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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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die Streifen eines Baströckchens. Aber es war Cardinali selbst, der Eds Blick anzog.

    Er stand bebend da. Man konnte seine Knie zittern sehen. Wodurch wiederum der Hocker wackelte.
    »Bleiben Sie ruhig. Bleiben Sie ganz ruhig«, sagte Ed besänftigend. »Alles in Ordnung … machen Sie nur keine ruckartige Bewegung.«
    »Bitte hilf mir.« Cardinali flüsterte, als fürchtete er, dass normales Sprechen ihn aus dem Gleichgewicht bringen würde. »Bitte. Ich weiß nicht, wie lange ich noch still stehen kann.« Der Hocker wackelte.
    Ed sah Cardinali ins Gesicht. Es war eine Maske des Schreckens. Die Angst hatte seine Augen in glänzende Kugeln verwandelt. Schweiß lief vom Scheitel seines kahlen Kopfes über sein Gesicht und am Hals hinab und befeuchtete die Schlinge. Der Hanf war bereits dunkel gefleckt.
    Ed blickte zu Virginia. Sie starrte entsetzt zu Cardinali.
    »Was können wir tun?«, flüsterte er ihr zu.
    »Was wir tun können?« Ihre Stimme klang hilflos. »Wir sind hier, und er ist dort.«
    »Hey … hey. Ich weiß, dass ihr über mich sprecht … was redet ihr da?«
    Ed wandte sich zu ihm um. »Sie müssen so ruhig wie möglich bleiben. Halten Sie still.«
    »Ha«, kreischte er. »Ruhig bleiben? Du hast gut reden. Aber sieh mich an, Junge. Sieh mich an!«
    In dem Augenblick, in dem seine Stimme lauter wurde, zitterten seine Beine stärker und brachten den Hocker zum Schaukeln.
    »Halten Sie so still wie möglich«, sagte Virginia zu ihm. »Wir überlegen uns was.«
    Sie zuckte leicht mit den Schultern. Wir können ihm nicht helfen, schien sie sagen zu wollen.

    »Atmen Sie langsam und gleichmäßig. Halten Sie so still wie möglich.«
    »Ich glaub, ich krieg einen Krampf.«
    »Nein. Versuchen Sie, die Muskeln zu entspannen.«
    »Uh, Mann, du machst wohl Witze.« Cardinali klang, als würde er gleich anfangen zu weinen. Sein Gesicht war rot wie eine Tomate,
    Ed beobachte, wie er versuchte, seine Füße ein wenig weiter auseinander zu stellen. Nur ein klein wenig. Um sein Gewicht ein bisschen gleichmäßiger zu verteilen. Mit grauenhafter Aufmerksamkeit ließ Ed seinen Blick über die schweißnasse Gestalt hinauf zu der Schlinge um seinen Hals wandern. Der Mann gab alles, um das Gleichgewicht zu halten. Aber er ermüdete. Der Hocker war wackelig. Ed hätte schwören können, dass eines der Holzbeine locker war. Oh, Scheiße. Es war unerträglich, dem Mann zuzusehen.
    Was, wenn er niesen musste?
    Oder husten?
    Oder ihn etwas unerträglich am Rücken juckte?
    Vielleicht war das Seil schlaff genug, so dass er auf den Boden hinuntersteigen konnte. Nein, hoffnungslos. Es war fast überhaupt kein Spiel in dem Seil. Wenn er sich zu weit nach links oder rechts beugte, zog es sich stramm. Dadurch verengte sich die Schlinge um seinen Hals. Sie hatte schon begonnen, sich ein wenig in die weiche Haut seiner Kehle zu schneiden.
    Wie lange konnte er so auf einem kleinen Hocker balancieren? Vor allem mit hinter dem Rücken gefesselten Händen?
    War das vielleicht eine Möglichkeit?
    »Sir«, sagte Ed, »können Sie Ihre Hände befreien?«

    »Sie sind gefesselt … mit Draht.«
    Der Hocker wackelte.
    Cardinali stieß einen spitzen Schrei aus.
    Fand sein Gleichgewicht wieder.
    Fast wäre es passiert.
    Fast …
    Virginia meldete sich. »Es ist die einzige Möglichkeit, Sir. Können Sie den Draht um Ihre Hände lösen? Wenn Sie das schaffen, können Sie sich die Schlinge über den Kopf ziehen.«
    »Okay, okay … ich probier’s.« Er presste konzentriert die Lippen zusammen und bewegte seine Schultern, während er versuchte, seine Handgelenke aus dem Draht zu befreien.
    »Wie läuft’s?«, fragte Virginia.
    Cardinali schwitzte immer stärker. »Es ist die Hölle. Die beschissene Hölle.«
    »Versuchen Sie es weiter.«
    »Ich versuch es ja.«
    »Langsam atmen. Tief. Keine Panik.«
    »Hey, wer kriegt denn hier Panik, Kleine?« Das klang schon eher nach seinem gewöhnlichen Selbstbewusstsein. »Ich schaffe es. Die Schlaufen rutschen über meine Hände.«
    Ed betrachtete sein tropfendes Gesicht. In Cardinalis Augen funkelte Triumph. Er hob den Kopf und konzentrierte sich völlig auf die Drahtschlingen um seine Hände.
    »Sie lösen sich. Sobald ich sie über die Knöchel geschoben hab, bin ich runter von dieser verdammten Hühnerstange, das sag ich euch. Ihr Arschlöcher.«
    »Vorsichtig.«

    »Fast geschafft. Fast …«
    Seine Ellbogen zuckten. Er versuchte, sich loszureißen.
    »Pass auf!«, rief Ed.
    »Fast geschafft. Fast …

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