Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kalte Himmel - Roman

Der kalte Himmel - Roman

Titel: Der kalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
eigentlich für Ende November verabredet worden war und der jetzt, am vorletzten Tag des Jahres, noch immer nicht stattgefunden hatte. Und so wie Schenkhofer sich auf keinen Termin einließ, so war natürlich auch noch immer kein Hopfengeld geflossen. Geld, mit dem Paul schon lange gerechnet und das er mit dem Kauf der Hopfenmaschine verplant hatte.
    Wie ein Depp stand er jetzt da. Solche Nachrichten machten im Dorf schnell die Runde. Da musste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn der eine nicht aus den Einflüsterungen des anderen Kapital schlagen wollte. Und Schenkhofer war ein gerissener Hund, der genau taxierte, wie die Aktien standen. Wie höhnisch der Brauereibesitzer gegrinst hatte, als er dem Pfarrer seinen Buben buchstäblich aus der Hand gerissen und vor den Augen der ganzen Gemeinde um sein Kind gerungen hatte. Wie ein Ertrinkender war er sich da vorgekommen, wie ein Schiffbrüchiger aus den biblischen Geschichten, der in einen Sturm geraten war und nun kein Land mehr sehen konnte.
    Wann hatte das nur angefangen? Mühsam versuchte Paul sich zu erinnern, wann die ersten Kommentare aufgekommen waren. Vor einem Jahr? Vor wenigen Monaten? Oder im Herbst, während der Ernte, als die anderen Bauern begannen, seinen Jüngsten wiederholt bei Streifzügen durch die Hopfenfelder zu ertappen? Über seine merkwürdigen Bewegungen Witze machten, über seine ausgebreiteten Arme lachten. Ja, hat man denn sowas schon gesehen? Was für ein merkwürdiger Vogel der Moosbacher Felix doch ist.
    Paul schluckte, als ihm plötzlich klar wurde, wie sich das langsam, fast unmerklich hochgeschaukelt hatte. Die ersten Bemerkungen über Felix waren fast nebenbei gefallen und rasch wieder vergessen gewesen. Doch seit einigen Wochen häuften sich die Sticheleien, und Pauls alte Taktik, die dummen Sprüche einfach zu überhören, ging nicht mehr auf. Ja, seit Felix’ Schreierei bei der Schuluntersuchung überbot sich der Stammtisch mit Mutmaßungen und Ratschlägen; es hing ihm zum Halse raus. Doch was noch schwerer wog, waren die Seitenhiebe auf ihn, die unausgesprochenen Vorwürfe, er habe sein Haus nicht im Griff, sei nicht Herr der Lage, unfähig, mit der Faust auf den Tisch zu hauen.
    Paul schoss das Blut in den Kopf, als er sich ausmalte, was sich der Schenkhofer da zusammenreimte. Wer seine Familie nicht im Griff hatte, würde wohl kaum imstande sein, einem Brauereibesitzer die Stirn zu bieten. Aber da hatte er sich getäuscht, der Schenkhofer, dachte Paul. Nicht mit ihm! Er würde sich das nicht länger bieten lassen. Und sich zum Beginn des neuen Jahres endgültig das Hopfengeld holen, dass ihm der Brauereibesitzer nach der Ernte versprochen hatte.
    Mit seinen Arbeitsstiefeln tastete Paul tiefer in die Furchen des Bodens hinein. An diesen letzten Dezembertagen war die Erde nun endgültig steif und fest gefroren; vor März würde er hier nicht mehr viel machen können. Aus der Ferne hörte er, wie die Dorfkinder mit einigen Knallfröschen und Straßenböllern die Silvesterfeier einläuten wollten.
    *

Als Marie am frühen Abend ihr Bügelbrett aufstellte, um die letzten Wäschestücke des alten Jahres zu bügeln, klingelte es. Zu ihrer Überraschung stand Pfarrer Huber vor der Tür.
    » Hochwürden? « , begrüßte sie ihn fragend, da schob sie Elisabeth von hinten beiseite.
    » Der Herr Pfarrer kommt zu mir « , sagte sie energisch und trat mit dem Geistlichen aus der Haustür hinaus ins Freie.
    Marie wunderte sich, warum ihre Schwiegermutter den Mann nicht wie sonst in die Stube bat. Verdutzt starrte sie auf die Haustür, die Elisabeth ihr direkt vor der Nase zugeschlagen hatte.
    *

Die große Wanduhr in der Küche zeigte neun Uhr am Abend. Mit Bleigießen vertrieben sich die Moosbachers die Stunden vor Mitternacht. Nur Felix hatte sich bereits früh zurückgezogen. Er war Marie schon am Nachmittag ausgesprochen schläfrig erschienen, ja eigentlich war er den ganzen Tag über nicht richtig munter geworden und hatte schon bei seinem ersten Kakao gegähnt, den er wie immer frühmorgens in der Küche trank, während Elisabeth herumhantierte oder bereits mit den Vorbereitungen für das Mittagessen beschäftigt war. Vielleicht brütete er ja etwas aus.
    » Mama, Mama, ich hab ein Seepferdchen « , rief Lena und zog eine Bleiform aus dem heißen Wasser.
    » Toll, Lena. Das sieht wirklich wie ein Seepferdchen aus « , lachte Marie und hob das Gebilde vorsichtig hoch.
    Es war selten, dass die Familie so ausgelassen zusammensaß, und

Weitere Kostenlose Bücher