Der Kaffeehaendler - Roman
die nur dazu dienten, einem Rivalen zu schaden. Der Erwerb von Kaufoptionen würde den Preis noch weiter ansteigen lassen, und wenn er auf derartige Weise künstlich in die Höhe getrieben worden war, würde das Konsortium Probleme haben, mit Gewinn zu verkaufen. Parido mochte sein Konsortium also vielleicht nicht auf seiner Seite haben, aber zumindest hatte er die Befriedigung, dass Miguel mit seinen Investitionen Verluste machte.
Am selben Nachmittag stieß Miguel im Schnellboot fast mit Isaiah Nunes zusammen, der verlegen lächelte wie ein schuldbewusstes Kind. Miguel hatte tagsüber ständig Kaffee getrunken und fühlte sich allem gewachsen, deshalb trat er auf den Händler zu und umarmte ihn herzlich. »Wie geht es Ihnen, mein Freund?«
»Genau der Mann, den ich gesucht habe«, sagte Nunes ohne eine Spur von Verärgerung.
»Oh, wieso denn?«
Nunes lachte. »Ich wünschte, ich hätte Ihre ungezwungene Art, Miguel. Aber kommen Sie einen Moment mit, ich muss Ihnen etwas zeigen.« Er führte Miguel an ein Fenster hinten in der Schenke, und in dem gedämpften Licht breitete er ein Blatt Papier aus, das er aus seinem Rock gezogen hatte. Es war sein Vertrag mit Miguel.
»Ich verabscheue es, so kleinlich zu sein«, sagte er, »aber ich muss Ihre Aufmerksamkeit auf den Wortlaut lenken.«
Miguel war voller Optimismus gewesen, als er die Kanalufer
entlangschlenderte, er hatte die Verkaufsoptionen erworben (wenn auch unrechtmäßig mit dem Geld seines Bruders), das Problem Joachim aus dem Weg geräumt (wenn er Hendrick auf ihn losließ), seine Mittelsmänner an Ort und Stelle (falls er seiner Partnerin trauen konnte) -, aber nun, in der Enge des dunklen Wirtshauses, begann sich die durch den Kaffee gewonnene Energie gegen ihn zu wenden. Er wollte sich bewegen, doch er konnte kaum atmen. Die Worte kamen ihm nicht so rasch und mühelos über die Lippen wie sonst. »Ich weiß, was Sie sagen wollen, mein Freund, aber wenn Sie zunächst einmal -«
»Lassen Sie mich ausreden, dann höre ich Ihnen zu. Das ist doch nur recht und billig, oder?« Nunes wartete die Antwort nicht ab. »Sie sehen natürlich, was hier steht.« Er glättete den Vertrag und zeigte auf ein paar ordentlich und eng geschriebene Zeilen. »Hier steht, dass Sie die Hälfte der Lieferkosten bei Aufforderung durch den Mittelsmann – das bin ich – zahlen, wenn sie vom Lieferanten – das ist die Ostindische Kompanie – verlangt wird.«
Miguel nickte eifrig. »Ich verstehe die Bedingungen -«
»Bitte. Lassen Sie mich ausreden.« Nunes schöpfte Atem. »Achten Sie auf den Wortlaut. Er besagt, dass das Geld gezahlt werden muss, wenn die Kompanie es einfordert, nicht am Tag der Lieferung. Die Kompanie kann die Zahlung verlangen, wenn sie einwilligt, die Waren zum frühestmöglichen Termin zu liefern und zu verkaufen. Das verstehen Sie doch, oder?«
»Natürlich verstehe ich das«, sagte Miguel, »und ich habe ja auch die Absicht, Ihnen die ausstehenden fünfhundert Gulden zu beschaffen. Ich weiß, Sie haben das Geld aus eigener Tasche vorstrecken müssen, doch ich versichere Ihnen, dass es in Kürze bereitliegt.«
»Das wird es gewiss. Ich wollte nur, dass Sie sich der Vertragsbedingungen
bewusst sind, denn es gibt beunruhigende Neuigkeiten.«
Die Sache mit dem Vertrag war irritierend gewesen, doch jetzt erkannte er, dass Nunes auf etwas hinauswollte. »Wie beunruhigend?«
»Ich hoffe, nicht allzu sehr. Diese Dinge lassen sich immer regeln, glaube ich.« Er sprach mit fester Stimme, geradem Rücken, wie ein Mann, der einen Schlag erwartet. »Ich fürchte, Ihre Ladung wird sich verzögern.«
Miguel hämmerte auf den Tisch. »Verzögern? Warum? Wie lange?«
Nunes stieß einen Seufzer aus. »Es ist eine unglückliche Angelegenheit, aber Sie wissen, dass ich meine Aufträge nur an Männer vergeben kann, die Schiffe der Ostindischen Kompanie fahren. Das Schiff, das uns zugesagt war, hat in Übereinstimmung mit der Kompanie seine Route geändert. Es läuft Mokka überhaupt nicht an und kann deshalb keinen Kaffee laden. Was soll man tun bei einem solchen Pech?«
Miguel barg den Kopf in den Händen. Einen Moment lang dachte er, er würde ohnmächtig. »Verzögert«, flüsterte er, hob dann das Gesicht und hielt sich an den Tischkanten fest. Er schaute zu Nunes auf und zwang sich zu einem schiefen Grinsen. »Verzögert also?«
»Ich weiß, es scheint wie ein großes Unheil, doch es ist alles nicht so schlimm, wie Sie glauben«, sagte Nunes schnell.
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