Der Kaffeehaendler - Roman
hatte Daniel das Gefühl, mit seinem Bruder reden zu können, wie es ihm beliebte, ein Gefühl, das durch Miguels Verluste auf dem Zuckermarkt noch verstärkt wurde.
Miguel dagegen versuchte wenigstens, Ruhe zu bewahren. Als sein Bruder ihm wegen seiner Weinbrandterminkontrakte zusetzte, nahm er nur einen Schluck von seinem Wein und lächelte schief. »Noch ist der Abrechnungstag nicht da. Warten wir ab, wie die Dinge dann stehen.«
»Wie ich höre, wirst du dann weitere tausend Gulden Schulden haben.«
Daniel hatte Miguel fünfzehnhundert Gulden geborgt, als er in Bedrängnis geriet. Er erwähnte den Kredit zwar nie direkt, ließ aber ständig Anspielungen fallen.
Miguel probierte es mit demselben schiefen Lächeln wie zuvor, sagte jedoch nichts.
»Und was höre ich da«, bohrte Daniel weiter, »über den Kaffeehandel?«
Miguel behielt sein Grinsen bei, aber es schien sofort wächsern und falsch zu werden, als hätte er verdorbenes Fleisch im Mund und wartete nur auf einen unbeobachteten Moment, um es auszuspucken.
»Wieso glaubst du, ich hätte Interesse am Kaffeehandel?«, fragte er.
»Weil du mich gestern Nacht mit deinem Gepolter geweckt hast und ich gehört habe, wie du etwas über Kaffee vor dich hin gemurmelt hast.«
»Daran erinnere ich mich nicht«, erwiderte Miguel, »aber das liegt wohl in der Natur von trunkenem Gemurmel – man erinnert sich nicht daran.«
»Was für ein Interesse hast du an Kaffee?«
»Keines. Ich hatte das Gefühl, meine Körpersäfte seien zu
flüssig, deshalb habe ich mir Kaffee verschreiben lassen, um mich auszutrocknen. Wahrscheinlich habe ich bloß seine Heilkräfte bewundert.«
»Ich kann dir nicht empfehlen, in den Kaffeehandel einzusteigen«, sagte Daniel.
»Ich habe keine derartigen Pläne.«
»Ich glaube, du wirst feststellen, dass er nicht so gut verwertbar ist, wie du vielleicht denkst. Schließlich ist er nur eine Arznei, die ein paar Apotheker verkaufen und ein paar Ärzte verordnen. Welchen Vorteil könnte der Handel mit einem so wenig gefragten Artikel einbringen?«
»Gewiss hast du Recht.«
»Mit etwas zu handeln, das niemand will, kann nicht gut gehen.«
Miguel setzte sein Weinglas so heftig ab, dass ihm einige Tropfen ins Gesicht spritzten. »Bist du taub?« Er wischte sich den Wein aus den Augen. »Hast du nicht gehört, dass ich gesagt habe, ich hätte kein Interesse am Kaffeehandel?«
»Ich wollte mich nur klar verständlich machen«, sagte Daniel schmollend, während er das Essen auf seinem Teller hin und her schob, um es ein wenig auskühlen zu lassen, damit er es, ohne sich zu verbrennen, verspeisen konnte.
»Deine Beharrlichkeit macht mich allerdings neugierig«, fügte Miguel nach einem Moment hinzu. »Warum sollte ein Mann, wer immer es sein mag, Angst haben, sich am Kaffeehandel zu beteiligen?«
Doch jetzt war es Daniel, der nicht mehr darüber sprechen wollte.
Der Rest der Mahlzeit verlief hauptsächlich schweigend. Daniel starrte auf sein Essen, und Miguel wechselte Blicke mit Hannah, wenn er glaubte, ihr Ehemann bemerke es nicht. Falls er jemals daran dachte, dass er mit ihr verheiratet sein könnte,
verbarg er es gut. Er war stets gleich freundlich. Miguel war nur zum Schlafen zu Hause, deshalb hatten sie kaum Gelegenheit, miteinander zu reden, ohne dass ihr Mann anwesend war. Doch bei diesen Gelegenheiten sprach er herzlich mit ihr, so als ob sie alte Freunde wären, als ob er ihre Meinung schätzte.
Einmal hatte sie sogar gewagt, ihn zu fragen, warum er im Keller schlafe. Bei seinem Einzug hatte Daniel ihn in einen kleinen, fensterlosen Raum im dritten Stock einquartiert – den die Holländer Priesterzimmer nannten -, aber Miguel hatte sich beklagt, dass es dort zu heiß sei, wenn er mit Torf heizte, und zu kalt, wenn er es nicht tat. Hannah hatte den Verdacht, dass er aus ganz anderen Gründen ausgezogen war. Das Priesterzimmer lag direkt unter dem Raum, in dem sie und Daniel schliefen, und am Samstagmorgen schien Miguel, nachdem sie und ihr Ehemann ihren traditionellen ehelichen Pflichten nachgekommen waren (eine der wenigen Regeln der Hebräer, die Daniel befolgte – zumindest, bis sie schwanger war), immer verlegen und unangenehm berührt.
Also wohnte er jetzt in dem feuchten Keller und schlief in einem Schrankbett, in dem sich auch der kleinste Mann hätte zusammenrollen müssen, um hineinzupassen. Nachts, wenn die Flut stieg, quoll das Kanalwasser durch die Fenster und tropfte auf den Fußboden. Aber trotzdem
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