Der Kaefig - Roman
die Schwestern nicht gehalten, was ich versprochen habe?«
»Sie waren fabelhaft, wirklich fabelhaft. Du hast nur versäumt, ihren Vater zu erwähnen.«
»Der Mann ist ein Tyrann.«
»Ein Tyrann? Er ist ein blutrünstiger Irrer! Aber genug davon. Komm, ich zeige dir, was ich gefunden habe.«
Ich zeigte ihm die Tür des Grabes mit den verunstalteten Hieroglyphen. Seine Stimmung verdüsterte sich. Er war unwillig, das Grab zu betreten, aber ich überredete ihn schließlich. Ich nahm die Taschenlampe und ging voran. Trotz seiner olivfarbenen Haut sah ich sein Gesicht erblassen, als er bemerkte, in welch ekelhaften schwarzen und braunen Schattierungen die Wände gestrichen waren.
»Das ist mit Sicherheit das Grab eines Geächteten«, sagte er. »Ich habe noch nie gesehen, dass jeder Zentimeter einer Grabkammer mit Schweineblut gestrichen wurde.« Er achtete darauf, dass er nicht mit dem unreinen Blut in Berührung kam.
»Komm mit«, sagte ich. Er folgte mir zum Sarkophag. Ich leuchtete mit der Lampe hinein und hob den Kopf des Mannes, so dass Maged sehen konnte, wie sich die Zähne der Mumie in seine Kehle gebohrt hatten.
Er wich schnell zurück. »Wir müssen gehen.«
»Warum so eilig?«, fragte ich und genoss ein wenig seine Angst.
»Die Braut des Seth«, murmelte er.
»Was?«
Er war schon weg. Trotz meines wieder aufgelebten Humors war ich nicht erpicht darauf, mit dem gespenstischen Paar allein zu bleiben. Schnell folgte ich Maged. Kaum war ich aus dem Grab getreten, begann er auch schon, die Tür zuzuschieben.
»Spar dir die Mühe«, sagte ich und hielt ihn auf. »Sonst müssen wir es nachher wieder öffnen.«
»Bitte! Es muss versiegelt werden.«
»Ach ja?«
»Sie wird von den Toten auferstehen, um nach dem Blut ihrer Mörder zu trachten.«
»Unsinn.«
»Es ist wahr, Robert.« Er deutete auf die zerkratzten Hieroglyphen auf der Tür. »Das meiste wurde zerstört, aber das war einst ihr Name. Amara!«
Ich betrachtete die Inschrift. Tatsächlich, das wenige, was noch leserlich war, könnte Teil des Namens ›Amara‹ gewesen sein.
»Wir müssen sofort verschwinden«, sagte Maged, »und einen heiligen Mann finden, der den Eingang wieder versiegelt.«
»Nein, Maged«, entgegnete ich mit fester Stimme, »wir müssen uns überlegen, wie wir sie und den Sarg hier herausbringen. «
Seine Augen weiteten sich vor Furcht. »Das dürfen wir nicht. Du verstehst das nicht, Robert. Du hast das Siegel des Osiris gebrochen, das die Tür schützt. Seine Magie ist zerstört. Ohne dieses Siegel wird Amara durch die Nacht spuken. «
»Sie ist tot, du Narr.«
»Sie gehört zu den lebenden Toten.« Maged drückte die Grabtür zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht. Seine Augen waren riesig … voller Angst. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. »Bitte hör zu, mein Freund. Ich werde es erklären.«
»Dann erzähl schon«, sagte ich ziemlich ungeduldig.
»Der verfemte Gott Seth, der Mörder des Osiris, ist derjenige, den Juden und Christen gleichermaßen als den erkennen, den ihr Satan nennt.« Er holte tief Luft und fuhr fort. »Seth kam eines Nachts zu Amara, der Lieblingsfrau des Pharao Mentuhotep. Er gab ihr den Samen seiner Lenden, damit sie ihm einen Sohn gebäre. Als Gegenleistung für ihren Gefallen versprach er Amara das Geschenk des ewigen Lebens.«
»Blödsinn«, sagte ich verächtlich.
Maged ignorierte meine Bemerkung. »Der Gott Seth, die Ausgeburt des Bösen, wünschte, dass sein Sohn nach Mentuhotep Pharao werde und das ägyptische Volk ins Verderben führe. Als Amara niederkam, witterte Mentuhotep Verrat, weil der Sohn heimtückische Augen hatte … Schlangenaugen. Er ließ Amara hinrichten.«
»Was geschah mit dem Baby?«
»Es wurde ebenfalls hingerichtet und mit Amara bestattet. «
»Ich habe es nicht gesehen.«
Maged zuckte übertrieben mit den Schultern. »Räuber, vielleicht …«
»Tja, deine Geschichte ist wirklich reizend, aber völliger Blödsinn.«
»Es ist wahr, Robert. Glaub mir.«
»Wo hast du das aufgeschnappt? Ich habe die Geschichte noch nie irgendwo gehört.«
»Als ich ein Kind war, hat meine Großmutter sie mir nachts zugeflüstert. Sie sagte, wenn ich böse wäre, käme Amara mich holen und würde mir in die Kehle beißen.«
»Und das wollen wir doch nicht, oder, Maged?«, sagte ich und lachte. »Komm mit, lass uns verschwinden.«
VERGELTUNG
Nachdem ich mich von der Tortur in der Grube erholt hatte, war meine erste
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