindung zwischen diesen beiden Ereignissen abzustreiten.«
    »Ich will mir das angelegen sein lassen, mein Lord«, antwortete Mr. Carlyle. »Der Junk – Mr. Bally begleitet Sie also nicht?«
    »Diesen Punkt muß ich jetzt besprechen«, sagte der Lord. »Mr. Bally bleibt auf Durrisdeer unter der Obhut von Mr. Mackellar, und ich wünsche nicht, daß er auch nur unseren zukünftigen Aufenthalt erfährt.«
    »Das öffentliche Gerede aber –«, begann der Anwalt.
    »Nun, Mr. Carlyle, es ist ein Geheimnis, das zwischen uns bleiben muß«, unterbrach ihn der Lord. »Nur Sie und Mackellar sollen über meine Reise unterrichtet werden.«
    »Und Mr. Bally bleibt hier? Nun

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