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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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liebenswürdig zu sein, denn ich muß nicht nur diese Niederlage hinnehmen. Ich hatte die Absicht, dies Spiel solange zu treiben, bis ich Geld genug für einen bestimmten Plan gesammelt hätte, und ich bekenne offenherzig, daß ich nicht mehr den Mut dazu besitze. Du wünschst naturgemäß, daß ich aus dieser Stadt verschwinde, und ich bin auf anderem Wege zu derselben Ansicht gelangt. Ich habe dir einen Vorschlag zu machen oder, wenn der Herr Lord es vorzieht, dich um eine Gunst zu bitten.«
    »Bitte darum«, sagte der Lord.
    »Du hast vielleicht gehört, daß ich einst in diesem Lande einen großen Schatz besaß«, fuhr der Junker fort, »es ist eine Tatsache, ob du davon unterrichtet bist oder nicht. Ich war gezwungen, ihn an einem bestimmten Ort zu vergraben, den ich unschwer wiederfinden kann. Mein Ehrgeiz ist es nun, den Schatz zu heben, und da er mir gehört, wirst du ihn mir nicht mißgönnen.«
    »Geh und hole ihn«, sagte der Lord, »ich widerspreche nicht.«
    »Ja«, antwortete der Junker, »aber um das tun zu können, brauche ich Leute und Transportmöglichkeiten. Und der Weg ist lang und beschwerlich, das Land mit wilden Indianerstämmen überschwemmt. Strecke mir nur so viel vor, wie unbedingt nötig ist, entweder alsAbfindungssumme für mein Taschengeld oder, wenn du es vorziehst, als Darlehen, das ich nach meiner Rückkehr zurückzahlen werde. Und dann sollst du mich zum letztenmal gesehen haben, wenn du willst.«
    Der Lord starrte ihm fest in die Augen, auf seinem Gesicht war ein hartes Lächeln, aber er sagte nichts.
    »Henry«, sagte der Junker mit furchtbarer Ruhe, indem er sich etwas zurückneigte, »Henry, ich hatte die Ehre, dich anzureden.«
    »Wir wollen nach Hause gehen«, sagte der Lord zu mir und zupfte an seinem Ärmel. Und dann erhob er sich, reckte sich, setzte seinen Hut zurecht und begann, ohne eine Silbe zu antworten, ruhig am Strande entlang zu gehen.
    Ich zögerte eine Weile zwischen den beiden Brüdern, so ernst schien mir die Krise, die wir erreicht hatten. Aber der Junker nahm seine Beschäftigung wieder auf, er senkte die Augen, und seine Hand war scheinbar so ruhig wie zuvor. Da entschloß ich mich, dem Lord zu folgen.
    »Sind Sie wahnsinnig?« rief ich aus, sobald ich ihn erreicht hatte. »Wollen Sie ein so annehmbares Angebot zurückweisen?«
    »Ist es möglich, daß Sie ihm immer noch Glauben schenken?« fragte der Lord fast spöttisch.
    »Ich wünsche ihn fort aus dieser Stadt!« rief ich aus. »Ich wünsche ihn irgendwo und irgendwie, nur nicht hier.«
    »Ich habe gesprochen«, erwiderte der Lord, »und auch Sie haben gesprochen. Dabei soll es bleiben.«
    Aber ich war entschlossen, den Junker fortzubringen. Der Anblick, wie er geduldig zu seiner Näharbeit zurückkehrte, war mehr, als meine Phantasie verarbeiten konnte. Nimmermehr konnte ein Mensch eine solche Fülle von Beleidigungen ertragen, und am wenigsten der Junker. Für mich roch die Luft nach Blut. Und ich schwor, daß ich alles tun wolle, solange noch ein Schimmer von Hoffnung war, ein Verbrechen zu verhüten. Ich ging deshalb am gleichen Tage noch zu dem Lord in sein Arbeitszimmer, wo er mit einigen lächerlichen Dingen beschäftigt war.
    »Mein Lord«, sagte ich, »ich habe eine günstige Anlage für mein kleines Vermögen entdeckt. Aber unglückseligerweise sind meine Ersparnisse in Schottland. Es wird einige Zeit dauern, sie abzuheben, und die Sache drängt. Würden Sie, mein Lord, bereit sein, mir die Summe zu bevorschussen gegen eine Quittung?«
    Er sah mich mit prüfenden Augen an. »Ich habe mich nie um Ihre Privatangelegenheit gekümmert, Mackellar«, sagte er, »über die Summe Ihrer Kaution hinaus besitzen Sie wahrscheinlich keinen Pfennig, soviel ich weiß.«
    »Ich bin lange in Ihren Diensten und habe nie eine Lüge ausgesprochen noch Sie um eine Gefälligkeit für mich gebeten«, sagte ich, »bis heute.«
    »Eine Gefälligkeit für den Junker«, entgegnete er ruhig. »Halten Sie mich für einen Narren, Mackellar? Begreifen Sie ein für allemal, ich behandle diese Bestie auf meine eigene Weise, Furcht und Mitleid sollen mich nicht rühren, und bevor ich mich irreführen lasse, bedarfes eines gerisseneren Mannes als Sie. Ich verlange Dienstleistungen, treue Dienstleistungen, Sie sollen mich nicht hinter meinem Rücken betrügen und mir mein eigenes Geld stehlen, um mich zu bekämpfen.«
    »Mein Lord«, erwiderte ich, »das sind unverzeihliche Ausdrücke.«
    »Denken Sie doch einmal nach,

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