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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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einfach auflösen und in seine Stiefel fließen.

    »Ein Geständnis, Officer?«
    »Ja, wegen kriminellen Wahnsinns … oder ist es pathologische Dummheit?«
    Grace mischte sich mit höflicher Stimme ein. »Entschuldigung. Ich verstehe nicht. Wir …«
    »Ja, ja«, knurrte der Polizist. »Versucht nicht, mich für dumm zu verkaufen. Ich hab das Nummernschild gesehen. Ihr seid aus North Carolina. Wie lange brauche ich wohl, um mir zusammenzureimen, was zwei junge Leute aus North Carolina in Hollywood machen?«
    »Wir wollten nur …«
    »Ja, klar, einen netten Urlaub machen.«
    »Wir dachten …«
    »Und jetzt habt ihr für die Nacht den luxuriösen Rodeo-Drive-Parkplatz gebucht.«
    »Wir haben nur eine Pause gemacht, wir …«
    »Junge.« Er fixierte Cody mit stahlhartem Blick. »Sehe ich so dämlich aus?«
    »Aber …«
    »Nein, hör zu, Junge. Ich habe das schon hundert-, nein, tausendmal erlebt. Ein paar Jugendliche aus der Pampa überlegen sich, dass sie zum Film gehen und große Stars mit einer Million auf dem Konto und einem Haus am Strand werden wollen, deshalb ziehen sie von Wyoming oder Illinois oder …« – er nickte in Richtung des Nummernschilds – »… North Carolina los. Sie kommen nach Hollywood. Sie geben ihr ganzes Geld aus. Sie wohnen in ihren Autos oder schlafen auf Parkbänken. Ehe man sichs versieht, geraten sie in die Prostitution oder nehmen Drogen. Typen wie ich gabeln sie auf der Straße auf und werfen sie ins Gefängnis. Dann dauert es nicht mehr lange, bis die Sanitäter sie aus einem Straßengraben
ziehen, wo man sie abgeladen hat, nachdem sie erschossen oder erschlagen wurden. Und jetzt sag mir, bin ich einfach nur blöd und ihr seid wirklich Tausende von Kilometern gefahren, nur um auf einem Parkplatz rumzuknutschen, oder ist da was Wahres dran?«
    Grace wollte das so nicht stehenlassen. »Aber ich bin nicht wie die anderen. Ich habe Erfahrung als Schauspielerin. Ich hab fürs Fernsehen gearbeitet.«
    Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, dass ich deine Träume kaputtmache. Aber die meisten Jugendlichen, die hierherkommen, sind eben doch wie die anderen. Sie haben alle gute Kritiken bekommen, wenn sie die Hauptrolle in einer Schulaufführung gespielt haben, oder sie haben ein paar Dollar verdient, indem sie bei der Fernsehwerbung für Mighty Joes Rinderfutter mitgespielt haben oder was auch immer. Sie kommen so voller Optimismus hierher, dass man meint, sie müssten platzen. « Er wedelte drohend mit dem Finger. »Aber zwölf Monate später sind sie so weit, dass sie einem Typen mit Syphilis für zwanzig Dollar einen blasen … und Jungen wie du …« – er nickte Cody zu – »… müssen lernen, ihren Hintern hinzuhalten, oder hungern. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    Grace wollte protestieren, aber Cody nahm ihre Hand. Er nickte. »Wir haben es verstanden, Sir.«
    »Gut. Ihr seht aus wie nette junge Leute. Also tut euch selbst einen Gefallen: Fahrt nach Hause. Wenn ihr nicht genug Geld für Benzin habt, ruft eure Eltern an – ihr könnt ein R-Gespräch anmelden – und sagt ihnen, sie sollen euch das Geld überweisen. Auch wenn sie euch die Hölle heißmachen, weil ihr abgehauen seid, ist das noch gar nichts gegen das, was euch hier bevorstehen
würde.« Er machte eine Pause. »Und nur für den Fall, dass ich euch das Problem noch nicht ausreichend klargemacht habe, werft mal einen Blick in die Zeitung. Einige sympathische junge Menschen, genau wie ihr, sind in den letzten paar Jahren hier verschwunden.«
    »Ermordet?«
    Der Polizist schüttelte wieder den Kopf. »Wer weiß? Sie wurden nie gefunden.« Er winkte ihnen lässig zu. »Also, denkt dran, was ich euch gesagt hab. Fahrt zurück nach Osten. Haltet nicht an, bis ihr wieder vor eurer Haustür steht. Und passt auf euch auf. Gute Nacht.«
    Mit diesen Worten fuhr er langsam davon.
    Einen Augenblick später setzte sich Pix steif auf dem Rücksitz auf. »Seht ihr? Was hab ich euch gesagt?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Können wir jetzt nach Hause fahren?«

40
    Claire Thompson lag auf ihrem Bett und sah sich im Fernsehen zum x-ten Mal Casablanca an. Sie kannte die Dialoge größtenteils auswendig und sprach die Rollen von Rick und Ilsa und Victor Lazlo leise mit. Es war der traurigste Film, den sie kannte.
    Zum ersten Mal hatte sie ihn im alten Palace Theater in Charleston, Illinois, gesehen. Das war 1944 gewesen. Damals war sie siebzehn und mit Junior Clyde zusammen. Er führte sie ins Kino aus und

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