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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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hatte er auf diese Weise Geld verloren. Er glaubte, einen neuen Preistrend zu erkennen, und erfuhr erst später, dass er Opfer eines Komplotts geworden war.
    »Der Preis mag sich ändern oder auch nicht.« Parido zuckte die Achseln. »Es sollte reichen, dass er bereit ist, etwas zu kaufen, das Sie loswerden wollen.«
    Bevor Miguel auf den Vorschlag reagieren konnte, hörte er, wie sein Name gerufen wurde, und sah einen Jungen mit leuchtend orangerotem Haar und fleckiger Haut. Der unansehnliche Bursche wedelte mit einem Brief und schrie mit lauter, schriller Stimme noch einmal den Namen Lienzo . Miguel rief ihn herüber und gab ihm eine Münze für den Brief. Er erkannte sogleich Geertruids Handschrift.
    Senhor,
    ich hoffe, Sie haben Erfolg an der Börse, aber jeglicher Profit, den Sie dort machen, ist ein bloßer Schatten des Reichtums, den Ihnen die Frucht des Kaffeebaums bieten kann. Lassen Sie sich von dieser wundersamen Beere inspirieren, während Sie Ihren täglichen Geschäften nachgehen. Diesen Ratschlag gibt Ihnen eine gute Freundin.
    Geertruid Damhuis
    Parido lächelte schmallippig. »Aha, die Handschrift einer Frau. Ich hoffe, Sie lassen sich nicht durch Liebeleien von Ihren Geschäften ablenken. Sie sind ein sinnenfroher Bursche, doch diese Tore sind nur zwei Stunden am Tag geöffnet.«

    Miguel erwiderte das falsche Lächeln. »Das hier ist keine Liebelei. Es ist nichts von Bedeutung.«
    Parido kratzte sich die Nase. »Nun, dann tun wir etwas, das von Bedeutung ist . Gehen wir zu diesem Kaufmann und versuchen, die Dinge ins Lot zu bringen.«
     
    Sie bahnten sich ihren Weg zum südlichen Ende der Börse, wo Weinbrand den Besitzer wechselte. Einige Händler kamen, um Aufträge zu erteilen oder zu verkaufen, was ihre Schiffe in den Hafen brachten. Aber immer mehr erstanden Kauf- und Verkaufsoptionen und Terminkontrakte von Waren, die sie gar nicht zu besitzen trachteten und niemals sehen würden. Das war die neue Art, Geld zu verdienen, die die Börse in ein großes Glücksspiel verwandelt hatte, dessen Ergebnis nicht durch Zufall, sondern durch die Bedürfnisse der Märkte auf der ganzen Welt bestimmt wurde.
    In früheren Tagen hatte Miguel geglaubt, er besäße die Gabe, diese Bedürfnisse vorauszusagen. Er hatte Verbindungen zu den einflussreichsten westindischen Händlern gehabt und war so in der Lage gewesen, Zucker zu günstigen Preisen zu kaufen und zu höheren zu verkaufen. Die Backsteinlagerhäuser an der Brouwersgracht waren randvoll gewesen mit seiner Handelsware, und jeder an der Börse wusste, dass Miguel der richtige Ansprechpartner für Zucker war. Doch dann hatte ihn überraschend das Unglück heimgesucht, und jetzt war all der Zucker fortgespült.
    In der Ecke, wo Weinbrand gehandelt wurde, machte Parido Miguel mit einem kümmerlichen kleinen Franzosen – nicht größer als ein Kind – mit traurigem, fleischigem Gesicht und einer Nase wie eine Walnuss bekannt. Er trug einen hohen Rüschenkragen, der vor fünfzig Jahren modern gewesen war, und sein roter Rock hatte sich vom Amsterdamer Staub ins Bräunliche verfärbt.

    »Beurteilen Sie den Wert eines Menschen nie nach der Kleidung«, flüsterte Parido, der seine Rolle als großer Weiser der Börse genoss. »Narren lassen sich vielleicht von Kinkerlitzchen und bunten Farben täuschen, aber wer weiß nicht, dass ein Huhn besser schmeckt als ein Rotkehlchen?«
    Dieser Franzose, den Miguel für einen Mann von mittlerem Stande in schwerer Bedrängnis hielt, äußerte krächzend und mit plumpem Akzent sein Interesse an einem Geschäft. »Sie sind der Mann, der die Weinbrandterminkontrakte kauft«, sagte er händefuchtelnd in holprigem Holländisch. Ich würde gern über die Anteile reden, aber lassen Sie sich nicht einfallen, habgierig zu sein, Monsieur, sonst werden Sie feststellen, dass Sie gar nichts verkaufen.«
    »Ich bin ein ehrlicher Geschäftsmann«, versicherte Miguel ihm. Das Herz pochte ihm aufgeregt in der Brust, während er dem Franzosen erklärte, er sei im Besitz von Terminkontrakten für hundertsiebzig Fässer Weinbrand. Er sprach ganz ruhig, weil er dem Händler seine Anteile nicht aufdrängen wollte. Die Situation erforderte Fingerspitzengefühl.
    »So wenig!«, rief der Franzose. »Ha! Nicht so viel, wie ich dachte. Aber das soll es mir wert sein. Sechshundert Gulden sind mehr, als Sie erwarten dürfen, doch ich zahle sie.«
    »Das ist ein lächerliches Angebot«, entgegnete Miguel, und das war es tatsächlich, wenn auch aus

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