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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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daß etwas von seiner Schande auf den Lord abfärbte.
    In einem Armenviertel der Stadt mietete er ein einsames kleines Blockhaus, das von einigen Akazien überschattet war. Vorn hatte es eine fensterartige Öffnung, ähnlich wie eine Hundehütte, aber ungefähr in Tischhöheüber dem Erdboden, wo der arme Mann, der es gebaut hatte, früher einige Waren ausgestellt hatte. Dies Schaufenster reizte die Phantasie des Junkers und veranlaßte ihn wahrscheinlich zu seinem Plan. Offenbar hatte er sich an Bord des Piratenschiffes einige Fertigkeit mit der Nähnadel angeeignet, jedenfalls genug, um vor der Öffentlichkeit den Schneider spielen zu können. Und das genügte ihm, um seine Rache zu kühlen. Ein Schild wurde über das Schaufenster gehängt, und es trug ungefähr folgenden Wortlaut:
    James Durie
Früher Junker von Ballantrae
Flickschneider
    Secundra Daß
Verarmter indischer Edelmann
Feine Goldarbeiten
    Unter dem Schild saß nun drinnen mein Gentleman, wenn er einen Auftrag hatte, wie ein Schneider und nähte eifrig. Ich sage, wenn er einen Auftrag hatte, denn die Kunden, die herbeikamen, gingen meistens zu Secundra, und des Junkers Arbeit glich mehr der von Penelope. Er hätte durch diese Beschäftigung niemals Butter und Brot verdienen können, aber es genügte ihm, daß der Name Durie auf dem Schild in den Schmutz gezogen wurde und der einstige Erbe jener stolzen Familie mit untergeschlagenen Beinen dasaß, ein Vorwurf für die Gemeinheit seines Bruders. Und sein Vorhaben glückte ihm insofern, als in der Stadt ein Gerede entstandund sich eine Partei bildete, die dem Lord höchst feindlich gesinnt war. Andererseits setzte die enge Beziehung zum Gouverneur den Lord manchen Angriffen aus. Die Lady, die in der Kolonie niemals gern gesehen war, mußte unangenehme Anspielungen hinnehmen. Bei einer Damengesellschaft durfte sie das Wort Handarbeit fast nicht erwähnen, was doch sonst der natürlichste Gesprächsstoff gewesen wäre, und ich sah sie manchmal mit hochrotem Gesicht zurückkehren und hörte sie sagen, sie werde das Haus nicht wieder verlassen.
    Inzwischen wohnte der Lord auf seinem hübschen Landsitz und war ganz mit bäuerlichen Arbeiten beschäftigt, beliebt bei seinen Freunden, ohne der anderen zu achten oder sie auch nur zu sehen. Er nahm an Gewicht zu, hatte eine gesunde, blühende Gesichtsfarbe, und selbst die Hitze schien ihm wohlzutun. Die Lady dankte trotz der kleinen Unannehmlichkeiten täglich dem Himmel, daß ihr Vater ihr ein solches Paradies hinterlassen hatte. Sie hatte von ihrem Fenster aus zugeschaut, wie der Junker gedemütigt wurde, und von diesem Augenblick an schien sie sich sicher zu fühlen. Ich selbst war nicht so ruhig, und im Laufe der Zeit glaubte ich zu bemerken, daß im Benehmen des Lords etwas nicht ganz in Ordnung sei. Er war glücklich, ohne Zweifel, aber die Ursache dieses Glückes lag verborgen. Selbst im Schoße seiner Familie brütete er mit offenbarem Entzücken über verschwiegenen Gedanken, und schließlich kam mir der Verdacht, der für uns beide recht unwürdig war, daß er irgendwo in der Stadt eine Geliebte besaß. Allerdings ging er wenig aus, und sein Tag war sehrstark ausgefüllt. Es gab nur eine einzige Stunde, und zwar ziemlich früh am Morgen, während Mr. Alexander über den Schulbüchern saß, deren Anwendung ich nicht kannte. Man muß nicht vergessen, wenn man mein Tun entschuldigen will, daß ich immer fürchtete, der Lord sei nicht ganz richtig bei Verstand, und da unser Feind so still in derselben Stadt mit uns saß, tat ich wohl daran, auf der Hut zu sein. Dementsprechend änderte ich unter einem Vorwand die Stunde, in der ich Mr. Alexander die Anfangsgründe des Schreibens und Rechnens beibrachte, und machte mich statt dessen daran, den Wegen des Lords nachzuspüren.
    Jeden Morgen, bei schönem und schlechtem Wetter, nahm er seinen Handstock mit dem Goldknauf, setzte den Hut in den Nacken – eine alte Gewohnheit, die für mich auf ein überhitztes Gehirn deutete – und begab sich auf eine bestimmte Wanderung. Zunächst ging der Weg zwischen schönen Bäumen am Rande eines Friedhofs vorbei, wo er, wenn das Wetter schön war, eine Zeitlang in Gedanken verweilte. Dann wandte sich der Pfad dem Wasser zu und lief entlang der Hafenfrontan des Junkers Hütte vorbei. Wenn er sich diesem zweiten Abschnitt seines Spazierganges näherte, verlangsamte Lord Durrisdeer seine Schritte, als genieße er Luft und Landschaft. Vor der Hütte, halbwegs zwischen dieser und

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