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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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tauchte Solomon Parido neben ihm auf. Er lächelte höflich, ohne ein Zeichen von Groll über das, was vor dem Ältestenrat vorgefallen war.
    »Ich hoffe, ich habe heute keine Regeln übertreten«, sagte Miguel. »In der Börse zu erscheinen, ohne Sie angemessen zu begrüßen, zum Beispiel. Ich vermute, ich erhalte bald eine weitere Vorladung.«
    »Das vermute ich auch.« Parido lachte leise, als ob er mit einem Freund herumplänkelte. »Sie dürfen nicht glauben, dass das, was beim Ma’amad geschehen ist, etwas Persönliches war. Ich habe lediglich so gehandelt, wie ich es für gut und richtig hielt.«
    »Natürlich«, stimmte Miguel ausdruckslos zu.
    »Der Vergleich des Ma’amad mit der Inquisition allerdings – damit werden Sie sich keine Freunde machen. Es gibt
zu viele in dieser Stadt, die ihre Lieben an die Inquisition verloren haben.«
    »Sie vergessen, dass die Inquisition mir meinen Vater genommen hat; ich weiß, wie sie ist, und mein Bruder ebenfalls. Wenn er die Dinge jemals so sieht wie ich, folgt er Ihnen vielleicht nicht mehr so blind.«
    »Sie beurteilen ihn zu streng. Er will nur das tun, was das Beste für seine Familie ist, und zu dieser Familie gehören auch Sie. Ich nehme an, er wird sehr stolz auf Sie sein, wenn er von Ihrem brillanten Vorhaben mit der Ostindischen Kompanie erfährt.«
    »Mein Vorhaben?« Miguel hielt in Paridos Gesicht nach einem Zeichen dafür Ausschau, was jetzt kommen mochte.
    »Ja. Ich hatte keine Ahnung, wie gerissen Sie sind, doch jetzt erkenne ich Ihren Plan in seiner ganzen Größe. Warten, bis der Kaffeepreis aufgrund der wachsenden Nachfrage steigt, und dann eine große Summe, die Sie nicht haben, darauf setzen, dass der Preis fällt. Ja, wirklich sehr raffiniert.«
    Miguel erwiderte das Lächeln. Parido wusste nichts, nur das, was Miguel die Welt wissen lassen wollte, wenn er es auch mit beunruhigender Schnelligkeit erfahren hatte. »Ich bin froh über Ihre Billigung.«
    »Ich hoffe, es geschieht nichts, das den Preis in zehn Wochen wieder ansteigen lässt.«
    »Das hoffe ich auch«, sagte Miguel. Er wollte nicht zu schlau oder zu selbstsicher erscheinen. Sollte Parido doch glauben, Miguels Plan zu kennen, statt nach mehr zu suchen. »Sie meinen, der Preis wird steigen, aber ich habe gehört, dass andere, seit ich meinen Einsatz gemacht habe, meinem Beispiel gefolgt sind und weitere folgen werden. Wir werden ja sehen, was für ein Impuls damit ausgelöst wird.«
    »Das werden wir wohl«, stimmte Parido zu, der offensichtlich schon an etwas anderes dachte.

    Es war wieder ein Briefchen von Joachim da, als Miguel nach Hause kam. Wieder ein Brief in jener ungleichmäßigen Handschrift eines Betrunkenen.
    Wenn Sie noch einmal mit meiner Frau sprechen, bringe ich Sie um , stand da. Ich werde mich anschleichen, sodass Sie nicht merken, dass ich da bin, und Ihnen die Kehle aufschlitzen. Wenn Sie sich Clara noch einmal nähern, tue ich es. Dann waren zwei Zeilen durchgestrichen, und darunter hatte er geschrieben: Eigentlich sollte ich Sie auf jeden Fall töten, nur aus Freude an der Rache.
    Die Botschaft hatte etwas manisch Aufrichtiges an sich. Hatte Miguels albernes Geschäker mit Clara (wie konnte sie so dumm sein, Joachim davon zu erzählen?) ihren Mann vollends in den Wahnsinn getrieben? Er verfluchte Joachim und verfluchte sich selbst. Es würde lange dauern, bis er sich wieder wohl in seiner Haut fühlte.

24
    Im trügerischen Schatten des Zwielichts schlich sich eine Gestalt von hinten an Miguel an, schlüpfte aber zurück ins Dunkel, ehe er sich umdrehen und sie sehen konnte. Eine undefinierbare Figur lauerte hinter einem Baum knapp außerhalb seines Blickfelds. Etwas klatschte ein paar Schritte hinter ihm in den Kanal. Jede Straße brachte Miguel einer tödlichen Konfrontation mit Joachim näher. Aus dem Augenwinkel sah er das gehässige Grinsen eines Verrückten, das Schimmern einer Messerklinge, ein zupackendes Händepaar.
    Miguel war der Tod nicht fremd. In Lissabon hatte er in schrecklicher Furcht vor der willkürlichen Gewalt der Inquisition und den Banden blutrünstiger Schurken gelebt, die nahezu unbehelligt durch die Straßen streiften. Amsterdam war noch in jüngerer Zeit von grässlichen Seuchen heimgesucht worden: Männer und Frauen verfärbten sich lila und schwarz im Gesicht, bekamen Ausschlag und starben innerhalb von Tagen. Dank dem Heiligen, gesegnet sei Er, rauchten die Leute jetzt so viel Tabak, denn er allein verhinderte, dass die Krankheit

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