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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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ihren eigenen Namen vorenthalten, und nun musste sie seltsame Rituale praktizieren, die er ihr rasch und ungeduldig beibrachte, und er hatte ihr versichert, ihr Mann würde etwaige törichte Fragen beantworten, die sie unvorsichtigerweise stellen mochte. Sie fragte nie, und es sollte Jahre dauern, ehe er sich dazu äußerte. Später hörte sie merkwürdige Geschichten: dass nur die Beschnittenen das Reich des Himmels betreten dürfen (bedeutete das, dass Frauen diese Belohnung auf ewig versagt war?); dass man im Frühling nur ungesäuertes Brot essen soll; dass man aus Fleisch alles Blut abfließen lassen muss, bevor man es isst.

    Ihrem Vater war es am Vorabend ihrer Hochzeit nicht um ihr Wissen gegangen oder ihre Fähigkeit, die Gesetze einzuhalten – lediglich um ihre Zunge. »Dein Schweigen ist ab jetzt wohl das Problem deines Ehemanns«, hatte er gesagt, »aber falls dich die Inquisition ergreift, hast du hoffentlich genügend Verstand, um seine Familie zu verraten und nicht deine eigene.«
    Hannah bedauerte es manchmal, dass sie nie Gelegenheit gehabt hatte, die eine oder die andere zu verraten.
     
    Sie merkte sofort, dass die Mahlzeit unangenehm verlaufen würde. Annetje verschüttete etwas von dem Auflauf auf dem Tisch und beinah wäre der Rest auf Daniels Schoß gelandet.
    »Lern, dich zu benehmen, Mädchen«, schnauzte Daniel in seinem nahezu unverständlichen Holländisch.
    »Lern, meinen dicken Arsch zu lecken«, erwiderte Annetje.
    »Was?«, wollte Daniel wissen. »Was hat das Mädchen gesagt? Bei ihrem Akzent kann ich kein Wort verstehen.«
    Es stimmte, dass sie den merkwürdigen Dialekt der Nordholländer sprach – und ihn auch noch übertrieb, wenn sie etwas Unverschämtes sagte -, aber das diente Daniel nur als Entschuldigung dafür, dass er die Sprache des Landes kaum kannte, obwohl er seit über zwei Jahren hier lebte. Er hatte keine Ahnung, was sie ihm geantwortet hatte, doch er sah Miguels unterdrücktes Lachen, und das reichte, um ihm die Laune zu verderben.
    Miguel, der, da war sich Hannah sicher, schon alle möglichen Körperteile von Annetje geleckt hatte, versuchte, den Verdruss aus der Welt zu schaffen, indem er das Essen und den Wein lobte, doch der Gastgeber war nicht mehr zu versöhnen.
    »Ich habe gehört«, sagte Daniel, »dass du im Weinbrandhandel eine Menge verlieren wirst.«
    Daniel hatte seinem Bruder nie herzliche Gefühle entgegengebracht.
Zwischen ihnen hatte stets Rivalität geherrscht. Sie wusste, dass ihr Vater ihnen, als sie noch klein waren erzählt hatte, Lienzo-Brüder seien nie miteinander ausgekommen, nicht, seit ihr Ururgroßvater ihren Ururgroßonkel bei einem Streit über eine Zeche getötet hatte. Wenn er die Jungen glücklich spielen sah, pflegte er sie an diese Tradition zu erinnern. Miguel wollte seinem Bruder nur, soweit möglich, aus dem Wege gehen, doch Daniel bevorzugte den Angriff, und in den letzten Monaten war er noch erbitterter geworden. Vielleicht fühlte er sich peinlich berührt durch Miguels geschäftliche Schwierigkeiten, vielleicht bedauerte er, seinem Bruder eine so große Summe geliehen zu haben, und vielleicht hatte es auch mit seiner Beziehung zu Solomon Parido zu tun.
    Hannah verstand die Freundschaft zwischen ihrem Mann und dem Parnass nicht ganz, die gleich nach ihrer Ankunft in Amsterdam entstanden war. Ein Mitglied der Gemeinde kümmerte sich jeweils um die Neuankömmlinge (als man Daniel einmal darum bat, weigerte er sich, weil Flüchtlinge fremde Gerüche in den Haushalt mitbrächten), und Daniel war Paridos Schützling gewesen. Innerhalb weniger Monate hatten sie begonnen zusammenzuarbeiten, wobei Parido Daniels portugiesische Kontakte dazu nutzte, in den Handel mit Wein, aber auch mit Feigen und Salz und Oliven und gelegentlich getrockneten Zitronen einzusteigen. In jenem ersten Jahr hatte sie ein Gespräch mitgehört – wirklich zufällig -, in dem Daniel beklagte, dass er bereits eine Frau hatte, und zwar eine bislang unfruchtbare Frau. Paridos Tochter war im heiratsfähigen Alter, und eine Ehe zwischen ihnen wäre sehr vorteilhaft gewesen. So waren sie auf den Gedanken gekommen, die Familien durch Miguel miteinander zu verbinden.
    Wenn es mit dieser Ehe geklappt hätte wie geplant, hätten sich die Animositäten zwischen den Brüdern womöglich abgeschwächt, doch alles ging schief. Nicht, dass es Hannah
etwas ausmachte. Sie hatte das Mädchen nicht gemocht und fand, Miguel verdiente etwas Besseres. Aber nach dieser Katastrophe

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